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Hier noch im Nationaltrikot, bald in der weltbesten Basketball-Liga: Elias Harris.

© dpa

Big Four - die US-Sport-Kolumne: Die Chance ihres Lebens

Für ihre EM-Absage haben die deutschen Basketball-Talente Elias Harris, Dennis Schröder und Tim Ohlbrecht viel Kritik einstecken müssen. Zu Unrecht, findet unser Autor - schließlich bietet sich den dreien eine wohl einmalige Gelegenheit: ein Vertrag in der NBA.

Nach dem peinlichen Aus der deutschen Mannschaft bei der Basketball-EM mussten sogar jene Spieler Kritik einstecken, die gar nicht dabei waren. Sie hätten helfen sollen, warf Bayern-Trainer Svetislav Pesic den drei jungen NBA-Neulingen mit deutschem Pass vor. „Wir haben immer unsere Knochen hingehalten“, schimpfte auch der ehemalige-Nationalspieler Patrick Femerling. Doch man muss Verständnis haben für die Absagen von Dennis Schröder, Elias Harris und Tim Ohlbrecht. Sie stehen vor der größten Chance ihres Lebens.

Es ist ja gar nicht korrekt, wenn zurzeit immer von fünf deutschen NBA-Spielern die Rede ist. Wirklich zu den SPIELERN in der besten Basketball-Liga der Welt zählen eigentlich nur Deutschlands Basketball-Held Dirk Nowitzki und der eingebürgerte Chris Kaman. Schon bei Tim Ohlbrecht lässt sich diskutieren, ob die Erfahrung von insgesamt zwölf Minuten in drei Spielen auf dem NBA-Parkett einen schon zum NBA-SPIELER adeln. Elias Harris und Dennis Schröder sind bislang noch nicht einmal in die Nähe eines echten NBA-Spiels gekommen, die Sommerliga zählt natürlich nicht dazu. Das aber soll sich ändern, und genau deshalb haben die drei Deutschen auf eine Teilnahme an der EM verzichtet.

„Wir konnten das den Jungen nicht versauen“, sagte auch DBB-Präsident Ingo Weiss dem Tagesspiegel. Zwar hätte er gegenüber den Los Angeles Lakers (Elias Harris), Atlanta Hawks (Dennis Schröder) und Philadelphia 76ers (Tim Ohlbrecht) auf eine Abstellungspflicht für die deutsche Nationalmannschaft pochen können, doch das hätte die Chancen der drei gemindert, sich in die jeweiligen Klubs zu spielen. „Dann hätte Elias Harris eventuell seinen Vertrag in L.A verloren“, sagt Ingo Weiss, „das macht man nicht.“

Der DBB-Präsident war vor der EM in die USA gereist, um mit den jeweiligen Klubs zu sprechen. Am freundlichsten ist er dabei von Mike D’Antoni, dem Trainer der Los Angeles Lakers empfangen worden. „Ich bin ein Fan von Nationalmannschaften, ich will, dass die Spieler dort spielen“, sagte der NBA-Coach, „Spieler sind zum spielen da, wenn sie 40 Jahre alt sind, können sie sich die nächsten 30 Jahre ausruhen.“ Mike d’Antoni hat lange Zeit in Italien gecoacht und sogar kurz als italienischer Nationaltrainer gearbeitet, womöglich rührt daher sein Verständnis für europäische Nationalteams. Trotzdem hatte er den DBB gebeten, auf Elias Harris zu verzichten. „Er hat gesagt, dass er sehr viel von ihm hält, aber er brauche noch etwas“, berichtete Ingo Weiss, „bitte lasst ihn mir diesen Sommer.“ 

Weniger Verständnis erntete der DBB-Chef in Atlanta. „Die haben gesagt, der braucht fünf Kilogramm mehr, sonst blasen sie ihn weg“, berichtet Ingo Weiss von seinem Gespräch, „er ist unser zweiter Aufbauspieler, wir wollen ihn hochbringen und wollen euch in Zukunft unterstützen - aber jetzt lasst ihn uns.“ Wie Philadelphia reagiert hat, ist nicht bekannt, jedoch findet Centerspieler Tim Ohlbrecht dort keine einfache Situation vor.

Vor dem Mannschaftstraining, das für fast alle Teams am 1. Oktober beginnt, bilden sich die drei deutschen Spieler bei den Individualtrainern der Klubs fort. „Wir sehen Elias fast täglich“, berichtet Mark Madsen, der bei den Lakers für die Spielerentwicklung zuständig ist. „Er nimmt alle Nuancen an, die Assistenztrainer Dan D’Antoni ihm lehrt“, sagt Madsen gegenüber der Webseite „lakers.com“, „er konzentriert sich darauf  beim Wurf im Gleichgewicht zu bleiben und konstant zu werden.“ Auch arbeite der 24 Jahre alte Flügelspieler, der zuletzt für das US-College Gonzaga spielte, an seinem Zug zum Korb. Elias Harris hatte sich durch gute Leistungen in der Summer League für eine Verpflichtung empfohlen, inzwischen wird er bei den Lakers als eine Investition für die Zukunft gesehen. „In meinen Augen gibt es keinen Zweifel, dass Elias in der NBA spielen kann“, sagt Madsen, „aber das Trainingscamp ist der Ort, an dem jeder sich beweisen muss.“ 

Das gilt auch für die anderen beiden deutschen NBA-Rookies. Zwar scheint Atlanta bereits relativ fest mit Dennis Schröder als zweitem Aufbauspieler zu rechnen, doch kann im Trainingslager noch viel passieren. Sein Agent Ademola Okulaja weiß das nur zu gut, er wurde bei den Utah Jazz als letzter Spieler aus dem Kader geworfen.  

Am schwierigsten dürfte es für Tim Ohlbrecht werden, in das Team der Philadelphia 76ers zu kommen. Er könnte kurioserweise davon profitieren, dass die Verantwortlichen die Saison 2013/14 bereits aufgegeben haben könnten, um beim Draft im kommenden Sommer bessere Chancen zu haben. Der kommende Draft-Jahrgang gilt nämlich als einer der besten der vergangenen Jahre. Die wenig hochkarätigen Spielerverpflichtungen in diesem Sommer lassen zumindest diese Vermutung zu. Die endgültigen Kader für die neue NBA-Saison stehen erst am 28. Oktober fest. Einen Tag später beginnt die neue Saison. Dann weiß man auch, wie viele Deutsche tatsächlich in der NBA spielen.

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