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Die Angeklagte Beate Zschäpe sitzt am 10.05.2016 im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München.

© Peter Kneffel/dpa

NSU-Prozess: Zschäpe: NSU-Trio wäre fast bei Polizeikontrolle geschnappt worden

Einer Aussage Beate Zschäpes zufolge geriet sie mit Böhnhardt und Mundlos in eine Polizeikontrolle. Trotz gestohlenen Kennzeichens sei aber nichts passiert.

Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat im NSU-Prozess einen ihrer Mitangeklagten beschuldigt. Holger G. habe gewusst, „dass wir von Banküberfällen lebten“, ließ Zschäpe am Donnerstag ihrem Wahlverteidiger Hermann Borchert erklären. Ob G. über die Morde und Sprengstoffanschläge informiert war, könne sie nicht sagen. Sie habe ihm nichts davon erzählt, wisse aber nicht, ob er von ihren mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt davon erfuhr.

In der von Borchert verlesenen Aussage enthüllte Zschäpe auch, dass das NSU-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt kurz nach seinem Abtauchen 1998 nur knapp einer Festnahme in Hannover entging.

Demnach fühlten sich die drei nach einem Fahndungsaufruf im Fernsehen unter Druck. Der Besitzer der Chemnitzer Wohnung, in der sie sich versteckten, habe sie dazu gedrängt, wieder auszuziehen. Darauf seien sie mit einem Auto mit gestohlenem Kennzeichen nach Hannover gefahren und hätten ihren Unterstützer Holger G. besucht.

Geld unter der Couch deponiert

In der Innenstadt seien sie in eine „Drogenkontrolle“ der Polizei geraten. Die Polizisten hätten das gestohlene Kennzeichen „im Computer überprüft“, ließ Zschäpe erklären. Passiert sei aber nichts: „Wir konnten unbehelligt weiterfahren“.

Das Geld, das Mundlos und Böhnhardt bei ihren Banküberfällen erbeuteten, sei zunächst „unter einer Couch“ deponiert worden. Jeder der drei habe darauf zugreifen können. Nach dem Umzug in die letzte Fluchtwohnung in Zwickau habe es „im Abstellraum“ eine Geldkassette für alltägliche Ausgaben gegeben, die Mundlos und Böhnhardt immer wieder nachgefüllt hätten. Darin seien immer 5000 bis 10 000 Euro gewesen. Mundlos habe außerdem Geld hinter einem Schrank deponiert, Böhnhardt in seinem Bettkasten. Sie selber, so Zschäpe, habe kein eigenes Geld gehabt. Als sie am 4. November 2011 vom Tod ihrer beiden Freunde erfuhr, habe sie Geld aus Böhnhardts Zimmer auf ihre Flucht mitnehmen wollen, „konnte aber keines finden, was ich heute meiner damaligen Hektik zuschreibe“.  Nebenklage-Anwalt Mehmet Daimagüler sieht nach Zschäpes Einlassung Holger G. deutlich stärker belastet als bisher in der Anklageschrift beschrieben. G. habe über die Banküberfälle Bescheid gewusst, habe selber Geld aus der Beute bekommen, eine Waffe beschafft und dem Trio Ausweispapiere organisiert. 

Zschäpe ist wegen der zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) angeklagt und steht seit Mai 2013 vor Gericht. In den Jahren 2000 bis 2006 sollen die mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun türkisch- und griechischstämmige Gewerbetreibende aus rassistischen Motiven ermordet haben. Außerdem gelten sie als Mörder der Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter im Jahr 2007.

Die Bundesanwaltschaft hält Zschäpe für eine Mittäterin, weil sie Mitglied der terroristischen Vereinigung NSU gewesen sei. (dpa)

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