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Saudi-Arabien investiert in erneuerbare Energien. Im Bild ein Solarzellenfeld in der King Abdulaziz city of Sciences and Technology.

©  REUTERS/Fahad Shadeed

Solarenergie in Saudi-Arabien: Auf Öl ist kein Verlass mehr

Saudi-Arabien setzt mit einem ehrgeizigen Plan auf erneuerbare Energien aus Wind und Sonne. Deutsche Unternehmen können profitieren.

Saudi-Arabien gehört neben Russland zu den G20-Ländern, deren Wirtschaft am stärksten von Einnahmen aus fossilen Energien abhängt. Doch auch der weltgrößte Ölexporteur will nun diversifizieren und mit einem National Renewable Energy Program seine Wirtschaft umbauen. Dafür stehen in den kommenden fünf Jahren 30 bis 50 Milliarden Dollar zur Verfügung. Damit soll der Anteil erneuerbarer Energien von einem auf zehn Prozent steigen. Im Frühjahr gab es dann die ersten Ausschreibungen für 400 Megawatt Wind und 300 Megawatt Photovoltaik. Damit folgten altbekannten politischen Ankündigungen erste konkrete Schritte.

„Das ist nur der Anfang“, sagte Energieminister Chaled al-Falih Anfang des Jahres bei der Ankündigung der Milliardeninvestition in Erneuerbare. Die zweite Runde der Ausschreibungen, so viel ist bekannt, wird 1020 Megawatt umfassen, davon 400 Megawatt Wind und 620 Megawatt Photovoltaik.

„Bisher haben Kompetenzstreitigkeiten eine Umsetzung der Strategien im Bereich erneuerbare Energien blockiert. Außerdem glauben einflussreiche Akteure nach wie vor nicht, dass man auf das Öl verzichten kann und muss“, erklärt Sebastian Sons von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Die vielen arbeitslosen jungen Menschen im Land sind ein Treiber für den Umbau der Energieversorgung in Saudi-Arabien. Jedoch hemmen fehlende regulatorische Rahmenbedingungen den Ausbau der erneuerbaren Energien, schreibt die Außenhandelskammer Saudi-Arabien in einer Analyse.

Intransparente Strukturen haben zu hohen Bürokratiekosten geführt

„Es mangelt nach wie vor an einem geeigneten regulatorischen Rahmen, der Fragen wie den Netzzugang, standardisierte technische Vorgaben für den Betrieb und die Vertragsgestaltungsverfahren klärt“ heißt es in der Analyse, die die Außenhandelskammer Saudi-Arabien (AHK) für die Bundesregierung verfasst hat. Auch die Frage, wem das Land für größere Solarprojekte gehören darf, hätte sich in der Praxis als schwierig erwiesen.

„Mit der ,Saudi Vision 2030’ ist ein zukunftsweisendes Konzept entworfen worden. Ob die Maßnahmen die Gesellschaft letztlich transformieren, bleibt abzuwarten“, schreibt die AHK weiter. Intransparente Strukturen der Zuständigkeiten zwischen der King Abdullah City for Atomic & Renewable Energy (K.A.CARE, eine Regierungsbehörde) sowie der Saudi Electricity Company und dem Ölkonzern Saudi Aramco hätten jedenfalls zu hohen Bürokratiekosten geführt. „In der Folge wurden verabschiedete Politikprogramme gar nicht oder nur unvollständig ausgeführt.“

So hatte das K.A.CARE 2013 in einem White Paper angekündigt, bis zum Jahr 2032 rund 54 Gigawatt erneuerbare Energien, vornehmlich Konzentrierte Solarthermische Energie und Photovoltaik, aber auch Wind- und Geothermieanlagen zu bauen. Die ersten Ausschreibungen starteten aber erst 2017.

Saudi-Arabien will nicht nur wegen des Ölpreisverfalls diversifizieren

Ungünstige Rahmenbedingungen für Photovoltaik bestehen laut AHK wegen der enormen staatlichen Subventionen für Strom. Trotz Preiserhöhungen seien die Anreize für ein Umdenken in der Bevölkerung weiterhin zu gering. „In den Augen der Saudis ist die Versorgung mit sehr günstiger Energie eine Art Grundrecht“, urteilt die AHK.

Aus kulturellen Gründen werde die langfristige Amortisation von Investitionsprojekten nur selten beachtet. Oft würde der preisgünstige Wettbewerber den Zuschlag erhalten. Eine mögliche Erklärung liege in der jahrzehntelangen Dynamik des gesellschaftlichen Wandels und der minderen Qualität der Bausubstanz. „Allein die Lebensdauer eines Solarmoduls von etwa 30 Jahren übersteigt in der Regel die Lebensdauer eines Hauses; selten hält ein Eigentümer eine Immobile für eine so lange Zeit“, berichtet die AHK. Hinzu komme, dass wegen der weit verbreiteten Klimaanlagen auf den Dächern nicht immer Platz für eine Solaranlage sei.

„Saudi-Arabien hat große sozio-ökonomische und strukturelle Probleme“, urteilt Sebastian Sons von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. 90 Prozent der Staatseinnahmen kämen aus dem Öl. Gleichzeitig gebe es 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Mit dem Verfall des Ölpreises funktioniere die Strategie nicht mehr, die neu auf den Arbeitsmarkt drängenden Bürger im Staatsdienst zu absorbieren. „Das kann man nicht mehr mit der Ölrente abfedern“, sagt Sons.

Saudi-Arabien will also nicht nur wegen des Ölpreisverfalls diversifizieren, sondern auch, um Jobs zu schaffen. Die entsprechende Strategie läuft unter dem Stichwort „Saudisierung“. Dies biete für deutsche Unternehmen eine Gelegenheit, im Land Fuß zu fassen, sagt der Experte. Allerdings besteht laut Sons die Tendenz, dass die Saudis eher Großprojekte beauftragen, die klein- und mittelständische Unternehmen nicht stemmen könnten.

Der neue König versuche aber, die Regeln für den Marktzutritt zu liberalisieren und zu vereinfachen. „Ausländische Unternehmen brauchen jetzt nicht mehr zwingend einen saudischen Partner“, berichtet Sons.

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