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Politik: UN-Experten sehen Migration als eine Lösung für zurückgehende und alternde Bevölkerung

Der Bericht nennt die Anhebung des Rentenalters oder die Kürzung der Renten als Alternativen. Bayerns Innenminister kritisierte die Idee der UNAndrea Dernbach Angesichts sinkender Bevölkerungszahlen sollte Europa nach Ansicht von Experten der Vereinten Nationen in Erwägung ziehen, erheblich mehr Einwanderer aufzunehmen als bisher.

Der Bericht nennt die Anhebung des Rentenalters oder die Kürzung der Renten als Alternativen. Bayerns Innenminister kritisierte die Idee der UNAndrea Dernbach

Angesichts sinkender Bevölkerungszahlen sollte Europa nach Ansicht von Experten der Vereinten Nationen in Erwägung ziehen, erheblich mehr Einwanderer aufzunehmen als bisher. Allein Deutschland brauche pro Jahr 500 000 Einwanderer, heißt es in Schätzungen für den UN-Bericht "Ersatz-Migration: Eine Lösung für zurückgehende und alternde Bevölkerung?", der im März veröffentlicht werden soll. Für die Bundesrepublik hieße das, dass sich die jährliche Zahl der Zuwanderer mehr als verzehnfachen müsste. Den UN-Zahlen zufolge wird die Einwohnerzahl in Deutschland in den nächsten fünfzig Jahren von derzeit 82 Millionen auf 73 Millionen sinken.

1998 zogen nur 47 000 Menschen mehr nach Deutschland, als dem Land durch Abwanderung verloren ging. Zwei Jahre zuvor hatte der Zuwanderungsüberschuss den Zahlen des Statistischen Bundesamts zufolge noch bei 282 000 Menschen gelegen, 1997 bereits bei nur noch rund 94 000.

Joseph Chamie, Direktor der Abteilung für Bevölkerungsfragen bei den UN, erklärte, der Bericht werde in Europa vermutlich eine heftige Debatte auslösen. Er verwies auf Umfragen in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Frankreich, in denen sich viele Befragte gegen einen Zuzug von Migranten ausgesprochen haben. Europäische Politiker befürchteten ihrerseits eine Zunahme der Arbeitslosigkeit und den Widerstand von Gewerkschaften, die sich gegen die Einwanderung billigerer Arbeitskräfte wendeten. "Aber sie müssen jetzt anfangen, sich darum zu kümmern. Je länger sie warten, desto schwerwiegender wird das Problem."

Chamie betonte jedoch, die UN würden den Staaten Europas und Japan, wo ebenfalls ein Rückgang der Bevölkerungszahl erwartet wird, keinen starken Zuzug von Migranten empfehlen. Der geplante Bericht diene lediglich dazu, die Folgen der gegenwärtigen Zuzugsraten aufzuzeigen. Es gebe dafür nur drei Lösungen: "Das Rentenalter anheben, die Renten kürzen, die Zahlungen erhöhen, oder das ganze System ändern." Demographen könnten lediglich auf Trends hinweisen: Wenn es keine Einwanderer gebe und die Geburtenrate wie prognostiziert niedrig bleibe, müsse mit einer kleineren, älteren Bevölkerung gerechnet werden. Derzeit betrage das Verhältnis von Menschen im arbeitsfähigen Alter zu Menschen über 65 Jahren in Europa fünf zu eins, im Jahr 2050 werde es bei zwei zu eins liegen. Der geplante UN-Bericht untersuchte die Verhältnisse in acht Staaten: Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Russland, Südkorea, Großbritannien und den USA.

Der Sprecher des bayerischen Innenministers Beckstein (CSU), der sich in der Vergangenheit mehrfach dafür ausgesprochen hatte, den Zuzug nach Deutschland zu begrenzen, kritisierte die Berechnungen der UN gestern. Dem Tagesspiegel sagte er, es zeuge von "Scheuklappen, solche Fragen nur rentenversicherungsrechtlich zu sehen." Aspekte wie der soziale Frieden und die Möglichkeiten, Migranten hier zu integrieren, blieben unberücksichtigt. Im Amt der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne) hieß es, man wolle zunächst die Veröffentlichung des Berichts abwarten.

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