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Die Angeklagten im Kriegsverbrecher-Hauptprozess: In der zweiten Reihe sitzen (v.l.) Hermann Göring, Rudolf Hess, Joachim von Ribbentrop, Wilhelm Keitel, Alfred Rosenberg und Hans Frank. In der hinteren Reihe sind (von links) die Angeklagten Karl Dönitz, Erich Räder, Baldur von Schirach, Fritz Sauckel und Alfred Jodl zu sehen. Die Verteidiger sitzen vor den Angeklagten.

© dpa

Urteile gegen Nazis in Nürnberg 1946: "Element der Menschheitsgeschichte"

In Nürnberg begann am 30. September 1946 die Verkündung der Urteile gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher. Tagesspiegel-Gründer Erik Reger schrieb dazu diesen Leitartikel.

Als vor mehr als zehn Monaten die Verhandlungen in Nürnberg begannen, griff die Verteidigung sofort die rechtliche Grundlage der Anklage an. Es lag für sie um so näher, als dies in der Tat die schwächste Stelle in der Organisation des Welttribunals ist, - freilich in ganz anderer Hinsicht, als es die Erklärung der Verteidiger erkennen lassen wollte.

Nicht etwa, weil hier Einzelpersonen für Staatshandlungen zur Rechenschaft gezogen wurden, nicht etwa, weil dieses Prozeßverfahren sich auf ein "nach der Tat geschaffenes" Strafrecht stützte, sondern weil der ganze Vorgang von der Festnahme der Verantwortlichen bis zu ihrer Aburteilung "ohne Beispiel in der Welt Geschichte" ist - darum liegt für viele darin etwas so Unbegreifliches, so Unvorstellbares, daß sich Anhaltspunkte wenn nicht für eine Opposition, so doch für Anzweifelungen und Einwände ergaben, die gelegentlich in einer ganzen Reihe von Ländern laut geworden sind und ebenso viele Widerlegungen gefunden haben.

[Dieser Leitartikel erschien am 1. Oktober 1946 im Tagesspiegel, der ein Jahr zuvor in Berlin mit amerikanischer Lizenz gegründet worden war.]

Man darf dabei zunächst davon absehen, daß der Vorwurf, hier werde über Taten zu Gericht gesessen, die zur Zeit ihrer Begehung nicht mit Strafe bedroht gewesen seien, mindestens auf jene Anklagepunkte nicht zutrifft, in denen ganz gewöhnliche und gemeine Verbrechen nachgewiesen werden konnten. 

Man darf davon absehen, weil der Teil der Anklage, der sich mit anderem, nämlich dem Verbrechen gegen den Frieden, befaßt, der wesentlichere ist. Er hat nämlich nichts mehr mit Jurisprudenz zu tun, sondern ist ein Element der Menschheitsgeschichte.

Was auf dem Spiel steht

Man hätte sich vor prinzipiellen Einwänden bewahren können, indem man diesen Punkt nicht in die Anklage einbezog. Daß es nicht geschah, ist nicht deshalb von Bedeutung, weil das Nürnberger Gericht sonst ein reines Kriminalgericht geworden wäre, sondern weil etwas mehr auf dem Spiele steht als eine Anklage, die zur Verurteilung ausreicht.

Die Verteidiger haben am 21. November 1945 darauf hingewiesen, daß vor diesem Prozeß niemals daran gedacht worden sei, "Staatsmänner, Generale und Wirtschaftsführer wegen Anwendung von Gewalt anzuklagen, geschweige denn sie vor einen internationalen Strafgerichtshof zu stellen".

Damit haben sie zugegeben, obwohl sie von "Juristen und Staaten" sprechen, daß in erster. Linie die Weltgeschichte und nicht die Geschichte der Rechtsprechung involviert ist. Um so erstaunlicher ist es, daß sie dann fortfuhren: "Soweit es sich um Verbrechen gegen den Frieden handelt, hat daher der gegenwärtige Prozeß keine gesetzliche Basis im internationalen Recht."

Klimax des Frevels

Logisch wäre es zu sagen: "Gerade deshalb kommt es nicht darauf an, ob der gegenwärtige Prozeß auf einem bereits angewandten Strafgesetz beruht." Denn das, was im gottlob kurzen Zeitalter des Nationalsozialismus geschehen ist, ist so revolutionär gegenüber dem baren sittlichen Empfinden, auf das sich alles menschliche Zusammenleben gründet, ist so vermessen gegenüber jeder Art von Gesetz, ist so umstürzlerisch gegenüber allen Prinzipien, durch die im unermüdlichen Ringen der größten und verehrtesten Geister die Menschheit fortgeschritten ist, ist eine solche Versuchung Gottes, so ungeheuerlich in seiner moralischen Verderbnis und eine solche Zurückwerfung auf die barbarischste Urstufe, daß es notwendig auch alle Anschauungen revolutionieren mußte, die bisher im Hinblick auf Sühne Gültigkeit hatten.

Dieser Klimax des Frevels verbietet überhaupt jede Frage nach Gesetzesartikeln. Hitler und die Seinen waren es, die die Menschheit in einen Ausnahmezustand versetzt haben. Es wäre ein Schlag gegen die Gerechtigkeit und das Rechtsgefühl selbst, wenn anders als aus diesem Ausnahmezustand heraus mit ihnen verfahren würde.

Tagesspiegel-Gründer Erik Reger (1893 - 1954).
Tagesspiegel-Gründer Erik Reger (1893 - 1954).

© Tsp-Archiv

Vielleicht wäre, hätten schon Napoleon und seine Marschälle vor einem Welttribunal gestanden, das heutige nicht nötig gewesen. Aber es mußte eben erst zu einer, derartigen, Überdimensionierung des Unrechtes kommen, ehe die Weltgeschichte reif war, zu dem entscheidenden Gegenschlag auszuholen, sich über alles hinwegzusetzen und ein Exempel zu statuieren.

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Auch jetzt waren ihre Vollstrecker, die Richter von Nürnberg, die ihr Amt nur formell von der Machtvollkommenheit der Sieger haben, weit davon entfernt, die Willkür walten zu lassen, die bei den Angeklagten die Regel war. Eine spätere Generation wird ermessen, wie bedeutsam es war, daß der Nürnberger Gerichtshof fast ein Jahr auf diesen Prozeß verwandte, und wie sehr er diese Zeit nicht vergeudet, sondern genützt hat.

Eine spätere Generation wird sich auch bewußt werden, einen wie großen Dienst die so viele Zeitgenossen befremdende Methodik des Prozesses dem tieferen Rechtsgedanken geleistet hat, der jenseits aller juristischen Maximen liegt und sie an Zukunftsträchtigkeit ebensosehr übertrifft, wie sie hinter dem Verständnis und der Würdigung dieser für die Weltgeschichte einzigartigen Stunde zurückbleiben.

Was in die Ferne wirkt

In wenigen Stunden wird man wissen, welches Schicksal die einzelnen Angeklagten erwartet. Man wird sich dafür interessieren, aber dieses Interesse ist ein Bedürfnis der Gegenwart. Die Schuldigen zum Tode verurteilen heißt dem Bewußtsein Genüge tun, daß sie niemals hätten leben dürfen.

In die Ferne Wirken wird allein die Begründung, die dem Urteil gegeben wird. Von ihr hängt es ab, ob der Ausnahmezustand all dieser Jahre der letzte war. Durch sie wird bestimmt, ob das unter diesem Ausnahmezustand geschaffene Recht für fernere Geschlechter bindend sein kann. Mit ihr beantwortet sich die Frage, ob die Menschheit nun wieder zu ihren alten unverbrüchlichen, in langer Lehrzeit wohlerwogenen und wohlbegründeten Grundsätzen der Rechtsprechung zurückkehren darf.

Die Hauptangeklagten. Hermann Göring, Rudolf Heß, Joachim von Ribbentrop und Wilhelm Keitel am 13. Februar 1946. Foto: dpa
Die Hauptangeklagten. Hermann Göring, Rudolf Heß, Joachim von Ribbentrop und Wilhelm Keitel am 13. Februar 1946. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Aber dies ist nur die eine Seite des Stadiums der Liquidation, in das wir eingetreten sind. Wir haben gesehen, in welchem Maße die ganze Welt nicht allein passiv, sondern auch aktiv davon berührt wird, wenn ein Land sich dem Totalitarismus bis zur letzten, viehischsten Konsequenz verschreibt.

Je mehr irgendwo von einem übergeordneten Willen einem Teile der menschlichen Gesellschaft Gesetze auferlegt werden, die den Bestand der gesamten Gesellschaft gefährden, desto mehr werden die Gesetze dort, wo man daran festhält, daß sie sich aus eigener Kraft innerhalb der Gesellschaft entwickeln müssen, in ihrem Kern sich dem Fremdkörper angleichen, der alles zu vergewaltigen droht.

So entstanden selbst In Ländern, in denen die Freiheit eine ebensolche Lebensbedingung war wie das tägliche Brot, auf manchen Gebieten Zwangssysteme, die nun genau so systematisch wieder abgebaut werden müssen, wie sie aufgebaut wurden.

[Eine Themenseite zu Tagesspiegel-Gründer Erik Reger finden Sie hier.]

Die Systematik jedoch steht nicht nur im Zusammenhang mit der Behutsamkeit, die angesichts der noch prekären Weltlage, hauptsächlich in wirtschaftlichem, aber auch in politischem Betracht geboten ist; ihre Schwierigkeiten resultieren außerdem aus der Verflechtung der Zwangssysteme mit der von ihnen gezeugten Bürokratie, die das Feld nicht kampflos räumen möchte, und ferner aus dem Massendenken, das die Zwangssysteme dermaßen gefördert haben, daß sogar klarere Köpfet davon infiziert sind.

Eine weitere Gefahr bildet die Neigung, alle Probleme einer Untersuchung vom Oekonomischen her zu unterwerfen. Die geltenden Werte der Freiheit und Humanität lassen sich weder durch die sozialistische Auffassung noch durch den wirtschaftlichen Liberalismus allein verbürgen.

Entgegenstehende Zwangssysteme

Wenn man mit allem Nachdruck auf der Wiederherstellung der vollen Handels- und Gewerbefreiheit, auf der Achtung des Eigentumsrechtes und der Abschaffung der Staatswirtschaft genau so wie auf der Beseitigung privater Trusts und Kartelle besteht, so geschieht es nicht zu einem wirtschaftspolitischen Selbstzweck. Es geschieht aus der Erkenntnis, daß durch die entgegenstehenden Zwangssysteme Menschlichkeit und Menschenwürde insofern bedroht sind, als sie infolge ihrer Machtanhäufung zum Mißbrauch der Macht geradezu herausfordern.

Diejenigen, die Hitler zur Strecke brachten, konnten es nicht, ohne gewisse totale Methoden zu übernehmen. Nach Lage der Dinge war es unabänderlich. Was aber, verhindert werden kann, ist das Abgleiten in die atmosphärische Hülle des Totalitarismus. Dies wiederum wäre unabänderlich, falls irgendwo eine Kriegsmaßnahme freiwillig auch nur einen Tag länger beibehalten würde, als es die Systematik der Liquidation erfordert.

Ausriss der am 1. Oktober 1946 erschienenen Leitartikelseite des Tagesspiegels zum Urteil von Nürnberg. Das Kürzel "rg." steht für Tagesspiegel-Gründer Erik Reger.
Ausriss der am 1. Oktober 1946 erschienenen Leitartikelseite des Tagesspiegels zum Urteil von Nürnberg. Das Kürzel "rg." steht für Tagesspiegel-Gründer Erik Reger.

© Abbildung: Tsp-Archiv

Es wäre widersinnig und würde sich furchtbar rächen, wenn der Wille zur Freiheit ebenfalls nur eine unter dem intensiven und nahen Druck der Hitlerbarbarei zustande gekommene Ausnahmeerscheinung gewesen wäre. Denn eines darf man auch in diesem mechanistischen Jahrhundert nicht vergessen: der Mensch ist von Hause aus ein privates und kein öffentliches Wesen.

Ihn zum bloßen Werkzeug einer Ideologie erniedrigen heißt ihn selber in Frage stellen, heißt den Sinn der Kultur verkehren, heißt statt des inneren Zwanges zur Verantwortung die feindlichen Instinkte der Unverantwortlichkeit fördern.

[Zitate und Artikel, auch von anderen Autoren aus den Gründungsjahren des Tagesspiegels, twittern wir über unseren Account @Erik_Reger.]

Die Wirtschaftstheorien, an so hervorragender Stelle sie heute im politischen Tagesstreit stehen, sind unter vielen ein sinnfälliger Ausdruck für den Charakter der größeren Auseinandersetzung zwischen Sklaverei und Persönlichkeitsbegriff sinnfällig überhaupt nur darum, weil sie an dem heute sichtbarsten Beispiel die Gegensätze zwischen Erörterung und Geschrei, Erziehung und Beeinflussung, Aufklärung und Befehl zu zeigen und damit zur Entscheidung aufzurufen vermögen.

Wie man in Deutschland denjenigen, die hämisch bemerken, wir hätten jetzt doch nicht etwa demokratische Zustände, gelassen erwidern muß, daß das niemand behaupten oder in einem okkupierten Lande auch nur erwarten dürfte, daß aber jetzt Schritt für Schritt die Voraussetzungen einer künftigen demokratischen Verfassung und Verwaltung wachsen sollen, so lautet die Antwort auf die ungeduldige Frage der Welt, wo denn jetzt allenthalben die verheißene Freiheit bleibe: auch zwischen Unfreiheit und Freiheit schiebt sich naturgemäß das Stadium der Liquidation.

Der Uebergang kann gar nicht von außen, er kann einzig von innen vollzogen werden. Das Ende der Gewaltakte bedeutet erst die Möglichkeit der Freiheit, und ob sie Wirklichkeit wird, richtet sich danach, wieviel eigener Freiheitswillen in der Welt sich bildet.

Fuß auf der Gasse, Blick in den Sternen

"Der Mensch", sagte Jakob Burckhardt, "sobald er aus der Barbarei auftaucht, verlangt neben dem Staatswesen und der Öffentlichkeit noch ein besonderes Dasein, ein ungestörtes Heim und einen unabhängigen Kreis von Gedanken und Gefühlen." Das ist das, was wir oben schon andeuteten. Vieles von dieser Forderung erscheint anderthalb Jahre nach dem Kriege noch als Utopie.

Die Forderung jedoch ist unabdingbar, und nicht nur der Staatsmann, sondern jeder einzelne von uns sollte bei allem, was er denkt, plant und unternimmt, wie weiland Wilhelm Raabe den Fuß auf der Gasse und den Blick in den Sternen haben, er sollte die Beschränktheiten der Stunde ebenso berücksichtigen wie das Verlangen, daß die Schranken zu einer anderen Stunde fallen müssen, sollte im Rahmen der heutigen Bedingungen hartnäckig dem Morgen zusteuern wollen, das andere Bedingungen kennt, und nichts tun, wofür er sich in späteren Tagen nicht zu rechtfertigen wüßte, ja, er sollte, was er tut, so tun, daß ihm dann das denkbar geringste Maß an Rechenschaftsbericht auferlegt werden kann.

Es scheint, daß hier manche Ursache heutiger Fehlschlüsse liegt. Die Kölner Parteikonferenz der SPD wäre, hätte sie sich alle Zusammenhänge klargemacht, vielleicht zu einem anderen Ergebnis gekommen als zu der Drohung, ihre Mitglieder aus verantwortlichen Posten zurückzuziehen, falls sich die Politik der Besetzungsmächte nicht ändere.

Die Politik der Besetzungsmächte mag richtig oder falsch sein - die Politik der Parteien ist es ebenso. Das verschulden ganz einfach die Umstände, unter denen nach geschichtlichen Perspektiven die Hitlersche Konkursmasse liquidiert werden muß.

Die "demokratische Kontrolle" der Zweizonenverwaltung, also die Entsendung von Vertretern der Parteien in die Fachausschüsse nach der bei den bisherigen Wahlen bewiesenen Stärke, ist einer der Kölner Punkte, die definieren sollen, was unter einer "Änderung der Politik der Besetzungsmächte" zu verstehen sei.

Weiterer Verelendung entgegenwirken

Uns scheint hier das Pferd beim Schwanze aufgezäumt zu sein. Bei der wirtschaftlichen Vereinigung der amerikanischen und britischen Zonen handelt es sich vor allem darum, möglichst rasch, gründlich und praktisch - nicht bloß propagandistisch - der weiteren Verelendung entgegenzuwirken.

Wenn dafür von allen Parteien die besten Männer präsentiert werden können, so wird man eines weiteren Vorzuges teilhaftig; wo nicht, muß man sich damit begnügen, daß es die besten sind. Damit fällen wir kein Urteil über die jetzige Besetzung der Zweizonenämter und die Zusammensetzung der Exekutive; soweit wir sehen, hat die Sozialdemokratie auch nicht öffentlich bekanntgegeben, wen sie als Anwärter zu benennen gedächte.

Wir stellen daher hier nur das Prinzip fest. Wir sind dazu um so mehr berechtigt, als wir wiederholt dargelegt haben aus welchen Gründen das Parteileben vorläufig völlig irreal ist.

Wahrscheinlich würde eine deutsche Gesamtregierung unter der gleichen Irrealität leiden, wenn sie, worauf im großen und ganzen das Begehren der Parteien zielt, jetzt schon gebildet würde. Der Vorschlag von Byrnes kommt uns, ebenfalls unter dem Gesichtspunkte der Liquidation, weit realer vor, weil er den Übergangscharakter wahrt und der Vorbereitung, nicht dem Endgültigen, dienen will.

Je langsamer die Dinge sich in dieser Beziehung entwickeln, desto besser. Wenn wir nach Österreich blicken, so erhalten wir eigentlich für eine Beschleunigung recht wenig Ermutigung. Es gewinnt mehr und mehr den Anschein, als trieben die Verhältnisse dort in einer Richtung, die an das Deutschland von 1920 erinnert; die Innsbrucker Demonstration gegen den Außenminister Gruber gibt zu denken.

Eine parlamentarisch verantwortliche deutsche Gesamtregierung sollte nicht früher ins Auge gefaßt werden, als bis das Stadium einer Liquidation, die besser unter der vollen Autorität der Okkupationsmächte erfolgt, einigermaßen überwunden ist. Für sie wäre ein folgenschweres Odium, was für die Okkupationsmächte keines ist.

Daß aber jeder einzelne Schritt klug in die Bahn gelenkt wird, auf der eine klar konzipierte spätere Konstitution sich bewegen kann, ist andererseits unerläßlich. Im allgemeinen spricht das meiste von dem, was gegenwärtig vorgeht, dafür und nicht dagegen, daß es so ist.

Wann eine Verfassung brauchbar ist

Eines allerdings muß man wissen: keine Verfassung ist für Deutschland brauchbar, die nicht das Recht des Bürgers vor das Recht des Staates setzt. Keine Verfassung ist brauchbar, die nicht den Bürger gegen jeden staatlichen Eingriff in seine private Sphäre schützt.

Keine Verfassung ist brauchbar, die nicht die private Sphäre (freie Wahl des Arbeitsplatzes, Eigentum, Gewerbefreiheit, Kindererziehung und so fort) genau bestimmt.

Keine Verfassung ist brauchbar, die nicht die Bürgerrechte unantastbar macht und etwas Ähnliches enthält wie die amerikanische Verfassung nach dem Zusatz von 1789: "Der Kongress darf kein Gesetz erlassen, das die Einführung einer Religion oder die Beschränkung der freien Ausübung einer solchen betrifft; auch keines, das die Rede- und Preßfreiheit oder das Recht des Volkes verkürzen würde, friedliche Versammlungen abzuhalten oder bei der Regierung behufs Abstellung von Mißständen vorstellig zu werden."

Erik Reger

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