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Das Reiterdenkmal in der Hauptstadt Windhuk – hier im Jahr 1998 noch an seinem alten Standort – soll an die Kolonialkriege des deutschen Kaiserreichs gegen die Herero und Nama von 1903 bis 1907 in Deutsch-Südwestafrika erinnern. Im Jahr 2013 wurde die Statue aus der Öffentlichkeit verbannt.

© Jörg Schmitt/dpa

Namibia feiert 25 Jahre Unabhängigkeit: Die Sonne Afrikas

Vor 25 Jahren wurde Namibia unabhängig – und ist heute eines der stabilsten Länder des Kontinents Dazu tragen auch die 25.000 Deutschstämmigen bei, die einen Großteil des Mittelstands bilden.

Gnadenlos glüht die Sonne auch in den letzten Wochen des afrikanischen Sommers über der Weite Namibias. Wie schon 2014 hat es auch diesmal in der einstigen deutschen Kolonie zu wenig geregnet. Erst vor zwei Wochen gab es endlich den ersehnten Niederschlag – vermutlich zu spät, um noch etwas zu ändern an der Dürreperiode vor Beginn der Trockenzeit im Mai. Dennoch hat es etwas Beruhigendes, dass sich die Gespräche dieser Tage weniger um die Politik als um die Temperaturen drehen. Schließlich ging es bis zur Unabhängigkeit des Landes am 21. März 1990 jahrelang politisch hoch her.

Das Land war von 1884 bis1915 deutsche Kolonie

An diesem Wochenende nun wird Namibia – ehemals Deutsch-Südwestafrika – ein Vierteljahrhundert alt. Wer vor 25 Jahren im prall gefüllten Windhuker Independence-Stadion saß, wird sich mit etwas Wehmut an die Geburtsstunde des Landes erinnern: Zwei Fahnenstangen standen damals nebeneinander auf dem Spielfeld. An der einen wehte die Flagge der seit 1915 tonangebenden Verwaltungsmacht Südafrika, die wenig später für immer eingeholt wurde. Unter der anderen lag eine zum Hissen bereite – die blau-rot-grüne Flagge Namibias mit der ewigen Sonne im oberen linken Eck.

Der neue Staatschef Hage Geingob, der am heutigen Samstag mit dem neuen Kabinett vereidigt wird, wurde mit 87 Prozent der Stimmen gewählt.
Der neue Staatschef Hage Geingob, der am heutigen Samstag mit dem neuen Kabinett vereidigt wird, wurde mit 87 Prozent der Stimmen gewählt.

© dpa

Aber als nach mehr als 30-jährigem Widerstandskampf das letzte unter Fremdherrschaft stehende Territorium Afrikas in die Freiheit entlassen wurde, wollte sich partout kein Freudentaumel einstellen. Zwar klatschten die Menschen höflich, doch die Begeisterung blieb aus. Nach der Geburt des neuen Staates zogen alle friedlich von dannen. Selbst das deutsche Reiterdenkmal neben dem Regierungssitz wurde nicht geschleift.

Dieses Schicksal ereilte das Denkmal erst 20 Jahre später – und dann gleich zweimal. Nachdem Ross und Reiter 2009 auf Geheiß der regierenden South West African People’s Organisation (Swapo), der früheren Widerstandsbewegung, zunächst abgebaut und an anderer Stelle mühsam neu errichtet worden war, wurden sie am ersten Weihnachtstag 2013 in einer Nacht- und Nebel-Aktion von ihrem neuen Standort gehievt – und harren seitdem in der Alten Feste ihrem Schicksal.

Hage Geingob wurde mit 87 Prozent der Stimmen zum Staatschef gewählt

Dieser Willkürakt der Swapo blieb jedoch eine Ausnahme, auch wenn viele der verbliebenen 100.000 Weißen damals befürchteten, dass der Revanchismus sie vielleicht verspätet doch noch treffen könnte. Ein weiterer Grund für diese latente Sorge findet sich weniger in der fortschreitenden Umbenennung historischer Stellen wie etwa dem "Caprivi-Zipfel" in "Sambesi" als vielmehr darin, dass Namibia trotz seiner pluralistischen Verfassung einem Ein-Parteien-Staat gleicht.

Erst im November war die Swapo bei den jüngsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen auf fast 80 Prozent aller Stimmen gekommen. Der neue Staatschef Hage Geingob, der am heutigen Samstag mit dem neuen Kabinett vereidigt wird, kam sogar auf sensationelle 87 Prozent, obwohl er als Damara nicht der größten Volksgruppe der Ovambo angehört, die seit 1990 dafür sorgt, dass die Swapo satte Mehrheiten einfährt.

Das riesige Land hat rund 2,3 Millionen Einwohner

Obwohl sich an der autoritären Geisteshaltung der Swapo wenig geändert hat, lebt die Gesellschaft seit dem Rückzug des Gründervaters Sam Nujoma vor zehn Jahren befreiter. Anders als dieser frönen weder sein Nachfolger Hifikepunye Pohamba noch Geingob einem Personenkult. Zwar hat Namibia mit seinen 2,3 Millionen Einwohnern wie Simbabwe und Südafrika ein Landproblem. Allerdings hat man dies in der früheren deutschen Kolonie nicht durch eine krude und oft illegale Landumverteilung wie in Simbabwe gelöst, sondern dadurch, dass der Staat bei Landverkäufen das Vorkaufsrecht besitzt.

Die Menschen leben von Bergbau, Fischerei und Tourismus

Wie schon zu Kolonialzeiten bilden der Bergbau und die Fischerei noch immer das Rückgrat des Landes, auch wenn der Tourismus ständig wächst. Zur Stabilität trägt aber vor allem bei, dass dank der insgesamt gemäßigten Regierungspolitik der befürchtete Exodus der Weißen ausblieb. Auch die meisten der knapp 25 000 Deutschstämmigen sind geblieben und bilden heute einen großen Teil des Mittelstands, der das Land trägt.

Die Bande zwischen Namibia und Deutschland sind noch immer eng

Wie eng die Bande zwischen Deutschland und Namibia trotz der nur kurzen Kolonialphase (1884-1915) geblieben sind, lässt sich am Bau der Ohorongo-Zementfabrik ablesen, die vom Ulmer Unternehmen Schwenk für 250 Millionen Euro rund 400 km nördlich von Windhuk errichtet wurde und Anfang 2011 in Betrieb ging. Es ist die derzeit modernste Zementfabrik in Afrika. Bei dem Werk handelt es sich um die mit Abstand größte Auslandsinvestition in Namibia seit der Unabhängigkeit – und, wie das Unternehmen gerne betont, einen deutlichen Vertrauensbeweis in die Zukunft des Landes.

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