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Ein Haufen Informationen. Der Bericht zum Fall wird Donnerstag erläutert.

© dapd

NSU-Affäre: Akten aus Angst geschreddert

Laut dem Sonderbeauftragte des Bundesinnenminister ist der Referatsleiter für das Verschwinden von Informationen verantwortlich.

Von Frank Jansen

Die Affäre um geschredderte Akten im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ist offenbar nur auf das Fehlverhalten eines Referatsleiters zurückzuführen. Zu diesem Ergebnis kommt nach Informationen des Tagesspiegels der zur Prüfung des Falles von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) berufene Sonderbeauftragte Hans-Georg Engelke. Dessen Bericht erhielt Friedrich vor wenigen Tagen, inzwischen ging das Papier auch an den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Hinweise, mit der Vernichtung der Akten hätten Verbindungen des BfV zum Umfeld der Thüringer Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) vertuscht werden sollen, fand Engelke nicht. Der Referatsleiter soll aus Angst gehandelt haben, weil Fristen zur Löschung der Akten überschritten waren.

Die Affäre hatte enormen Wirbel verursacht und im Juli den damaligen BfV-Präsidenten Heinz Fromm veranlasst, nach zwölfjähriger Amtszeit seinen Posten vorzeitig aufzugeben. Am 10. November 2011, nur sechs Tage nachdem der NSU aufgeflogen war, hatte der Leiter des Referats 2B2 veranlasst, Akten zu sieben V-Leuten aus Thüringen zu schreddern. Die Dokumente, die allerdings aus dem Referat 2B3 stammten, wurden dann am 11. November in den Reißwolf gesteckt. Bei den V-Leuten handelte es sich um Rechtsextremisten, die das BfV unter den Tarnnamen Tobago, Tusche, Treppe, Tonfarbe, Tacho, Tinte und Tarif geführt hatte. Sechs dieser Spitzel hatte die Behörde Ende der 90er Jahre in der „Operation Rennsteig“ angeworben, mit der die rechte Szene in Thüringen durchleuchtet werden sollte. Erkenntnisse, die zur Festnahme des 1998 untergetauchten NSU-Trios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe hätten führen können, ergaben sich nicht.

Den Inhalt der vernichteten Akten konnte das BfV anhand anderer Dokumente in großen Teilen rekonstruieren. Mit dem Material war es der Behörde auch möglich, den Verdacht zu entkräften, ein Mitglied des NSU könnte Spitzel gewesen sein. Gegen den Referatsleiter und zwei weitere Beamte sind allerdings Disziplinarverfahren anhängig. Engelke wird seinen Bericht am Donnerstag dem NSU-Untersuchungsausschuss erläutern.

Unterdessen hat der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, MecklenburgVorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier (CDU), nach Informationen des Tagesspiegels den Ausschuss gebeten, von Thüringen übersandte Akten nachträglich schwärzen zu lassen. Thüringens Innenminister Jörg Geibert (ebenfalls CDU) hatte den Abgeordneten Ende September etwa 650 Aktenordner mit Klarnamen von V-Leuten zur Verfügung gestellt. Dagegen hatten Verfassungsschützer außerhalb Thüringens massiv protestiert.

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