zum Hauptinhalt
Gegen die Zweifel. Roger Federer hat in Hamburg etwas zu beweisen.

© picture alliance / dpa

Roger Federer in Hamburg: Zwischen Nostalgie und Standortbestimmung

Roger Federer spielt erstmals seit fünf Jahren wieder beim Tennisturnier am Hamburger Rothenbaum. Doch für den Schweizer ist der Abstecher an die Elbe keine Mildtätigkeit, sondern eine Chance.

Roger Federer wirkte am Montag sichtlich entspannt. Vielleicht lag es daran, dass er in den vergangenen Wochen keine Zeitungen gelesen und nicht verfolgt hatte, wie hart nach seinem Zweitrundenaus in Wimbledon über ihn geurteilt worden war. „Es spielt gar keine Rolle, wie negativ es war“, sagte Federer nun, „denn für mich war sowieso klar, dass ich eine Reaktion zeigen will.“ Und der Schweizer hatte nach dem schmerzlichen Rückschlag keine zwei Tage gebraucht, bis er sich für einen Plan entschied: In dieser Woche tritt der 17-malige Grand-Slam-Sieger beim Turnier in Hamburg an, danach in Gstaad.

Seit die Hansestadt den Masters-Status vor fünf Jahren verlor, hatte Federer nicht mehr am Rothenbaum aufgeschlagen, in Gstaad spielte er zuletzt 2004. Durch seine regelmäßigen Erfolge in Wimbledon hatten diese Turniere nicht mehr in seinen Zeitplan gepasst. Nun kehrt Federer zurück. Doch dass er nach dem Ende der Rasensaison und vor dem Wechsel auf Hartplatz nicht wie der Rest der Topspieler urlaubt oder zumindest früher in die USA geht, sondern stattdessen ein Intermezzo auf Sand gibt, rief sogleich die Kritiker auf den Plan. Federer habe Panik, befand der ehemalige Schweizer Davis-Cup-Kapitän Claudio Mezzadri.

„Ich stehe zu meiner Entscheidung“, stellte Federer klar, „ich brauche Matches, und ich will vor allem wieder besser spielen als in Wimbledon.“ Und er möchte seine Form so schnell wie möglich wiederfinden, denn er hat ein hehres Ziel vor Augen: Federer will im November beim Tour-Finale in London dabei sein, unbedingt. Momentan ist er im dafür entscheidenden Race bloß die Nummer sechs, das könnte eng werden bei nur acht Teilnehmern. 2000 Punkte verlor Federer in Wimbledon, rutschte erstmals seit zehn Jahren auf Platz fünf der Weltrangliste ab.

Er, der vielleicht beste Spieler aller Zeiten, ist sich nicht zu schade, nun auch bei kleineren Turnieren die nötigen Zähler für London zu sammeln. Panik ist es nicht, vielmehr kluge Strategie. Federer beweist, dass er noch immer will. Und dass ihm Tennis immer noch Spaß macht. Und wo könnte er das besser als bei zwei Turnieren, mit denen sich Federer von jeher verbunden fühlte. Ein wenig Nostalgie kann nicht schaden, um wieder in die Spur zu finden.

„Ich habe hier super Zeiten erlebt“, sagte Federer im Hinblick auf seinen Hamburger Turniersieg 2002. Es war der Durchbruch für den Schweizer, damals knackte er erstmals die Top Ten. Die Sandserie von Rafael Nadal von 82 Siegen konnte er am Rothenbaum 2007 ebenfalls brechen, die Hansestadt war Federer meist wohlgesonnen. „Ich will hier unbedingt gut spielen“, sagte er, „ich fühle mich einfach sehr wohl und freue mich, wieder dabei zu sein.“

Hamburg teilt die Freude, der Ticketverkauf schnellte nach Federers Zusage schlagartig in die Höhe. Auch Turnierdirektor Michael Stich mochte sein Glück kaum fassen, als ihn der Manager des Schweizers wegen einer Wildcard kontaktierte. Stich hatte das Traditionsevent in den vergangenen Jahren vor dem Aus gerettet und auf solide Füße gestellt, da wirkt ein Zugpferd der Kategorie Federers wie der Lohn für die Leidenschaft und Energie, die Stich in dieses Projekt gesteckt hatte. Doch für Federer ist der Abstecher an die Elbe keine Mildtätigkeit, vielmehr ist sie eine Chance. Und die muss er nutzen, will er aus dem Tief heraus. „Ich habe nach dem Aus in Wimbledon alles analysiert“, sagte er: „Das habe ich auch zu meinen besten Zeiten so gemacht. Ein bisschen hinterfragen muss man sich immer.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false