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Huub Stevens

© dpa

Schalke-Trainer Huub Stevens: Der moderne Alte

Mit seinem neuen, alten Verein gewann Schalkes Trainer gegen seinen alten, der beinahe sein neuer geworden wäre: Nach dem 2:1 beim HSV fragt sich der Verein, wieviel Huub Stevens noch in Huub Stevens steckt

So smart, zurückhaltend und verständnisvoll hat man Huub Stevens in Hamburg nie erlebt. „Es tut mir Leid, dass der HSV da unten reingerutscht ist. Aber wenn sie so weitermachen, kommen sie auch wieder raus“, sagte Stevens aufmunternd. Einmal derart auf Schmusekurs zu seinem Arbeitgeber von Februar 2007 bis Juni 2008, zeigte der 57 Jahre alte Fußball-Lehrer sogar Verständnis für das hampelige Hin- und Her der Hamburger um Sportchef Frank Arnesen, die ihm am vergangenen  Montag absagten, weil er mit dem FC Schalke 04 verhandelt hatte: „Ich bin ehrlich und fair gewesen, und der Verein hat eine Entscheidung getroffen. Das war alles professionell. So ist das in der Bundesliga.“ Auf keinen Fall wollte der milde gestimmte Niederländer Öl ins Feuer gießen. Eine besondere sei diese Partie am Sonntagabend schon gewesen, allein deshalb, weil Klubs aufeinandertrafen, für die er „mit Spaß“ gearbeitet habe, wie Steven sagte. Die Pfiffe der HSV-Fans beim Verlesen seines Namens wollte er nicht gehört haben. Und mit Anpfiff sei es dann auch genug gewesen mit den schönen Erinnerungen an Hamburg: „Wo du dich hinsetzt, musst du alles geben – das war der FC Schalke 04.“

Mit seinem neuen, alten Verein gewann Stevens gegen seinen alten, der beinahe sein neuer geworden wäre, 2:1 und schickte den HSV zurück auf Rang 18. Zwei großartige Treffer Huntelaars in der 13. und 73. Minute schenkten Schalke den zweiten Sieg unter Stevens nach dem 3:1 in der Europa League am Donnerstag gegen Maccabi Haifa. Dem HSV genügte das Tor Petrics in der 38. Minute nach Fehler Fährmanns im Gelsenkirchener Tor nicht, um den Aufwärtstrend vom vorvergangenen Freitag beim 2:1 in Stuttgart zu bestätigen – wobei man das nur von der Punktausbeute her sagen kann. Spielerisch und kämpferisch war es die beste Heim-Leistung des HSV in dieser Saison. Die Hamburger traten als stabile Mannschaft auf, die zwischendurch immer wieder mutigen Offensivfußball zeigte. Eigentlich eine gute Werbung für die Zwischenlösung auf der Trainerbank. Doch Rodolfo Cardoso fehlt etwas Entscheidendes, um mehr als nur das Scharnier zwischen Michael Oenning und dem nächsten Coach des HSV zu sein – die Lizenz eines Fußball-Lehrers. 15 Werktage darf A-Schein-Inhaber Cardoso nach den Regeln der Deutschen Fußball-Liga (DFL) als Cheftrainer arbeiten. Diese Frist läuft am Dienstag ab und wird von der DFL höchstwahrscheinlich nicht verlängert. Damit endet Cardosos Zeit als erster Hamburger Übungsleiter – schön blöd, dass nicht nur er es (zweimal) vergaß, sondern auch seine Vorgesetzten im Klub verpasst haben, ihn beim Trainerlehrgang anzumelden. Ein peinliches Versäumnis für einen Klub mit einem derartigen Verwaltungs-Wasserkopf wie der HSV.

Arnesen versprach am Sonntag, dass bei der nächsten Partie in Freiburg ein Trainer mit der notwendigen Lizenz auf der Bank sitzen werde. Arnesen hat sie. Doch er meinte nicht sich. Es läuft auf eine nächste interne Lösung hinaus – Assistent Frank Heinemann darf sich Fußball-Lehrer nennen. Er ist im Klub zwar nie sonderlich in Erscheinung getreten, könnte aber die Notlösung sein, bis der endgültige Cheftrainer gefunden ist. Von der DFL war schon zu hören, dass man solche Strohmann-Lösungen nicht sonderlich schätzt, bliebe doch Cardoso der Boss auf der Bank. Doch lange will man beim HSV ja auch nicht mehr warten, bis man „Mister X“ vorstellt. Ob er nun Morten Olsen, Marco van Basten, Louis van Gaal oder vielleicht doch Ricardo Moniz heißt, der den HSV schon einmal für kurze Zeit trainierte (2010 als Nachfolger Bruno Labbadias, als Vermächtnis Martin Jols, der Moniz 2009 mit nach Hamburg gebracht hatte) – Arnesen wollte keine Rangliste erstellen, gab aber zu, mit den obigen vier Trainern gesprochen zu haben. Von Dieter Hecking sagte er nichts. Den Nürnberger Coach hätte der HSV richtig gern. Doch Kandidaten mit vertraglichen Bindungen scheiden aus.

Beim FC Schalke diskutierten sie derweil, wie viel Stevens noch in Stevens steckt. Schon nach dem Europapokal-Sieg hatte er sich ja sprachlich bemüht, modern zu wirken und als Freund des Angriffsfußballs dazustehen. Eine erstaunliche Wandlung. In Hamburg tauschte er zwar die Offensivspieler Holtby und Farfán gegen die defensiveren Jones und Draxler aus, doch war das von Leistung und Ergebnis her stimmig. Schalke spielte effektiv und ballsicher und schaut in der Tabelle nun nach oben: „Unterhalb der Bayern ist vieles möglich“, sagte Stevens, während Sportvorstand Horst Heldt weniger Zeit für Elogen auf den Trainer hatte – er musste Torwart Fährmann den Rücken stärken. Der hielt am Sonntag genauso schwach wie Drobny beim HSV.

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