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Finanzminister Schäuble: Den Rücktritt ins Spiel gebracht - und gleichzeitig ausgeschlossen.

© AFP

Grexit, Rücktritt, Koalitionskrach: Was Wolfgang Schäuble alles in Kauf nimmt

Wolfgang Schäuble erwähnt zum ersten Mal das Wort Rücktritt. Gleichzeitig lotet das politische Schwergewicht neue Optionen für seine CDU aus und stärkt seine Position. Ein Kommentar.

Und er existiert doch in Wolfgang Schäubles politischem Repertoire: der Rücktritt. Das ist mehr als ein Wort, so leicht dahingesagt. Aber schon das Wort wiegt schwer. Deshalb hat es der Veto-Minister des Kabinetts, der Schatzkanzler, ja auch verwendet. Als Mahnung und als Warnung, nach innen wie nach außen.

Damit nicht genug. Schäuble, die Nummer eins der CDU-Granden nach der Bundeskanzlerin, hat nicht nur eine Ich-Botschaft gesendet, als er außerdem SPD- Chef Sigmar Gabriel angriff. Beziehungsweise, als er zunächst dessen Angriff zurückwies. Nur hat er das so viele Male getan, dass es wie ein Angriff wirkt – persönlich gefärbt, strategisch gedacht.

Doch eins nach dem anderen. Dass Schäuble im Anschluss an die Griechenland-Entscheidung über einen möglichen Rücktritt räsoniert, ist keine Koketterie. Vielmehr ist es ein Kalkül nach Schäuble- Art. Mit einer Art Doppelbeschluss: Der Minister signalisiert durch verbale Aufrüstung, dass es mit ihm ein viertes Hilfspaket für Athen nicht geben wird. Reicht nämlich das schon so umstrittene dritte nicht – um wie viel stärker wird dann der Widerstand gegen ein viertes werden!

Zweierlei will er darum energisch entgegenwirken: einerseits dem wachsenden Unmut in der Union, andererseits weiterer Hilfe. Das ist für den zwingend logisch, der sich verantwortlich fühlt für die Richtlinien der (Finanz-) Politik. Energisch heißt in diesem Fall, das Äußerste zu erwägen. Was wiederum nur geht, wenn es in die Diskussion eingeführt wird. Das ist geschehen. Mit Nebenwirkungen, mit Auswirkungen.

Die nimmt Schäuble in Kauf. Denn neben der Mahnung, es nicht zu weit zu treiben, weil sonst die Mehrheit für die Partei im Volk verloren gehen kann, steht die Warnung an Merkel. Einfach gefasst lautet sie: Ich kann ohne dich, du nicht ohne mich. Übersetzt in praktische Politik: Stellte sich Schäuble, dem die Mehrheit der Deutschen gegenwärtig noch mehr als Merkel vertraut, gegen die Kanzlerin, dann verlöre sie. Als Erstes weitere Stimmen in der Unionsfraktion, mit höchst gefährlichen Auswirkungen. Erst recht, wenn Schäuble das Amt, an dem er hängt, wirklich aufgäbe. Noch dazu aus Protest.

Merkel wird aber nicht riskieren, dass sie verliert. Also wird sie auf Schäuble hören, auf ihn achten, seine Meinung achten. Das gilt auch für die Auseinandersetzung mit Gabriel, dem Chef des Koalitionspartners SPD. Der hat sich auf einen öffentlichen Schlagabtausch mit Schäuble eingelassen, und das, obwohl Schäuble ihn doch gemahnt hat, sein Problem mit der SPD nicht über einen Angriff auf ihn lösen zu wollen.

Denn das steht hinter der Mahnung: eine koalitionäre Grundregel. Nicht nur Schäuble, auch sie ist verletzt worden. Wenn zwei Alpha-Politiker etwas vereinbaren, muss das gelten. Es kann sein, dass der eine Probleme bekommt, zum Beispiel mit der eigenen Partei, aber dann darf der sich dennoch nicht auf Kosten des anderen davon absetzen. Tut er es doch, verliert er für den Zusammenhalt einer Koalition Wesentliches: Respekt.

So wird auch hier eine Mahnung zur Warnung, wird das Persönliche politisch. Schäuble ist bekanntermaßen kein großer Freund einer großen Koalition. Er ist dagegen schon lange einer, der neben Schwarz-Gelb auch Schwarz-Grün als Machtoption ansieht, sogar schon einmal in Baden-Württemberg vor Jahren betrieben hat. Die Vorarbeiten für solche Koalitionsoptionen kann nun ein in der Union starker und bei den Deutschen angesehener Finanzminister Schäuble bei kommenden Haushaltsaufstellungen am besten leisten. Was dann wieder der Kanzlerin beim Machterhalt hilft.

Auswirkungen, Nebenwirkungen: Im Griechenland-Drama wird die Rechnung für die Rettung erst noch aufgemacht. Im Ergebnis wird sie die Koalition noch einiges kosten. Nur von Rücktritt wird jetzt erst einmal keiner mehr reden. Schäuble fährt diese Woche in Urlaub.

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