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Politik: Zypern droht der Ramsch-Status

Ratingagenturen senken die Kreditwürdigkeit, der Zentralbankchef warnt, die Regierung geht: Die Inselrepublik rutscht in die Krise

Gerade erst scheint Griechenland vor dem drohenden Staatsbankrott gerettet, da gerät das benachbarte Zypern in Not. Nachdem eine Ratingagentur diese Woche die Kreditwürdigkeit der Inselrepublik drastisch herabstufte, kämpft der kommunistische Staatspräsident Dimitris Christofias mit einer Regierungskrise. Die Finanzlage verschlechtert sich dramatisch. Zyperns Zentralbankchef Athanasios Orfanides warnt bereits, das Land brauche wahrscheinlich Finanzhilfen der Euro-Zone.

Am Donnerstag legten alle Minister der Regierung im griechischen Süden der Insel geschlossen ihre Ämter nieder. Präsident Christofias hatte um die Rücktritte gebeten, nachdem tags zuvor sein Juniorpartner, die Diko-Partei, die im Februar 2008 gebildete Koalition aufgekündigt hatte. Im Mittelpunkt des Koalitionsstreits steht die zunehmend prekäre Wirtschafts- und Finanzlage der Insel, deren Süden Anfang 2008 in die Euro-Zone aufgenommen wurde. Bereits im Februar hatte die Ratingagentur Moody’s Zyperns Kreditwürdigkeit um zwei Stufen heruntergesetzt. Begründung: Die Regierung bekomme die Staatsausgaben nicht in den Griff. Wachsende Risiken sah die Agentur auch wegen der engen Verflechtung des zyprischen Finanzsektors mit dem Krisenstaat Griechenland: Die beiden größten Kreditinstitute der Insel, die Bank of Cyprus und die Marfin Bank, haben rund 40 Prozent ihrer Darlehen in Griechenland vergeben und halten griechische Staatsanleihen im Wert von 4,9 Milliarden Euro.

Am Mittwoch stufte Moody’s Zypern erneut um zwei Noten auf die Bewertung „Baa1“ herunter. Die Kreditwürdigkeit liegt damit nur noch drei Stufen über dem Ramsch-Status. Die Agentur reagiert damit auf das schwere Explosionsunglück vom 11. Juli: An jenem Tag flogen auf einer Marinebasis fast 100 Container mit beschlagnahmter Munition aus dem Iran in die Luft. Bei der Explosion starben 13 Menschen, und sie zerstörte das größte Kraftwerk der Insel, aus dem die griechischen Zyprer rund die Hälfte ihrer Elektrizität bezogen. Jetzt muss der Strom für große Teile der Insel immer wieder abgeschaltet werden. Inoffizielle Schätzungen beziffern die Schäden des Unglücks auf 3,5 Milliarden Euro. Das entspräche einem Fünftel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) oder 43 Prozent des Staatshaushalts. Die Katastrophe dürfte das Haushaltsdefizit, das 2010 bereits mit 5,3 Prozent vom BIP über den Vorgaben des EU-Stabilitätspaktes lag, weiter wachsen lassen. Umso dringlicher wäre es, jetzt auf Sparkurs zu gehen. Aber Staatschef Christofias, ein noch in der Sowjetunion geschulter Kommunist, der 2008 als Kandidat der „Aufbaupartei des werktätigen Volkes“ die Präsidentschaftswahl gewann, zögert. Er scheut Konflikte mit den auf Zypern mächtigen Gewerkschaften. Am Dienstag hatten Vertreter aller Parlamentsparteien mit Finanzminister Charilaos Stavrakis über einen gemeinsamen Sparkurs verhandelt. Doch das Treffen endete in einem Fiasko: Teilnehmer berichten, der Finanzminister habe auf Weisung des Staatspräsidenten Sparmaßnahmen, auf die man sich erst in der Woche zuvor geeinigt habe, wieder zurückgenommen. Daran zerbrach die Regierungskoalition.

Christofias kommt wegen des verheerenden Unglücks zunehmend in die Kritik. Fachleute von Feuerwehr und Militär hatten immer wieder auf die akute Explosionsgefahr hingewiesen. Die Regierung schlug die Warnungen jedoch in den Wind. Kritiker werfen dem Altkommunisten Inkompetenz und ideologische Verblendung vor. Zehntausende Demonstranten forderten in den vergangenen Wochen den Rücktritt des Präsidenten, aber Christofias klammert sich an sein Amt. Wann er ein neues Kabinett präsentieren kann, war am Donnerstag noch unklar. Die politischen Turbulenzen bereiten den Analysten Sorgen. Das zunehmend von Streit geprägte innenpolitische Klima gefährde die Umsetzung der notwendigen Sparmaßnahmen, begründet Moody’s die Herabstufung der Bonität des Landes.

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