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Hoher Besuch im hohen Haus. Travis Tygart, Geschäftsführer der US-Anti-Doping-Agentur, bei der Rede im Sportausschuss.

© AFP

Debatte zur Arbeit der Nationalen Anti-Doping-Agentur: Armstrong-Jäger Tygart im Bundestag

Er ist der Mann, der Lance Armstrong zur Strecke brachte. Am Mittwoch besuchte der Geschäftsführer der US-Anti-Doping-Agentur Travis Tygart den Deutschen Bundestag - und wurde von den Abgeordneten gefeiert.

Berlin - Travis Tygart hat am Mittwoch eine Ehrenrunde durch den Bundestag gedreht. Die Abgeordneten im Sportausschuss feierten Tygart mit Komplimenten und Glückwünschen, als habe er gerade einen WM-Titel gewonnen. Tatsächlich ist der 41 Jahre alte US-Amerikaner eine Art Weltbestenbesieger, denn er hat als Geschäftsführer der US-Anti-Doping-Agentur (Usada) den erfolgreichsten Radsportler des vergangenen Jahrzehnts zu Fall gebracht, Lance Armstrong. Es waren Tygarts Beweise, die Armstrong letztlich zum öffentlichen Geständnis brachten: Ja, ich habe gedopt.

Hinter Tygarts Einladung in den Bundestag durch die Ausschussvorsitzende Dagmar Freitag steckte wohl vor allem die Sehnsucht, in Deutschland ähnliche Erfolge feiern zu können. Was hat Tygart nur mit Armstrong anders gemacht als die deutsche Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) mit Jan Ullrich? Tygart, ein fast hagerer Mann mit sportlicher Digitaluhr am Handgelenk, erzählte den Abgeordneten also von seinem Kampf gegen Doping: „Wir haben kein einziges Dokument von den staatlichen Ermittlungsbehörden bekommen. Wir müssen auch die Drecksarbeit machen, um die sauberen Athleten zu belohnen.“ Der Erfolg gegen Armstrong sei auf eine lange, diskrete und intensive Recherchearbeit zurückzuführen. 1000 Seiten Papier, 26 Zeugenaussagen. „Man muss Vertrauen gewinnen“, sagte Tygart. Mit Ehrlichkeit habe er bei seinen Zeugen um Ehrlichkeit geworben. Und Sportler wollten nicht ihr Leben lang lügen.

Unterschiede zur Arbeit seiner deutschen Kollegen wollte Tygart nicht herausstellen, er bot der Nada sogar eine engere Zusammenarbeit an. Doch die Unterschiede waren nicht zu überhören. Die Voraussetzung für seine Arbeit sei maximale Unabhängigkeit, sagte Tygart, der 2002 zur Usada kam und 2007 zum Geschäftsführer berufen wurde. Unabhängigkeit etwa von den großen Sportverbänden. Der zehnköpfige Aufsichtsrat der Usada sei mit unabhängigen Persönlichkeiten besetzt, nicht mit Abgesandten der Sportverbände. Im Aufsichtsrat der Nada sind Vertreter aus Politik und organisiertem Sport fast unter sich.

Erfolg in der Dopingbekämpfung scheint nicht nur eine Frage der Dopingkontrollen zu sein, denn Usada und Nada führen im Jahr ähnlich viele Trainingskontrollen durch, gut 8000. Geld hat die Usada dagegen mehr als doppelt so viel zur Verfügung, rund elf Millionen Euro, wovon die Usada auch hervorragend qualifiziertes Personal anwirbt und bezahlt.

Mit seiner Arbeit hat sich Tygart Feinde gemacht. Im Rahmen der Ermittlungen gegen Armstrong bekam er Morddrohungen. „Mein Büro ist mittlerweile nicht mehr für Besucher zugänglich“, sagte er, und dass sich nun auch die amerikanische Bundespolizei FBI um seine Sicherheit kümmere. Neben Tygart saßen im Sitzungssaal Andrea Gotzmann und Lars Mortsiefer aus dem Vorstand der Nada, und während Tygart vom SPD-Abgeordneten Martin Gerster als „mutiger Löwe“ gerühmt wurde, spöttelte Gerster über die „zahmen Kätzchen“ von der Nada.

Zu diesem Eindruck hatte Gotzmann im Bundestag selbst beigetragen durch beleidigte Fragen, warum denn die Nada von staatlichen Behörden nicht auf Augenhöhe wahrgenommen werde. Es gebe manchmal gar keine Akteneinsicht, da könne die Nada nicht weiter ermitteln. Den Vergleich zwischen der Dopingbestrafung gegen Armstrong und der gegen Ullrich, der ständig über der Debatte lag, fand die Nada-Vorsitzende Gotzmann jedoch unfair. „Ullrich ist letztes Jahr vom Cas für zwei Jahre gesperrt worden. Außerdem ist er unter Schweizer Lizenz gefahren.“ Die Nada sei also gar nicht zuständig gewesen, habe aber eng mit den Schweizer Kollegen kooperiert. Um sich allerdings auch einmal feiern zu lassen, fehlt der Nada einfach mal ein großer Sieg.

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