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NSU-Prozess: Die Angeklagte Beate Zschäpe betritt am Mittwoch den Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München (Bayern). Vor dem OLG wurde der Prozess um die Morde und Terroranschläge des «Nationalsozialistischen Untergrund» (NSU) fortgesetzt.

© dpa

Update

NSU-Prozess: Lautstarker Streit am 12. Verhandlungstag: Verteidiger und Anwalt geraten heftig aneinander

Lautstark beschimpften sich am Mittwoch im NSU-Prozess ein Nebenklage-Anwalt und der Verteidiger Olaf Klemke. Der Nebenklage-Anwalt griff verbal Klemke und die Verteidigerin Nicole Schneiders an, die Mitglied in der NPD war. Klemke drohte dem Nebenklage-Anwalt eine Anzeige an.

Von Frank Jansen

Gleich zu Beginn des 12. Verhandlungstages im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München sind ein Nebenklage-Anwalt und der Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben aneinandergeraten. Der Nebenklage-Anwalt, der ein Opfer des NSU-Bombenanschlags aus dem Jahr 2004 in Köln vertritt, rückte den Verteidiger Olaf Klemke in die Nähe der rechtsextremen Szene. „Überprüfen Sie doch mal Ihre Aktivitäten“, rief der Nebenklage-Anwalt, „und die Ihrer Kollegin“.

Wohllebens Verteidigerin Nicole Schneiders war etwa 2000/2001 Mitglied des Kreisverbands Jena der NPD. Verteidiger Klemke drohte dem Nebenklage-Anwalt mit einer Strafanzeige. Der Vorsitzende Richter des 6. Strafsenats, Manfred Götzl, forderte die Kontrahenten zu einem sachlichen Umgang auf, doch das Wortgefecht ging weiter. Daraufhin unterbrach Götzl die Verhandlung für einige Minuten, damit sich die Gemüter wieder abkühlen. Entzündet hatte sich der Konflikt an Fragen des Nebenklage-Anwalts an den Angeklagten Carsten S. zur Diskussion über Gewalt in der rechtsextremen Szene.

Nach der Unterbrechung unterstellte der Nebenklage-Anwalt dem Verteidiger Klemke, dass er sich „selber in rechtsradikalen Kreisen bewegt, wenn man solche Leute vertritt“. Sofort griff Götzl ein, „wenn es so läuft, werden wir für jeden Zeugen einen ganzen Tag einplanen müssen“. Der Richter ermahnte den Nebenklage-Anwalt, präzise Fragen zu stellen. Es kam dann nur noch wenig, bald übernahm ein weiterer Anwalt der Opfer des Nagelbombenanschlags die Einvernahme von Carsten S.

Eine Anwältin wollte wissen, ob ihn in seiner Zeit in Düsseldorf  „jemand“ angesprochen habe, Hilfe zu leisten bei dem Nagelbombenanschlag in Köln. Carsten S. verneinte. Ein weiterer Nebenklage-Anwalt fragte, was er über den „Brandanschlag von Ludwigshafen“ aus dem Jahr 2008 wisse. Carsten S. sagte: „nichts“. Die Frage hatte, etwas überraschend, kein Verteidiger beanstandet, obwohl bis heute ungeklärt ist, ob der Brand vom Februar 2008 in einem alten Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen überhaupt ein Anschlag war. Bei dem Feuer waren neun Menschen türkischer Herkunft gestorben. Die Polizei hält einen Anschlag für unwahrscheinlich.

Am Ende der Befragung durch die Nebenklage-Anwälte meldete sich Carsten S. nochmal  – mit einigen schweren, ungelenken Worten zu den Opfern des NSU und den Hinterbliebenen. „Ich wollte noch sagen, ich kann nicht ermessen, was ihren Angehörigen für unermessliches Leid, Unrecht angetan wurde“, die Stimme klang gepresst. „Mir fehlen die Worte, zu beschreiben, wie ich dafür empfinde“. Eine Entschuldigung „wäre zu wenig“. Carsten S. schloss mit dem Satz, „ich wollte ihnen mein tiefes Mitgefühl ausdrücken“.

Er hatte im Prozess gestanden, den NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bei einem konspirativen Treffen in Chemnitz die Pistole Ceska 83 überbracht zu haben. Mit der Waffe ermordeten Mundlos und Böhnhardt neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft.  

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