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Politiker vom linken Flügel der SPD drängen auf eine Öffnung zur Linkspartei.

© dpa

Politische Planspiele: Die SPD macht sich locker für Rot-Rot-Grün

Führende Politiker der SPD, die zum linken Flügel der Partei gerechnet werden, wollen sich verstärkt für eine künftige Kooperation mit Linkspartei und Grünen auf Bundesebene engagieren. Der Linken-Politiker Klaus Ernst findet das gut.

Von Matthias Meisner

„Die Initiative aus der SPD freut mich“, sagte Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Linken-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel. „Sie kann eine Chance für eine Politikwende sein.“ Der frühere Parteichef fügte hinzu: „Ich werbe von unserer Seite für Gespräche ohne Vorbedingungen.“ Ähnlich hatte das zuvor bereits der Linken-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi verlangt.

In dem Papier „Für ein progressiv-linkes Reformbündnis mit einer Machtperspektive 2017“ heißt es, man müsse „die bestehenden inhaltlichen und strategischen Differenzen zwischen allen Parteien links der Union“ beseitigen. Der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner veröffentlichte es am Freitag auf seiner Homepage im Internet. Neben ihm zählen zahlreiche weitere Prominente des linken Parteiflügels zu den Unterzeichnern, darunter 15 Bundestagsabgeordnete. Unterschrieben haben auch die Landeschefs von Berlin und Sachsen-Anhalt, Jan Stöß und Katrin Budde, sowie die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann.

SPD-Linke fordern "konstruktiven Diskussionprozess"

Die Unterzeichner verlangen dazu einen „ehrlichen und konstruktiven Diskussionsprozess“. Dieser müsse „schnell in Gang gesetzt werden“. Die zurückliegenden Bundestagswahlen hätten gezeigt, „dass es derzeit keine linke gesellschaftliche Mehrheit gibt“. Die Sozialdemokraten müssten den Anspruch haben, „nicht nur selbst die Regierung zu führen, sondern in und mit einem progressiv-linken Reformbündnis Mehrheiten für eine fortschrittliche Politik zu bilden“, heißt es weiter. Mit Blick auf die Linkspartei wird in dem Papier die Erwartung formuliert, dass diese „ihren Weg zur Regierungsfähigkeit weiter“ gehe.

Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst sagte dem Tagesspiegel weiter: „Wir brauchen den kritischen Dialog, und er muss bald beginnen. Wenn wir 2017 zu einer Politik im Interesse der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger kommen wollen, müssen wir darüber reden, welche Projekte wir anpacken. Lohngerechtigkeit, Steuergerechtigkeit, ökologischer Umbau, das sind die Eckpunkte.“ Ernst stand bis 2012 an der Spitze der Linkspartei. Er versicherte: „Natürlich machen wir auch selbst unsere Hausaufgaben. Wir müssen Themen in den Vordergrund stellen, für die Menschen eine Lösung erwarten. Damit erweitern wir die Zustimmung für ein linkes Projekt. Und wir führen eine offene Diskussion darüber, wie wir uns eine gewaltfreie Außenpolitik konkret vorstellen."

Berlins SPD-Chef Stöß: Linke auch im Bund kein Tabu mehr

Auch der Berliner SPD-Chef Stöß als einer der Unterzeichner des Papiers zeigte sich erfreut über die Initiative. Er sagte dem Tagesspiegel: „Wenn wir nach 2017 ohne die Union regieren wollen, reicht es nicht aus, nur für andere Mehrheiten im Bundestag zu kämpfen. Wir brauchen für ein gemeinsames Regierungshandeln trotz aller Unterschiede auch eine inhaltliche Basis der Parteien links der Union.“ Der Dialog darüber müsse bereits jetzt anfangen, „nicht erst am Wahlsonntag“.

Stöß sagte weiter, er sei froh, dass eine mögliche Regierungsbeteiligung der Linkspartei „auf Bundesebene kein Tabu mehr ist“. Jetzt müsse Die Linke klären, „ob sie tatsächlich im Bund mitregieren möchte und dazu auch in der Lage ist, notwendige Kompromisse einzugehen“. Gerade in der Europapolitik müsse sich die Linkspartei „deutlich bewegen“.  Im Land Berlin hätten PDS und Linke gezeigt, dass sie in einer Landesregierung verantwortungsvoll mitarbeiten können. Der Berliner SPD-Chef fügte hinzu: „Wir wollen auch ein Angebot an all jene machen, die der Groko nur mit Skepsis zugestimmt oder mit Nein gestimmt haben.“

Die Grünen begrüßen die Gespräche zwischen SPD und Linken

Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, begrüßte, dass es zwischen SPD und Linkspartei „ernsthafte Gespräche und Diskussionen um die Inhalte gibt“. Mit Blick auf den Kreis der Unterzeichner des Papiers sagte er dem Tagesspiegel: „Ich hätte es noch besser gefunden, wenn das nicht nur von der SPD-Linken, sondern von der Breite der SPD getragen würde.“ Alle Flügel der verschiedenen Parteien sollten aus Sicht Kellners miteinander ins Gespräch kommen. Die Grünen seien bereits seit längerer Zeit in Gesprächen mit anderen Parteien, „das finde ich auch richtig“. Sie würden dabei "flügelübergreifend" agieren, damit es von Anfang an eine breitere Einbindung gibt.

Der SPD-Bundesvorsitzende, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte die Linkspartei erst am Donnerstag im Bundestag frontal angegriffen. Bei der Vorstellung seiner Minister-Agenda nahm Gabriel Bezug auf die Aussage von Linken-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht in einem Tagesspiegel-Interview, wonach die EU ein „Hebel zur Zerstörung von Demokratie“ sei. Gabriel hatte den Satz schon beim SPD-Europaparteitag am Sonntag angeprangert. Am Donnerstag im Bundestag erklärte er mit Blick auf Wagenknecht: „Mit links hat das nichts zu tun, das ist Rechtsaußen.“ Erneut warf er der Linken vor, mit solch abwegigen Beschreibungen der Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland in die Hände zu spielen. Für ihn sei links Aufklärung „und nicht Demagogie“. 

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