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Politik: Hamburg: Wechselstimmung

Die Spitzenkandidatin der Grün-Alternativen Liste (GAL) für die Bürgerschaftswahl in Hamburg am 23. September hat klare Akzente gesetzt: "Ich persönlich stehe nur für Rot-Grün zur Verfügung.

Die Spitzenkandidatin der Grün-Alternativen Liste (GAL) für die Bürgerschaftswahl in Hamburg am 23. September hat klare Akzente gesetzt: "Ich persönlich stehe nur für Rot-Grün zur Verfügung." Sollte es für SPD und Grüne nicht reichen, will die Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Krista Sager aus dem Senat ausscheiden. Eine Ampelkoalition mit der FDP lehnt sie ab. Für die Liberalen, hinter ihrem Spitzenkandidaten, Ex-Admiral Rudolf Lange, zum möglichen Zünglein an der Waage geworden, hat sie nur bitteren Hohn übrig. Der frühere Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg-Blankenese versuche, sich mit allen Mitteln "an die Macht zu schleimen". Er werde auch in eine Regierung mit dem Rechtspopulisten Ronald Schill eintreten, "wenn sich ihm eine Chance bietet".

In Hamburg wird Lagerwahlkampf geführt: Rot und Grün gegen CDU, Schill-Partei und FDP. Letztere haben den Sturz des gegenwärtigen rot-grünen Senats zum Programm gemacht. Nach einer Umfrage rund sechs Wochen vor der Wahl ist der Wechsel im Rathaus weiterhin möglich. Danach kamen SPD und Grün-Alternative Liste zu diesem Zeitpunkt gemeinsam auf 45 Prozent, CDU, Schill-Partei und FDP zusammen auf 49 Prozent. Den Ausschlag geben die kleinen Parteien, voran die Schill-Partei.

Damit wird ein Trend verstärkt, der sich bereits bei früheren Wahlen in Hamburg gezeigt hatte. In der Stadt gibt es offenkundig trotz der Erfolge der Sozialdemokraten bei der Sanierung der Staatsfinanzen und in der Wirtschaftspolitik eine langfristig wirkende "Wechselstimmung". Sie wirkt sich auf Kosten der Sozialdemokraten aus, während die CDU nicht profitieren kann. So können neue Gruppierungen innerhalb kurzer Zeit nach vorn stoßen. Das beste Beispiel war die Statt-Partei, die in der gemeinsamen Koalition mit der SPD alsbald unterging und nach vier Jahren keine Rolle mehr spielte. An ihrer Stelle rückte vor vier Jahren die GAL in den Senat ein.

Jetzt geht die Schill-Partei fast ausschließlich mit Law-and-Order-Parolen auf Stimmenfang. Noch dürfen Wünsche geäußert werden. Der Erste Bürgermeister und SPD-Spitzenkandidat Ortwin Runde würde am liebsten das weitgehend reibungslose Bündnis mit den Grünen fortsetzen, schließt aber auch Alternativen nicht völlig aus. Die GAL möchte am liebsten gern allein mit der SPD weiter regieren. CDU-Spitzenmann Ole von Beust mag die FDP am liebsten, hält aber auch "Recht und Ordnung nicht für antiliberal" und würde es deshalb auch mit Schill versuchen. Schill möchte allein mit der CDU regieren und die FDP außen vor halten. Er rechnet mit 15 bis 20 Prozent der Wählerstimmen. Die FDP ist die einzige Partei, die sich in der Koalitionsfrage bisher bedeckt hält. Zu Schill ist der Freidemokrat auf Distanz gegangen. Er sei "ein Rattenfänger", sagte Lange.

Also keine Koalition mit Schill? Auf diese Frage gibt es derzeit keine Antwort. Die FDP wartet den Wahlausgang ab. Es gebe mehr Gemeinsamkeiten mit der CDU als mit der SPD, sagt Lange. Aber in Hamburg zweifelt kaum jemand daran, dass die Partei notfalls auch mit den Sozialdemokraten schnell handelseinig werden könnte, falls die Verhältnisse am Wahlsonntag so sind.

In Hamburg beginnt mit Ferienschluss Mitte der Woche der Endspurt im Kampf um die Sitze in der Bürgerschaft und in den Bezirksparlamenten. Fast die gesamte Parteiprominenz hat sich dazu angesagt. Es geht um eine Hochburg der Sozialdemokraten, die die Stadt seit Kriegsende mit Ausnahme einer einzigen Legislaturperiode beherrscht haben. Und es geht nicht zuletzt darum, Zeichen für die Wahl in Berlin zu setzen.

Karsten Plog

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