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Jerome Kiesewetter (M.) und seine Teamkollegen Nils Fiegen (l.) und Roussel Ngankam-Hontcheu (r.). Bald trennen sich die Wege. Kiesewetter wechselt nach Stuttgart.

© dpa

Jugend im Aufbruch: Herthas Talente wandern ab

Mehr als 30 Verträge von Herthas Jugendspielern laufen aus, viele hoffnungsvolle Talente verlassen den Verein. Nun werden Vorwürfe gegen Manager Michael Preetz erhoben.

Berlin - Während sich die Profis im Schwebezustand zwischen Bundesliga und Zweiter Liga befinden, wandern bei Hertha Talente ab. Über 30 Verträge aus der U23 und U19 laufen aus. Einige Spieler sind schon weg. Der US-amerikanische U-20-Nationalspieler Jerome Kiesewetter etwa hat ein Angebot des VfB Stuttgart angenommen, U-18-Nationalspieler Christopher Lenz steht vor einem Abschluss mit Borussia Mönchengladbach, die Torhüter Richard Strebinger und Kevin Otremba gehen zu Werder Bremen.

Herthas Jugendarbeit gilt als bundesweit erstklassig, sonst hätte die A-Jugend in dieser Saison auch nicht das DFB-Pokalfinale erreicht und die B-Jugend als Tabellenführer ihrer Bundesligastaffel beste Chancen auf die Meisterschaft. Für den Verein wird der Nachwuchs weiter an Bedeutung gewinnen, denn Hertha ist verschuldet und hat nur eingeschränkte Möglichkeiten, sich mit Transfers zu verstärken. Dennoch scheint sich die Lage in der Nachwuchsabteilung zuzuspitzen.

Dazu kommt nun auch aus dem Verein Kritik. „Der Umgang mit den Talenten ist schludrig. Man hat lange Zeit nicht mehr mit den Spielern gesprochen. Nach dem Motto: Reisende soll man nicht aufhalten“, sagt Lutz Kirchhof, der Vorsitzende von Herthas Fußball-Amateurabteilung, und ergänzt: „Das Schlimme ist, dass wahrscheinlich viele Spieler geblieben wären, wenn man mit ihnen gesprochen hätte.“

Manager Michael Preetz entgegnet, dass Jugendtrainer und -koordinatoren in Gesprächen mit den Nachwuchsspielern stünden. „Mit Spielern, die für die Erste Mannschaft in Frage kommen, spreche ich selbst“, sagt Preetz. Mit Kiesewetter habe er etwa ab Januar verhandelt, er habe sich für ein deutlich lukrativeres Angebot entschieden. In den vergangenen Jahren wurden die Gespräche mit Nachwuchsspielern im März und April geführt. Dieses Jahr gab es die „spezielle Komponente, dass die Ligazugehörigkeit lange nicht feststand“, sagt Preetz.

„Die Talente müssen weiter gefördert und dürfen nicht immer abgegeben werden“, sagt Kirchhof, „wir haben eine tolle Jugendarbeit, aber wenn die Spieler keine Chance haben, nach oben zu kommen, wechseln sie. Es ist beinahe ein Selbstbedienungsladen für andere Vereine.“

Der Etat der Jugendarbeit für die nächste Saison sei gedeckt, sagt Kirchhof. Wenn Hertha BSC noch in der Bundesliga bleibt, wird er 1,6 Millionen Euro betragen, sonst 1,3 Millionen. Preetz verweist auf den Wettbewerb, der unter Klubs im Jugendbereich mittlerweile herrsche. „Da muss sich jeder Verein positionieren, was er mitmacht“, sagt der Manager, „wir müssen überlegen, wie wir unsere Mittel einsetzen und welche Spieler wir halten“.

Kirchhof will selbst die Initiative ergreifen, um die Strukturen zu verändern. „Ich selbst werde mich für das Präsidium bewerben, um etwas zu ändern. Man muss es leider so klar sagen: Die Personalpolitik von Michael Preetz ist zu hinterfragen. Er hat in seiner Amtszeit nicht eine Sitzung der Amateurabteilung besucht und viele Talente gehen lassen, die jetzt anderswo erfolgreich sind.“

„Es gibt klare Absprachen, wer welche Sitzungen besucht“, sagt Preetz. „Auf der letzten Sitzung im Januar waren Ingo Schiller und ich anwesend.“ Keiner der abgewanderten Spieler komme nächste Saison für die Profis in Frage. Die Abgänge „beunruhigen mich daher nicht“.

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