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Nicht das erste Mal mit Sexvorwürfen konfrontiert: Bisher hat Dominique Strauss-Kahn alle Affären überstanden – das könnte diesmal anders sein.

© dapd

Haftbefehl nach Sexvorwürfen: Strauss-Kahn politisch erledigt?

Dominique Strauss-Kahn galt als Sarkozys aussichtsreichster Herausforderer – jetzt fällt er wohl aus. Der beliebte Politiker ist nicht zum ersten Mal mit Sexvorwürfen konfrontiert.

Bis zu diesem Sonntag galt er als aussichtsreichster Herausforderer von Nicolas Sarkozy bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2012 und als „Parade-Europäer“. Doch dann kam die Nachricht aus New York, die in Frankreich wie eine Bombe einschlug: Dominique Strauss-Kahn (62), der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), wurde wegen des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung festgenommen.

Viele sehen seine politische Karriere nun in Gefahr. Seit Wochen stand er in den Umfragen ganz oben. Noch am Sonntag veröffentlichte die Zeitung „Le Parisien“ eine Umfrage, wonach sich die meisten Franzosen (41 Prozent) Strauss-Kahn als sozialistischen Herausforderer von Sarkozy wünschen. Der als Lebemann auftretende Politiker, der in dritter Ehe mit der Journalistin Anne Sinclair verheiratet ist und vier Kinder hat, gilt als jovial. Im Gegensatz zu Nicolas Sarkozy, dessen Sympathiewerte schon seit langem im Keller sind, ist der aus einer jüdisch-marokkanisch geprägten Familie stammende Strauss-Kahn bei den Franzosen beliebt. Nicht nur seine offene Art, auch seine Karriere sprach bisher für ihn.

Seit er sein Amt beim IWF im Jahr 2007 antrat, profilierte er sich als perfekter Krisenmanager in der europäischen Schuldenkrise. DSK, wie er in Frankreich genannt wird, war auf dem Weg nach Berlin, er wollte sich mit Kanzlerin Angela Merkel über die Krise beraten und sollte danach nach Brüssel fahren. Schon bevor DSK zum IWF kam, war er international als Wirtschaftsminister von 1997 bis 1999 anerkannt. Strauss-Kahn privatisierte Staatsunternehmen, reduzierte das Haushaltsdefizit und bereitete Frankreich auf den Euro vor. Er half beim Aufbau des deutsch-französischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Bevor er Politiker wurde, machte er erst als Jurist und Wirtschaftswissenschaftler Karriere und wurde 1986 zum ersten Mal ins Parlament gewählt.

Bis Sonntag hatte er sich noch nicht offiziell als Präsidentschaftskandidat ins Rennen gewagt, doch Ende Juni sollten sich die Kandidaten der Sozialisten (PS) zu erkennen geben. Bis Oktober wollte die Partei dann entscheiden, wer gegen Sarkozy antreten soll. Die Festnahme in New York stellt das jetzt alles infrage.

Diesmal ist es keine kleine Affäre, in die Strauss-Kahn verwickelt ist, auch wenn er bestreitet, was ihm vorgeworfen wird. Nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen macht er Schlagzeilen. Vor kurzem wurde bekannt, dass er einen Porsche fährt, was als Sozialist seine Glaubwürdigkeit hätte beschädigen können. Doch der Fall hat seiner Beliebtheit keinen Abbruch getan. Das könnte jetzt anders sein. Nicht zum ersten Mal ist er mit Sexvorwürfen konfrontiert. Im Jahr 2008 wurde gegen ihn wegen einer sexuellen Beziehung mit einer Untergebenen des IWF ermittelt. Doch es hieß dann, es habe gegenseitiges Einverständnis geherrscht. Es gilt als wahrscheinlich, dass Strauss-Kahn nun nicht mehr kandidieren kann, selbst wenn er entlastet werden sollte. „Es ist ein mächtiges Beben, aber die Schäden sind noch nicht abzuschätzen“, analysiert der Politologe Jean-Daniel Lévy. Jacques Attali, ehemaliger Berater von François Mitterrand, betonte allerdings schon: „Ich glaube nicht, dass er Präsidentschaftskandidat wird.“

Strauss-Kahn würde zum zweiten Mal ausscheiden, bevor er offiziell Kandidat der Sozialisten werden kann. Im Jahr 2007 trat Ségolène Royal gegen Sarkozy an. Auch diesmal stehen schon zahlreiche Sozialisten in den Startlöchern, sollte Strauss-Kahn ausfallen: neben Royal auch Sozialistenchefin Martine Aubry. Seine Parteigenossen äußerten sich bestürzt über die Festnahme. „Die Nachricht hat wie ein Donnerschlag gewirkt“, sagte Aubry. Nun müsse die PS vereint und verantwortungsvoll reagieren.

Regierungssprecher François Baroin (UMP) betonte, er müsse so lange als unschuldig gelten, bis eine eventuelle Schuld bewiesen sei. Nur Marine Le Pen, die Chefin der Rechtsextremen, sagte: „Für das höchste politische Amt ist er diskreditiert.“ Als Sarkozy 2007 Präsident wurde, hatte er sich dafür eingesetzt, dass der charismatische Strauss-Kahn den Posten beim IWF bekam. Darin sahen viele ein Manöver, um einen starken Rivalen aus dem Feld zu schlagen, weil er nicht mehr in der französischen Politlandschaft auftauchte.

Doch das Gegenteil war der Fall, die Wirtschaftskrise hat das Ansehen von Strauss-Kahn aufgewertet, es brachte ihn einer Präsidentschaftskandidatur näher. Der gegnerischen Partei dürfte die Affäre in New York durchaus gelegen kommen. So erklärte Bernard Debré, Abgeordneter der UMP, sie sei „demütigend für Frankreich“. An dem Tatverdacht müsse schon etwas dran sein, sonst hätte ihn die Polizei nicht am Flughafen festgenommen. „Das mischt die Karten für die Präsidentschaftswahl völlig neu“, sagte Renaud Muselier, Vizechef der UMP.

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