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Politik: Kanzleramt verbietet BND Anwerbung von Journalisten Nach Skandal um Bespitzelung

Opposition sieht Aufklärungspflicht der Regierung

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Berlin - Der Bundesnachrichtendienst (BND) darf keine Journalisten mehr als Spitzel im Inland anwerben. In einer ersten Reaktion auf den BND-Skandal um die Ausforschung von Journalisten durch Journalistenkollegen wies das Kanzleramt den Auslandsgeheimdienst mit sofortiger Wirkung an, keine Medienvertreter mehr als Quellen zu führen. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm begründete die Anweisung mit dem hohen Gut der Pressefreiheit, dem sich die BND-Interessen unterzuordnen hätten.

In der Weisung des Kanzleramts wird Wilhelm zufolge angeordnet, „bei Maßnahmen zur Eigensicherung“ – zum Beispiel dem Schutz vor Lecks im Geheimdienst – „keine operativen Maßnahmen gegen Journalisten durchzuführen“. Dazu zähle insbesondere das Führen von Medienvertretern als Quellen. Wilhelm sagte, mit der Weisung, keine „operativen Maßnahmen“ mehr gegen Journalisten zuzulassen, werde eine Regelung des früheren BND-Chefs und jetzigen Staatssekretär im Innenministerium, August Hanning, vom Herbst verschärft. Personelle Konsequenzen aus der Affäre wollte Wilhelm nicht ausschließen. Zunächst aber müsse das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG), das die Nachrichtendienste parlamentarisch kontrolliert, über einen noch geheimen Bericht des Sonderermittlers Gerhard Schäfer zu den Vorfällen beraten. Das Gremium hat am Dienstag eine Sondersitzung einberufen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte sich am Montag hinter die früheren BND-Präsidenten Hansjörg Geiger (bis 1998) und August Hanning (bis 2005). Beide hätten sich in ihrer jeweiligen Amtszeit nach Kräften bemüht, den BND aus dem Zwielicht herauszuführen.

Der Einsatz von Journalisten zur Bespitzelung von Kollegen durch den BND habe der Pressefreiheit „großen Schaden“ zugefügt, sagte der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele. Ein erster Schritt sei die Anweisung der Bundesregierung, doch „müssen jetzt alle Fakten auf den Tisch“, sagte PKG-Mitglied Ströbele, um vor allem die Frage zu klären, wer genau von der Bespitzelung wusste.

Auch der stellvertretende PKG-Vorsitzende Max Stadler (FDP) sieht nach der Affäre eine „Bringschuld und Aufklärungspflicht“ der Bundesregierung. „Entweder hat es die BND-Spitze gewusst oder die Kontrollen waren nicht ausreichend“, sagte Stadler. Er erwartet von der Bundesregierung „klare Vorgaben für die Zukunft“. Die Dienstvorschriften seien offensichtlich nicht ausreichend. Stadler fordert als Konsequenz aus der Affäre die Einsetzung eines „Geheimdienstbeauftragten“, der ausschließlich dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) zuarbeiten müsse. Ob der Skandal auch im gerade eingesetzten BND-Untersuchungsausschuss zu den Aktivitäten des BND in Bagdad zur Sprache kommen soll, ist nach Ansicht der FDP davon abhängig, ob die Bundesregierung die neuen Vorwürfe öffentlich aufklärt. „Im Moment hat die Bundesregierung noch von sich aus die Möglichkeit, Aufklärung zu leisten“, sagte Stadler dem Tagesspiegel. Der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss, Thomas Oppermann, wandte sich gegen die Ausweitung des Untersuchungsauftrags. „Es ist Aufgabe des Parlamentarischen Kontrollgremiums, den Bericht des Sonderermittlers zu bewerten und die Nachrichtendienste zu kontrollieren“, sagte er dem Tagesspiegel. Auch der Vorsitzende des BND-Untersuchungsausschusses, Siegfried Kauder, sieht vorerst keinen Anlass zur Ausweitung des Untersuchungsauftrags. Erst wenn im PKG Fragen offen blieben, könne eine Erweiterung überlegt werden. Dies sei jedoch Entscheidung der kleineren Fraktionen im Bundestag.

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