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Bernd Trautmann, 86, wurde als Torwart zur Legende.

© ddp

Bernd Trautmann: "Was England geboten hat, war eine Frechheit"

Torwartlegende Bert Trautmann über Englands Keeperproblem und Robert Greens Patzer. Einen Tipp hat der 86-Jährige für seine Nachfolger auch gleich parat: "Spielt mehr Völkerball!"

Bert Trautmann, geboren in Bremen, gilt in England als einer der besten Torhüter aller Zeiten. Er war als Fallschirmjäger in englische Kriegsgefangenschaft geraten, im Lager stellte er sich erstmals in ein Fußballtor – der Beginn einer beispiellosen Karriere. Schon 1949 unterzeichnete er einen Vertrag bei Manchester City. Anfangs bitteren Anfeindungen ausgesetzt ("Raus mit dem Deutschen!"), avancierte Trautmann alsbald zum Publikumsliebling. Unvergessen ist das Finale des FA-Cups 1956, in dem er trotz eines Genickbruchs den 3:1-Sieg über Birmingham City festhielt. 1964 beendete er seine Karriere nach 639 Spielen, ist aber bis heute ein Idol für Fußballfans in ganz England geblieben. Obwohl er Torwart ist.

11FREUNDE: Herr Trautmann, haben Sie das erste Spiel der Engländer gesehen?

BERND TRAUTMANN: Natürlich habe ich das verfolgt. Aber noch während des Spiels habe ich den Fernseher ausgeschaltet.

11FREUNDE: Waren Sie müde?

BERND TRAUTMANN: Von wegen, ich war wütend!

11FREUNDE: Warum das?

BERND TRAUTMANN: Was die englische Nationalmannschaft in dieser Partie geboten hat, war eine Frechheit! Kein Spielwitz, keine Leidenschaft, nichts! Von Nationalspielern verlange ich eine Leistung, die erkennbar über Kreisklassenniveau hinausgeht.

11FREUNDE: Waren Sie als Torwartlegende nicht auch enttäuscht wegen des schlimmen Patzers von Robert Green?

BERND TRAUTMANN: Der arme Kerl tut mir einfach nur leid. Jetzt haben die Engländer einen Sündenbock gefunden und können die eigene grausame Leistung hinter Greens missglückter Aktion verstecken. Und wissen Sie was? Das macht mich noch wütender!

11FREUNDE: Aber den Ball muss er schon halten.

BERND TRAUTMANN: Das steht vollkommen außer Frage. Aber das Tor hat mich in meiner grundsätzlichen Meinung über die aktuellen Torhüter bestätigt.

11FREUNDE: Die da wäre?

BERND TRAUTMANN: Warten Sie, ich präsentiere Ihnen mal das typische Geräusch der WM-Torhüter (klatscht in die Hände). Patsch! Die Jungs sind einfach nicht mehr in der Lage, einen Ball ordentlich zu fangen. Die lassen jeden Schuss abklatschen. Robert Green hatte nach dem Gegentor ja noch so eine Szene, in der er den Ball nur mit Müh und Not an den Pfosten lenkt. Da frage ich mich: Warum fängt der Junge die Kugel denn nicht?

11FREUNDE: Vielleicht liegt es an dem neuen WM-Ball.

BERND TRAUTMANN: Der ist ja nicht zum ersten Mal im Einsatz! Die Mannschaften hatten genügend Zeit, sich auf das Teil einzustellen. Ich kenne aktuell nur einen Torwart auf der Welt, der noch in der Lage ist, einen Ball vernünftig zu fangen.

11FREUNDE: Wer ist dieser Superheld?

BERND TRAUTMANN: Julio Cesar, der brasilianische Champions-League-Sieger. Der hat es drauf.

11FREUNDE: War es denn früher anders?

BERND TRAUTMANN: Ich will hier nicht den Märchenonkel spielen, aber ich habe als junger Kerl alles fangen wollen, was halbwegs rund war. Beim Völkerball zum Beispiel, kennen Sie diesen Sport überhaupt noch, junger Mann?

11FREUNDE: Na klar, aus der Grundschule.

BERND TRAUTMANN: Na also! Völkerball, darin war ich ein Ass! Das kann man den heutigen Torhütern als Ausgleichssport nur empfehlen. Spielt mehr Völkerball! Manche Torhüter sind eben Naturtalente, andere eben nicht. Englands Robert Green – tut mir leid, mein Junge! – ist kein Naturtalent.

11FREUNDE: Herr Trautmann, was sollen die Engländer denn nun tun mit ihren Torhütern?

BERND TRAUTMANN: Ich würde Trainer Fabio Capello empfehlen: Nimm den jungen Joe Hart von Birmingham City, klopf ihm ermunternd auf die Schulter – und dann rein mit ihm ins Tor! Der Kerl wird vor Aufregung vielleicht zittern und trotzdem seine Leistung bringen. Da bin ich mir sicher.

Das Gespräch führte Alex Raack.

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