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Politik: Versöhnungsversuche in Istanbul

Pakistan und Afghanistan vor schwierigem Gipfel

Die Besetzung ist hochkarätig, wenn am heutigen Mittwoch in Istanbul über eine Versöhnung der zerstrittenen Nachbarn Afghanistan und Pakistan verhandelt wird: Die Präsidenten von Türkei, Afghanistan und Pakistan sowie Außenminister von mehr als 20 weiteren Staaten – darunter auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle – kommen zu einer Regionalkonferenz zusammen. Nur die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton sagte ihre Teilnahme wegen einer Erkrankung ihrer 92-jährigen Mutter kurzfristig ab. Zuvor hatten die Staatschefs Abdullah Gül, Hamid Karsai und Asif Ali Zardari sowie die Militärchefs und wichtigsten Minister Pakistans und Afghanistans am Dienstag bereits einen trilateralen Gipfel abgehalten, den sechsten seiner Art.

Die Hoffnungen auf einen Durchbruch bei den Treffen, bei denen prioritär ein Programm vertrauensbildender Maßnahmen vereinbart und der Bonner Afghanistan-Gipfel im Dezember vorbereitet werden soll, sind indes gering: Die derzeitige Lage in Afghanistan sei „nicht die beste“ für die Friedensbemühungen, sagte ein türkischer Diplomat am Rande der Verhandlungen am Dienstag. Schon kleinste Schritte der Annäherung zwischen Kabul und Islamabad wären angesichts des Dauerstreits der jüngsten Zeit ein Erfolg, sagte ein anderer Diplomat.

Das scheint bei einem Blick in die Region noch weit untertrieben: Ende September wurde der afghanische Friedensunterhändler Burhanuddin Rabbani bei einem Anschlag getötet, der nach Angaben der afghanischen Regierung von einem pakistanischen Selbstmordattentäter verübt wurde und auch in Pakistan geplant worden war. Kabul wirft Islamabad zudem vor, eine Zusammenarbeit bei den Ermittlungen zu verweigern. Pakistan, bis zum Sturz der Taliban 2001 der wichtigste Unterstützer der radikal-islamischen Miliz in Afghanistan, sieht sich außerdem aus Kabul und Washington dem Vorwurf ausgesetzt, die Aufständischen im Nachbarland auch von staatlicher Seite aktiv zu unterstützen – und reagiert darauf gereizt: Angesichts der vielen Opfer, die sein Land im Kampf gegen den Terrorismus bringe, habe niemand das Recht, die Entschlossenheit und die Motive Pakistans anzuzweifeln, sagte Pakistans Staatschef Zardari der türkischen Zeitung „Hürriyet“.

Die türkischen Gastgeber hoffen dennoch, dass sowohl der Gipfel als auch das Regionaltreffen handfeste Vereinbarungen hervorbringen werden. Die Türkei will – neben den vertrauensbildenden Maßnahmen – dabei zumindest ein „bescheidenes Kooperations-Protokoll“ durchsetzen. Türkische Diplomaten waren sich am Rande des Treffens aber nicht sicher, ob das gelingen würde. Pakistanischen Widerstand gibt es offenbar auch gegen das Vorhaben, die Nachbarn auf das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten Afghanistans festzulegen.

Sollten die Unterredungen am Bosporus ohne greifbares Ergebnis bleiben, wäre dies auch ein herber Rückschlag für den Anspruch der Türkei, als Führungsmacht in der Region bei der Entschärfung von Konflikten mitzuwirken. In den vergangenen Jahren waren bereits türkische Vermittlungsbemühungen im Streit um das iranische Atomprogramm gescheitert. Zehn Jahre nach dem Beginn des Krieges am Hindukusch werden deshalb schon kleinste Schritte – wie etwa die Teilnahme beider Parteien an den Gesprächen – als Erfolg gewertet. Selbst im besten Fall seien aber keine raschen Ergebnisse zu erwarten.

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