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Kulinarische Sportreise. Ob Kebab, vegetarisches Curry, Eisbein auf Sauerkraut oder Fish and Chips - in den Restaurants im Londoner Olympiapark ist für jeden etwas dabei.

© dpa

Ramadan im Olympia-Jahr: Wer fastet, der verliert

In diesem Jahr fallen die Olympischen Spiele und der Ramadan zusammen. Was aber machen muslimische Athleten, die nicht fasten können? Wo sich Sport und Islam überschneiden, macht die Not erfinderisch.

Von Florenz Gilly

Die Verbindung zwischen gesunder, ausgewogener Ernährung und körperlicher Fitness haben Ärzte seit den ersten Tagen der Olympischen Spiele hergestellt. Damals aßen und tranken die attischen Athleten nur das Allerfeinste – Gerstenbrot, Weizenbrei und getrocknete Früchte, später auch Käse von der Ziege und Fleisch.

Was aber machen Sportler, die aus religiösen Gründen eigentlich aufs Essen verzichten müssten?

Für Muslime in aller Welt begann am letzten Freitag der Ramadan, der - so wörtlich - „heiße Monat“. An insgesamt 29 Tagen dürfen gläubige Muslime von Tagesanbruch bis Sonnenuntergang nichts essen und trinken, nicht rauchen und keinen Geschlechtsverkehr haben. Mitten in diesen Monat fallen 2012 auch die Olympischen Sommerspiele in London. Ein Problem, denn von den 10.500 Athleten, die an den Wettkämpfen teilnehmen, sind etwa 3.000 Muslime.

Der Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit würde bei den Athleten unter den extremen Wettkampfbedingungen wie Stress und Hitze schnell zu Dehydrierung führen. Fasten wäre für Leistungssportler gesundheitlich hoch riskant. Doch die Unversehrtheit des athletischen Körpers und seine unverminderte Leistungsfähigkeit sind olympisches Gebot. Darum setzen fast alle muslimischen Teilnehmer der Olympischen Spiele mit dem Brauch des Ramadans aus.

In den Kantinen und Cafés im Londoner Olympiapark haben sich die Köche auf die speziellen Bedürfnisse ihrer Gäste eingerichtet. Seit der ersten Nacht des Ramadans stehen Schalen mit Datteln und frischer Milch bereit - typische Speisen, mit denen muslimische Athleten, Mitarbeiter und Besucher ihr Fasten brechen. Später nehmen sie volle Mahlzeiten zu sich.

Überlegt hat sich die Speisepläne der Chef des Olympia-Caterings Tom Barrett. Die täglich wechselnden Menüs reichen von asiatischen Gerichten über mediterrane Kost bis zu „Highlights aus der britischen Küche“. 460 verschiedene Gerichte stünden im Angebot, während die Restaurants rund um die Uhr geöffnet seien, sagte Barrett. Die Organisatoren sind überzeugt, alles getan zu haben, um den religiösen, kulturellen und gesundheitlichen Anforderungen der Sportler Rechnung zu tragen. Christen, Juden und Buddhisten sowie Anhänger weiterer Religionen finden Stätten für Gebet, Meditation und Rast – so auch Muslime.

Die Überschneidung von einem sportlichen und einem islamischen Großereignis stößt aber auch auf Kritik. „Sie hätten diese Olympischen Spiele auch nicht an Weihnachten organisiert“, wirft Massoud Shadjareh, der Vorsitzende der Islamischen Menschenrechtskommission in London, dem Olympiakomitee vor.

Shaykh Ibrahim Mogra, ein Imam des „Muslim Council of Britain“, einer Dachorganisation für Muslime in Großbritannien, sieht die Sache weniger streng. Muslimen wäre es vielleicht lieber gewesen, diesen Monat zu vermeiden - aber: „Das Leben stoppt nicht für Muslime während des Ramadans, auch wenn sie fasten.“

Vereinbarkeit ist Auslegungssache

Wege, das Gebot zu umgehen, lassen sich selbst im Koran finden: „Und (...) wer sich auf einer Reise befindet, soll eine Anzahl anderer Tage fasten.“ Athleten aus 204 Nationen fliegen in diesem Jahr nach London. Für sie ist der Wettbewerb, auf den sie sich ihr Leben lang vorbereitet haben, ja im weitesten Sinne eine große Reise – mit Ziel Medaille. Durch dieses Schlupfloch können sich muslimische Olympiateilnehmer dem Fasten entziehen. Ebenso Schwerstarbeiter (darunter fallen auch – je nach Auslegung - die Athleten) sind von der Pflicht ausgenommen. Wer nicht fastet, solle die versäumten Tage aber zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.

Genau das hat Mohamed Shibi, gläubiger Muslim und Mitglied des britischen Ruderteams, getan. Er faste nicht, sagte der 24-Jährige dem Nachrichtensender BBC, da er die Chance, im britischen Boot mitzufahren, nicht verschenken wollte. Shibi hat beschlossen, seinen Sittenbruch durch eine gute Tat auszugleichen. Er möchte jungen Menschen zeigen, dass man gleichzeitig Sport ausüben und praktizierender Muslim sein kann. „Denen, die es mit großer Mühe ertragen können, ist als Ersatz die Speisung eines Armen auferlegt.“ steht im Koran. Shibi habe daher beschlossen, für Bedürftige in Marokko, dem Heimatland seines Vaters, Nahrungsmittel zu spenden. (mit dpa)

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