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Besonders variabel. Valentin Stocker ist in der Offensive vielseitig einsetzbar.

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Teuerster Neuzugang bei Hertha BSC: Valentin Stocker und die Schweizer Zurückhaltung

Valentin Stocker ist Herthas teuerster Neuzugang seit Jahren. Der Schweizer Stürmer will in Berlin aber nicht durch große Töne, sondern durch Leistung überzeugen.

Valentin Stocker leitet seine Antwort mit einer Entschuldigung ein. „Das klingt jetzt vielleicht langweilig“, sagt er auf die Frage, wie er seinen Urlaub verbracht habe. „Ich war in der Heimat und habe nichts gemacht.“ So hat es sich sein neuer Arbeitgeber ausdrücklich gewünscht, so hat er es umgesetzt. „Für den Kopf war das unglaublich gut“, sagt Stocker. Hinter ihm liegt nämlich eine ziemlich turbulente Spielzeit, „ich war letztes Jahr bestimmt 200 Tage unterwegs.“ Und nun liegt ein ziemlich aufregendes Jahr vor ihm, da muss die Regeneration stimmen.

Nach sieben Jahren in der ersten Schweizer Liga und sechs Meistertiteln mit dem FC Basel wechselt der 25-Jährige zur kommenden Saison in die Bundesliga. Es ist nicht Stockers erster Anlauf, vor drei Jahren war er sich bereits so gut wie einig mit Werder Bremen – dann kam ein Kreuzbandriss dazwischen. Im Frühjahr bekundete auch der VfB Stuttgart Interesse am Schweizer Nationalspieler, am Ende setzte sich allerdings Hertha durch. 3,5 Millionen Euro haben die Berliner dem Vernehmen nach an den Schweizer Serienmeister überwiesen, in der Geschichte des Klubs kosteten bislang nur fünf Spieler mehr Geld: Alex Alves, Marcelinho, Bart Goor, Raffael und Marko Rehmer, allesamt Transfers aus der Zeit von Dieter Hoeneß also. Valentin Stocker taugt so gesehen durchaus als Symbol für die neue Hertha des Jahres 2014, die es sich auch mal wieder leisten kann, in etwas größerem Stil zu investieren.

Valentin Stocker kann und will davon nichts wissen und teilt das auch so mit. „Mein Ziel muss es sein, mich in der Bundesliga durchzusetzen“, sagt er mit aller Zurückhaltung und rührt in seinem Heißgetränk herum, „das ist anspruchsvoll genug.“ Beim Interview-Termin im Trainingslager in Schladming spricht Stocker mit Bedacht, manchmal wandern die Augen kurz an die Decke, dann wägt er seine Worte ab, die Tonart ist immer freundlich, zumal sein Dialekt wunderbar klingt.

In der Heimat hatte Valentin Stocker zuletzt einigen Ärger

Andererseits ist diesem jungen Mann anzumerken, dass er zuletzt nicht die besten Erfahrungen mit der Presse gemacht hat. Ein Interview in einer großen deutschen Boulevard-Zeitung erregte die Gemüter heftigst. „Ich habe gesagt, dass es in der Schweizer Meisterschaft nur sieben, acht Spiele in der Saison gibt, die auf Bundesliga-Niveau stattfinden, und dazu stehe ich auch“, sagt Stocker. Die entsprechende Schlagzeile lautete: Stocker unterfordert! In der Heimat wurde ihm das als Überheblichkeit ausgelegt.

Womöglich stand Stocker bei der WM in Brasilien auch deshalb unter besonderer Beobachtung seiner Landsleute. Stockers ehemaliger Baseler Trainer Hakan Yakin schickte nach dem Wechsel seines besten Spielers nach Berlin noch ein paar ziemlich böse Worte hinterher. „Wenn die Schweiz bei der WM mit zehn Spielern spielen möchte, sollten sie Stocker aufstellen“, sagte Yakin nach dem 2:1-Auftaktsieg gegen Ecuador. In dem Spiel wurde Stocker nach einer durchschnittlichen Leistung zur Halbzeit ausgewechselt, im weiteren Verlauf des Turniers kam er dann nicht mehr zum Einsatz. „Für mich ist das Thema erledigt“, sagt Stocker heute. Es braucht nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, wie sehr er die drei fußballfreien Urlaubswochen nach der WM genossen haben dürfte.

Bei Hertha sind sie überzeugt von den Qualitäten des Offensivspielers

Bei Hertha sind sie jedenfalls überzeugt von den Qualitäten des Mannes, der in Basel auf dem linken Flügel beheimatet war. Im Moment hat Stocker aber noch Nachholbedarf, wegen seiner WM-Teilnahme verpasste er das erste Trainingslager der Berliner in Harsewinkel. Gemäß dem Mantra von Trainer Jos Luhukay – „alle Spieler werden mit Bedacht und individueller Trainingssteuerung aufgebaut“ – dürfte Stockers Zeit aber bald kommen. Für ihn spricht seine Vielseitigkeit. „Er wird unserem Angriffsspiel sehr viel Variabilität hinzufügen“, sagte Manager Michael Preetz bei Stockers Vorstellung im Mai. Im Testspiel gegen den FC Sevilla, Stockers erstem Einsatz im Berliner Trikot, und am Freitag gegen Kasimpasaspor wurde er von Coach Luhukay zum Beispiel als hängende Spitze aufgestellt.

Und wo sieht sich Stocker selbst? „Mir ist egal, auf welcher Position ich spiele, solange ich spiele“, sagt der Schweizer. Dann gibt er seine Zurückhaltung für einen kurzen Augenblick auf und ergänzt lachend: „Solange es nicht auf der Innenverteidiger-Position ist.“

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