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Mit Kurzarbeit durch die Krise. Wie beim Autobauer BMW geht es in der ganzen Branche wieder aufwärts. Schon wird über kürzere Werksferien nachgedacht. Foto: dpa

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Politik: Wenn Sparen teuer wird

In der Bundesagentur für Arbeit gibt es Zweifel, ob die beschlossenen Kürzungen wirklich effektiv sind

Berlin - Während in Teilen der Regierung schon wieder über Steuersenkungen debattiert wird, weil sich die Einnahmen der Regierung leicht verbessert haben, geht anderswo die Diskussion über das geplante Sparpaket weiter. Und dabei stellt sich bei vielen Bestandteilen des Konzepts die Frage, wie viel Geld die Beschlüsse der Sparklausur tatsächlich einbringen werden, wie zum Beispiel die umfangreichen Kürzungen im Arbeitsetat. Allein 2011 sollen die Arbeitsagenturen 1,5 Milliarden Euro dadurch sparen, dass Pflichtleistungen, auf die Arbeitslose einen Rechtsanspruch haben, in Ermessensleistungen umgewandelt werden. Bis 2014 sollen dadurch insgesamt zehn Milliarden Euro weniger ausgegeben werden. Doch ob sich das umsetzen lässt, ist ungewiss.

Die geplanten Kürzungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik stoßen auch in den Wirtschaftsverbänden auf Widerstand. Der Arbeitgebervertreter im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit (BA), Peter Clever, äußerte sich im Gespräch mit dem Tagesspiegel skeptisch, dass sich im kommenden Jahr 1,5 Milliarden bei den Maßnahmen einsparen lassen. Globale Sparvorgaben für den Haushalt hält Clever nicht für sinnvoll. „Wenn wir uns nur nach haushalterischen Vorgaben richten, kann das Sparen teuer werden, wenn wir am Ende mehr Arbeitslose oder längere Arbeitslosigkeit haben“, warnt Clever, der zugleich Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Arbeitgeberverbände ist. Bei der Aufstellung des Haushaltes für 2011 werde der Verwaltungsrat die Ausgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik einplanen, „die wir für notwendig halten, um für den Arbeitsmarkt das Optimum nach Wirkung und Wirtschaftlichkeit zu erreichen“, sagt Clever.

Die Bundesagentur gibt in diesem Jahr 12,4 Milliarden Euro für Pflichtleistungen aus. Jeder vierte Euro (rund drei Milliarden) fließt dabei in das Kurzarbeitergeld, mit dem in der Krise Entlassungen verhindert werden sollen. Dieses Instrument in eine Ermessensleistung umzuwandeln, hat jedoch wenig Sinn. Der zweitgrößte Posten ist die berufliche Rehabilitation mit gut 2,3 Milliarden Euro: Darüber werden unter anderem behinderte Menschen unterstützt, ihre Arbeitsfähigkeit zu verbessern und dadurch einen Job zu finden. Dass die Koalition diesen Bereich antastet, gilt als ausgeschlossen. „Was wir auf jeden Fall ausnehmen wollen, ist der Bereich der Behinderten“, versichert der CDU-Arbeitsmarktexperte Karl Schiewerling.

Weitgehend verschont bleiben dürfte auch die Förderung der Berufsausbildung, für die derzeit rund eine Milliarde Euro ausgegeben wird. Damit werden unter anderem Auszubildende unterstützt, die nur schlecht Deutsch sprechen oder Defizite beim Fachwissen haben – und die ohne Förderung ihre Lehre nicht schaffen würden. Dass es beim Gründungszuschuss (rund 1,6 Milliarden Euro), mit dem Arbeitslose beim Gang in die Selbstständigkeit gefördert werden, zu nennenswerten Kürzungen kommt, gilt auch als unwahrscheinlich.

Bleiben kleinere Posten, wie die Vermittlungsgutscheine (50 000 Euro) oder der nachträgliche Erwerb eines Hauptschulabschlusses (8000 Euro), den auch BA-Verwaltungsrat Clever für überflüssig hält. Doch selbst wenn es hier keinen Rechtsanspruch mehr geben sollte, heißt das noch lange nicht, dass kein Geld mehr ausgegeben wird. „Die BA wird auch so jeden Jugendlichen unterstützen, der das Potenzial und den Willen hat, seinen Schulabschluss nachzuholen“, versichert Clever.

Das Vorhaben der Bundesregierung, den Vermittlern vor Ort mehr Ermessensspielraum einzuräumen, unterstützt Clever zwar, warnt aber vor übertriebenen Erwartungen. „Natürlich gibt es da auch Einsparpotenziale, aber vor allem geht es darum, dass die Vermittler die Instrumente flexibler verwenden können.“ Um die Arbeitsvermittlung effizienter zu machen, will die Koalition im kommenden Jahr nicht nur über Pflicht- und Ermessensleistungen entscheiden, sondern auch die Zahl der arbeitsmarktpolitischen Instrumente weiter reduzieren, die derzeit bei rund 55 liegt. Inkrafttreten sollen die Änderungen jedoch erst 2012.

Das größte Sparpotenzial erhoffen sich die Koalitionäre ohnehin von einer positiven Konjunkturentwicklung. Dann melden weniger Unternehmen Kurzarbeit an. Und bei sinkenden Arbeitslosenzahlen müssen die Arbeitsagenturen auch weniger Maßnahmen finanzieren. Arbeitgebervertreter Clever jedenfalls appelliert an die Politik, mehr Vertrauen in die Bundesagentur für Arbeit zu haben. „Die Zeiten, in denen Geld verbrannt wurde, sind längst vorbei. Wenn Geld zur Verfügung steht, aber nicht sinnvoll investiert werden kann, bleiben Haushaltsansätze auch unausgeschöpft.“

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