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Das Berliner Bildungsprojekt Cucula will Flüchtlingen berufliche Perspektiven aufzeigen. Ein erster Schritt für mehr Integration auf dem Arbeitsmarkt. Die private Initiative finanzierte sich bislang über Crowdfunding und Privatspenden.

© Cucula

Integration von Asylsuchenden: Flüchtlinge müssen schneller hier arbeiten dürfen

400.000 Menschen werden in diesem Jahr wohl Asyl in Deutschland beantragen. Viele Flüchtlinge würden sich schnell integrieren - wenn man sie nur ließe. Kein Bürger muss Angst davor haben, dass ihm ein Flüchtling den Arbeitsplatz streitig macht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Mehr als 400.000 Menschen werden in diesem Jahr vermutlich einen Asylantrag in Deutschland stellen. Vor allem aus Syrien und dem Irak, aber auch aus Afrika kommen Bürgerkriegsflüchtlinge auf meist lebensbedrohlichen Wegen nach Europa. 400.000, das ist eine gewaltige Zahl. Aber wenn man von einzelnen Ausschreitungen absieht, von ressentimentgeladenen Demonstrationen im Pegida-Stil, ist dieses Deutschland offenbar gefestigt genug, sich der Herausforderung zu stellen. Zwischen Bund, Ländern und Kommunen wird zwar gestritten, wie die Unterbringung so vieler Menschen organisiert und finanziert werden sollte. An der grundsätzlichen Erkenntnis aber zweifelt kaum jemand, dass ein großes, reiches Land auch eine große Last schultern muss. Viele Menschen engagieren sich bei der Betreuung von Flüchtlingen, so genannte Willkommensklassen sind für die Kinder eingerichtet. Es hat sich offenbar viel geändert in diesem Land in dem Vierteljahrhundert seit dem Fall der Mauer.

Anders als 1992 ist Deutschland nicht mehr mit sich selbst überfordert

Vor 23 Jahren, 1992, kamen mehr Flüchtlinge nach Deutschland denn je zuvor und danach, wenn man von den ersten beiden Nachkriegsjahren absieht – 430.000 Asylsuchende wurden damals registriert. Dieses Deutschland war auf Fremde in so großer Zahl nicht vorbereitet, weder organisatorisch noch mental. Der Zusammenbruch der DDR- Wirtschaft hatte im Osten zu Massenarbeitslosigkeit und Resignation geführt. In Rostock-Lichtenhagen tobte drei Abende lang ein alkoholisierter Mob vor einem Plattenbau, in dem vietnamesische Arbeiter lebten. Schon 1991, dann 1992 und in den folgenden Jahren brannten Asylbewerberheime und Wohnhäuser türkischer Mitbürger auch in der alten Bundesrepublik, Menschen starben in den Flammen. Deutschland schien mit sich selbst überfordert.

Heute brummt die Wirtschaft, nie hatten mehr Menschen Arbeit. Anders als 1992 muss keiner Angst haben, dass ihm Flüchtlinge den Arbeitsplatz streitig machen könnten. Aufgrund der demografischen Entwicklung profitiert Deutschland von der Zuwanderung. Es wird Zeit, dass Europa, dass die Bundesrepublik ein Konzept der legalen Zuwanderung entwickelt, damit sich nicht länger zehntausende von Menschen in die Hände von Schlepperbanden begeben müssen. Viele von ihnen könnten schnell eine Arbeitsstelle zu finden. Nach Auswertungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat mehr als die Hälfte der Asylsuchenden eine Schulbildung, die dem deutschen Mittelschulabschluss entspricht oder sogar besser ist. Das gilt in noch stärkerem Maße für die Familien, die aus dem syrischen Bürgerkriegsgebiet geflohen sind.

Wirtschaftsverbände wie die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammern drängen die Politik, endlich die Ausbildungs- und Integrationshemmnisse für Asylbewerber abzubauen. Der Präsident der Berliner Handwerkskammer, Stephan Schwarz, klagte, es sei absurd, wenn, wie geschehen, ein junger Migrant seine Chefin, die Inhaberin eines Kfz-Betriebes, anrufen müsse, um ihr mitzuteilen, dass er nicht kommen könne – er werde gerade abgeschoben. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des DIHK, Achim Derks, hält den Demonstranten vor Flüchtlingsheimen entgegen: „Wer heute gegen Zuwanderung demonstriert, gefährdet seine eigene Rente“. Die „Berliner Erklärung“ von DIHK und Handwerksverband beginnt mit dem Satz: „Deutschland ist ein Einwanderungsland“. Was alle gemeinsam fordern, kann man in Kernpunkten zusammenfassen: s Asylverfahren müssen beschleunigt werden.

- Im Ausland erworbene Qualifikationen müssen schnell erfasst und anerkannt werden.

- Berufsbezogene Deutschkurse beschleunigen die Integration in den Arbeitsmarkt.

- Migranten müssen eine berufliche Ausbildung beenden und anschließend in Deutschland bleiben dürfen.

- Die Gehaltsuntergrenze von jetzt 48000 Euro für qualifizierte Einwanderer muss gesenkt werden, die jetzige ist weltfremd – viele Einstiegsgehälter liegen um ein Drittel niedriger.

- Ausländischen Studenten muss nach Studienende die Niederlassung hier erlaubt werden.

Sage niemand, als dies seien Versuche, Zuwanderer nur unter Nützlichkeitserwägungen zu betrachten. Wer als Bürgerkriegsflüchtling oder Asylsuchender anerkannt wird, soll bleiben dürfen, weil es um ein grundlegendes Menschenrecht gilt. Aber schnelle Integration liegt im Interesse aller. Nur darum geht es hier.

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