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Politik: „Ungerechte Risikoverteilung“

Die SPD will die privaten Pflegeversicherer zu einer milliardenschweren Ausgleichszahlung heranziehen.

Berlin - Die SPD hat für ihre Vorstellungen zur Pflegereform nun auch ein Finanzierungskonzept. Nach einem Papier der zuständigen Arbeitsgruppe, das dem Tagesspiegel vorliegt, sollen die privaten Pflegeversicherer künftig einen „Ausgleichsbetrag“ dafür bezahlen, dass sie im Verhältnis zu den Beitragszahlern deutlich weniger Pflegebedürftige versorgen als die gesetzlichen Kassen. Dieser würde derzeit etwa eine Milliarde Euro jährlich betragen.

Mindestens zwei weitere Milliarden Euro erwarten sich die Sozialdemokraten von der Erhebung einkommensabhängiger Beiträge bei sämtlichen Pflegeversicherten. Diese könnten auch in der privaten Pflegeversicherung ohne Verzögerung eingeführt werden, weil dieser „alle Kennzeichen einer wirklich privaten Versicherung“ fehlten und sie als Sozialversicherung nur von den Privatanbietern „durchgeführt werde“. Für die Zukunft sei zudem „verfassungsrechtlich zu prüfen“, inwieweit man auf den bereits gebildeten Kapitalstock der Privatversicherer von inzwischen mehr als 20 Milliarden Euro zurückgreifen könne. An der Beitragsbemessungsgrenze soll sich nichts ändern.

Dass die private Pflegeversicherung die Beiträge in den vergangenen Jahren mehrfach und zum Jahresbeginn erneut um zwei bis fünf Prozent senken konnte, liege nicht etwa an einer von den Privaten „gern behaupteten Überlegenheit des Systems“, heißt es in dem Papier, „sondern an der ungerechten Risikoverteilung“. Auf die Zahl der Beitragszahler hochgerechnet versorgten die gesetzlichen Pflegekassen „fast dreimal so viele Pflegebedürftige“ wie die Privaten. Dies resultiere aus dem „früher möglichen (und breit genutzten) Rückwechsel privat Krankenversicherter“ in die gesetzlichen Kassen beim Eintritt ins Rentenalter. Aus diesem Grund seien „die Jahrgänge 1932 und älter“ bei den Privaten so dünn besetzt. Und nur deshalb sei es möglich gewesen, dort einen Kapitalstock in Milliardenhöhe aufzubauen.

Weil sich die Privatversicherer bisher „nicht im gerechten und gebotenen Umfang an der Finanzierung der Leistungserbringung“ beteiligt hätten, sei der Ausgleichsbetrag und möglicherweise auch der Zugriff auf den Kapitalstock in 20 bis 40 Jahren „verfassungsrechtlich möglich und geboten“, meinen die SPD-Experten. Die Höhe des Ausgleichsbetrags solle alle drei Jahre neu berechnet werden. Bei gleicher Risikobelastung könne er nach der Ansicht der Fachleute auf null sinken. Rainer Woratschka

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