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Einsam im Rampenlicht. Mit Sportdirektor Christian Nerlinger legte sich Louis van Gaal (o.) aus nichtigem Grund an – Nerlinger reagierte ungewohnt scharf.

© dapd

Bayern München: Louis van Gaal: Allein unter Bayern

Trainer Louis van Gaal verliert in München nach und nach alle seine Fürsprecher. Der Trainer schickte Kapitän Mark van Bommel fort - er geht nach Mailand.

Am Dienstagvormittag verschickte der FC Bayern München die offizielle Mitteilung. Kapitän Mark van Bommel habe um die Auflösung seines Vertrages gebeten, der Niederländer wolle zum AC Mailand, aus sportlichen Gründen. Weil van Bommel, 33, ein verdienter Spieler sei, habe man seinem Wunsch schweren Herzens entsprochen. „Mark war immer ein vorbildlicher Profi“, ließ sich Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zitieren, der Klub wünsche van Bommel viel Glück für das neue Leben in Italien.

Soweit die offizielle Version. Nach Informationen einer großen Boulevardzeitung hatte van Bommel seinen Abschied intern jedoch mit der Person von Trainer Louis van Gaal begründet, der zuletzt immer wieder durchblicken ließ, dass er auf der Sechserposition langfristig mit anderen Spielern plant, etwa mit Bastian Schweinsteiger oder Toni Kroos. „Milan wollte mich unbedingt, in meiner Situation war die Entscheidung nicht schwierig“, sagte van Bommel deshalb. Mit dem Verein, das betonte er, habe der Wechsel nichts zu tun, zum Vorstand habe er ein „sehr, sehr gutes Verhältnis“. Zum Vorstand, ausdrücklich.

Zu Louis van Gaal sagte er nichts. Ebenfalls ausdrücklich.

Und so ist der Wechsel des Bayern-Kapitäns nicht nur die wichtigste Fußballnachricht des Tages, sondern auch ein vielsagendes Signal. Manche meinen, van Gaal sei mittlerweile auffallend isoliert. Eine weitere Niederlage könne er sich kaum leisten. Schon gar nicht heute Abend im Pokal-Viertelfinale bei Alemannia Aachen (20.30 Uhr, live in der ARD), wo der Klub bereits 2004 und 2006 ausschied. Eine weitere Pleite wäre fatal, zumal die Bayern offen kommunizieren, dass die verkorkste Saison auch durch Pokalerfolge zu retten sei. „Wir müssen das schaffen“, sagte van Gaal. Er wolle Aachen „kaputt spielen. Und ich bin sicher, dass wir das auch können“.

Van Gaals Isolation jedoch ist augenscheinlich. Das schwierige Verhältnis zu Präsident Uli Hoeneß ist bekannt; dass die beiden Männer in diesem Leben nicht mehr zusammen zum Angeln fahren, ist kein Geheimnis. Spätestens nach Hoeneß’ jüngstem Interview, in dem er van Gaals Situation mit der von Jürgen Klinsmann verglich. Wie der Abschied van Bommels zeigt, bröckelt offenbar auch das Verhältnis zu den Spielern – und zu Sportdirektor Christian Nerlinger. Mit dem krachte es zu Wochenbeginn aus nichtigem Grund: Nerlinger hatte gemutmaßt, der verletzte Franck Ribéry könne länger ausfallen als befürchtet, was van Gaal als Eingriff in seinen Kompetenzbereich wertete. Er reibt sich eben gerne an seinen Vorgesetzten.

Doch diesmal platzte Nerlinger der Kragen. Er schmetterte die Kritik als „lächerlich“ ab. „Es ist nicht die Aufgabe des Trainers, meine Aussagen öffentlich zu kommentieren“, giftete er: „Als direkter Vorgesetzter und auch sportlich Mitverantwortlicher ist es mein Recht und auch meine Pflicht, mich zu solchen Dingen zu äußern.“ Das klingt nach mittelschweren Verstimmungen zwischen zwei Menschen, die einmal sehr gut miteinander konnten. Nerlinger hatte van Gaal auch in schlechten Zeiten stets bestärkt, nun stellt er sich gegen den Holländer: Der Sportdirektor steckt Kompetenzen ab, positioniert sich. Die Alleingänge des Holländers scheinen auch ihm zuwider.

Am Dienstag versuchte van Gaal, das Verhältnis zu Nerlinger zu kitten. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Christian das so gesagt hat, sondern in einem anderen Kontext“, verkündete er und behauptete sogar, Trainer und Sportdirektor würden „von den Medien auseinander gespielt“. Direkte Auswirkungen erwarte er nicht: „Man muss abwarten, ob die Zusammenarbeit angekratzt ist, aber ich denke, dass sie weiter gut ist.“

Doch auch van Gaal weiß, dass die Zahl seiner Fürsprecher kleiner wird. Der Präsident kritisiert ihn in regelmäßigen Abständen, der Sportdirektor verliert seine Zurückhaltung, sein Kapitän verabschiedet sich. Selbst Rummenigge verzichtete darauf, den Konflikt zu moderieren. Van Gaal braucht schleunigst Erfolge, um keine Angriffspunkte zu bieten, will er das Ende der Saison beim FC Bayern erleben. Gewinnen müssen die Bayern bereits heute in Aachen – ganz sicher ohne Mark van Bommel, womöglich auch ohne Arjen Robben, der sich am Dienstag wegen eines Infektes krank meldete. Die Reise nach Aachen will er trotzdem antreten.

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