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Vorwürfe gegen Wowereit: Was dürfen Politiker?

Politiker stehen – erst recht seit der Wulff-Affäre – unter strenger Beobachtung, ob sie Dienstliches und Privates vermischen oder Vorteile annehmen. Es gibt Regeln, aber nicht für alles.

Hätte er doch besser geschwiegen. Ein „feiner Kerl“, sagt Klaus Wowereit, sei der Eventmanager Manfred Schmidt. So etwas sagt jemand, der den Beschriebenen gut kennt, ihm vertraut und der ein gutes Wort für ihn einlegen will. Schmidt kann es gebrauchen, gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdachts. Jetzt könnte Wowereit ein gutes Wort gebrauchen, weil er wegen seiner Kontakte zu Schmidt unter Druck steht. Stattdessen gibt es Vorwürfe und Empörung an die Adresse der Kritiker.

Kein guter Anfang. Er erinnert an den Beginn einer anderen Affäre, die um Christian Wulff. Auch da ging es unter anderem um Urlaube. Wulff hatte davon in sieben Jahren 89 Tage „mit Freunden unter gemeinsamem Dach“ verbracht. Wie viele es bei Wowereit waren, hat dieser noch nicht dargelegt, niemand kann ihn dazu zwingen. Wulff dagegen hatte sich sein Transparenzgelübde selbst auferlegt. Jetzt sammelt die Staatsanwaltschaft Hannover Beweise, um ihn wegen Vorteilsannahme anzuklagen. Aus diesem Fehler wird Wowereit lernen.

Auch Wowereit war zu Gast bei Manfred Schmidt, so wie Wulffs früherer Sprecher Olaf Glaeseker, gegen den ebenfalls ermittelt wird. Es war nur ein kurzer Aufenthalt, und Wowereit spricht nicht von einem Freund, sondern von einem Bekannten. Geschäftliche Beziehungen zu ihm hätten nicht bestanden.

Für Mitglieder der Landesregierung gibt es in Berlin keine ausdrücklichen Regelungen zum Umgang mit Geschenken. Anders als für Beamte: Diese dürfen keine Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihr Amt annehmen, heißt es im Gesetz. Nach den einschlägigen Richtlinien umfasst das „Vorteile aller Art, auch solche von geringem Wert“. Kleine Aufmerksamkeiten oder die übliche Bewirtung bei Veranstaltungen sollen erlaubt sein, doch auch dies gilt als zustimmungspflichtige Ausnahmeregelung.

Beamte, die dem zuwiderhandeln, machen sich eines Dienstvergehens schuldig und können disziplinarisch belangt werden. Haben sie den Vorteil „für die Dienstausübung“ angenommen, droht zudem eine Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme. Private Einladungen sollen dadurch nicht verhindert werden. Fest steht, auch ein Bürgermeister Klaus Wowereit darf wie ein Beamter bei Bekannten unentgeltlich übernachten oder sich ins Restaurant einladen lassen. Wissen die Betroffenen, dass ihr Umfeld allerdings Interesse daran hat, mit der Verwaltung ins Geschäft zu kommen, sollte man lieber Nein sagen – oder selbst zahlen.

Wowereits Reisen waren schon häufiger Thema, zumal wenn er für seinen Job als Bürgermeister Urlaube unterbrach. Dann verwies er auf das Bundesreisekostengesetz und den amtlichen Charakter seiner „Dienstgeschäfte“. Offiziell einladen lassen darf sich ein Bürgermeister. Er muss nur seine Grenzen kennen.

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