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Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel traf vergangene Woche in Moskau Präsident Wladimir Putin. Die Idee, vor der russischen und amerikanischen Botschaft für Frieden in Syrien zu demonstrieren, hat Gabriel wieder aufgegeben.

© REUTERS

Streit um Friedenskundgebung des SPD-Chefs: "Gabriel spielt den Russen in die Hände"

Sigmar Gabriel wollte eine Friedensdemo für Syrien vor der russischen und amerikanischen Botschaft organisieren. Nach Kritik änderte er seinen Plan.

Von Hans Monath

Nach Warnungen aus den eigenen Reihen ist SPD-Chef Sigmar Gabriel von seinem Plan abgerückt, zu Friedenskundgebungen für Syrien vor der russischen und amerikanischen Botschaft aufzurufen. Mitglieder des SPD-Vorstands warnten den Vorsitzenden in der Sitzung am Montag, Russland und die USA gleichzusetzen. Nach Teilnehmerangaben bekräftigte Gabriel zwar das Vorhaben, eine Kundgebung zu organisieren, nannte aber nicht mehr die Botschaften als Ort der Demonstration. Nach der Sitzung sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley: "Es geht am Ende nicht um den Ort." Die Zivilgesellschaft müsse die Botschaft verbreiten, "dass diese humanitäre Katastrophe nicht unbemerkt bleibt". Es gehe darum, "dass nur die beiden Supermächte am Ende die Hebel in der Hand haben, um diesen Konflitk zu lösen."

Union und Grüne warfen Gabriel vor, die Verantwortung Russlands für Kriegsverbrechen zu relativieren. Der SPD-Chef stelle mit seinem Aufruf "die Tatsachen auf den Kopf", kritisierte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt (CDU). Gabriel vermeide es "aus falscher Rücksichtnahme den wahren Schuldigen zu benennen".

"Wo ist der Aufstand?"

Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, sagte, Gabriel suche "eine Position der Äquidistanz zu Washington und Russland und tut so, als seien beide Mächte gleichermaßen verantwortlich für die Barbarei in Syrien". Damit spiele er "den Russen in die Hände". Die Linkspartei begrüßte den Aufruf. "Na klar, machen wir", sagte ihr Außenpolitiker Wolfgang Gehrcke: "Ich bin da und bringe viele Freunde mit - vor die US-Amerikanische und auch vor die Russische Botschaft", meinte der Linken-Abgeordnete: "Ich freue mich, wenn du, Sigmar, auch da bist und viele Freunde mitbringst."

Seinen Plan hatte Gabriel zuerst vergangene Woche vor der SPD-Bundestagsfraktion vorgestellt. Dabei zeigte er sich laut Teilnehmern verwundert darüber, dass die Gräueltaten in Syrien die linke Öffentlichkeit nicht mobilisieren und auf die Straße treiben. Er habe Verständnis für Demonstrationen gegen Ceta, sagte Gabriel: "Aber wo ist der Aufschrei der Weltöffentlichkeit gegen den Krieg in Syrien? Wo ist der Aufstand?"

Für die Friedensbewegung ist Russland nur Opfer

Tatsächlich hat auch die deutsche Friedensbewegung auf die von Russland begangenen oder zumindest geduldeten und unterstützten Kriegsverbrechen in Syrien bislang kaum reagiert. So rufen der Bundesausschuss Friedensratschlag, die Kooperation für den Frieden und und die Berliner Friedenskoordination zu einer bundesweiten Friedensdemonstration am 8. Oktober in Berlin auf. Von russischen Fehlern oder Verbrechen in Syrien ist in dem Aufruf keine Rede. Stattdessen geht es um "Kooperation statt Nato-Konfrontation" und "Abrüstung statt Sozialabbau". In dem Aufruf heißt es unter anderem: "Wir akzeptieren nicht, dass Krieg immer alltäglicher wird und Deutschland einen wachsenden Beitrag dazu leistet: in Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Jemen, Mali (...) Immer geht es letztlich um Macht, Märkte und Rohstoffe. Stets sind die USA, NATO-Mitgliedstaaten und deren Verbündete beteiligt, fast immer auch direkt oder indirekt die Bundesrepublik." Russland erscheint in dem Text nicht als selbstständiger Akteur auf der Welt, sondern nur als Opfer westlicher Aufrüstung. Eine Sprecherin der Initiatoren beantwortete zwar Fragen des Tagesspiegels zur Haltung der Friedensbewegung zu Russland und Syrien, wollte sich aber nicht zitieren lassen.

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