zum Hauptinhalt

Sport: Mit heiligem Zorn

Stefan Hermanns über den alltäglichen Wahnsinn von Ewald Lienen Ewald Lienen schwitzte, und das lag nicht allein an der Saharahitze. Der Trainer von Borussia Mönchengladbach schwitzte vor Wut, und die Worte sprudelten aus ihm heraus wie das Löschwasser aus den CRohren der Feuerwehr.

Stefan Hermanns über den alltäglichen Wahnsinn von Ewald Lienen

Ewald Lienen schwitzte, und das lag nicht allein an der Saharahitze. Der Trainer von Borussia Mönchengladbach schwitzte vor Wut, und die Worte sprudelten aus ihm heraus wie das Löschwasser aus den CRohren der Feuerwehr. In solchen Momenten gibt Ewald Lienen, der Friedensaktivist von einst, den unerschütterlichen Kämpfer für das Gute. Den Streiter für die Moral in einer unmoralischen Branche. In Köln, wo er zuvor gearbeitet hat, ist Lienen als „Heiliger Ewald“ bezeichnet worden. Das passt ganz gut.

Lienens Eifer kann beängstigend sein. Selbst im profanen Fußballgeschäft wird er von heiligem Zorn geleitet. Der Elfmeter, der seine Mannschaft in Bremen in Rückstand gebracht hat, sei keiner gewesen. Aber Lienen schimpfte nicht – wie es seine Kollegen tun – auf den Schiedsrichter, der die Entscheidung getroffen hatte; er zieh den Spieler Lisztes der Sünde. In „betrügerischer Absicht“ habe der den Angriff seines Gegenspielers zum schwalbenhaften Flug genutzt. „Kehret um, ihr armen Sünder!“, schien St. Ewald sagen zu wollen. „Noch ist es nicht zu spät.“

In einem Land, das die Schwalbe gewissermaßen erfunden hat; das zwei seiner drei Weltmeistertitel den Spielern Hölzenbein und Völler zu verdanken hat, die in betrügerischer Absicht durch den Strafraum ihrer Finalgegner flogen – in Deutschland also, wirken solche Appelle ein wenig komisch. Es ist so, als riefe man die deutschen Autofahrer dazu auf, sich, bitte schön, immer an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten.

Ewald Lienen hat, vom Wahnsinn gepackt, später noch von ausgleichender Ungerechtigkeit gesprochen: Im letzten Spiel zwischen Werder und den Borussen hatte der Schiedsrichter ein brutales Foul von Gladbachs Verteidiger Marcelo Pletsch an Markus Daun nicht geahndet. Daun zog sich einen Bänder- und Kapselriss zu und musste einen Teil der Sommerpause im Krankenhaus verbringen. Am liebsten würde man den Eiferern mit Jürgen Neppe, dem zurückgetretenen Aufsichtsratschef von Eintracht Frankfurt, zurufen: „Vergesst im Umgang miteinander die Menschenrechte nicht!“

-

Zur Startseite