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Sprinter Lucas Jakubczyk hat nur durch Zufall von einem Trainingskollegen erfahren, dass die Rudolf-Harbig-Halle geschlossen wurde.

© picture alliance / dpa

Trainingshalle als Notunterkunft für Flüchtlinge: Sprinter Lucas Jakubczyk: „Kaum einer wusste Bescheid“

Sprinter Lucas Jakubczyk, EM-Zweiter mit der Staffel, über die Umwandlung seiner Trainingshalle am Olympiagelände in eine Flüchtlingsunterkunft.

Herr Jakubczyk, so schnell ist man seinen Spind los.

Das kann man so sagen. Ich habe am Donnerstag durch Zufall von einem Trainingskollegen erfahren, dass die Rudolf-Harbig-Halle geschlossen wird und in Zukunft als Notunterkunft fungieren soll.

Wie haben Sie auf die Nachricht reagiert?
Ich bin direkt zur Halle gefahren und habe mir ein Bild von der Lage gemacht. Mir wurde von der Geschäftsführung des Berliner Leichtathletik-Verbandes mitgeteilt, dass ich schnell alle meine privaten Gegenstände aus meinem Spind holen kann und meine Trainingsgeräte abholen soll. Ich hatte nicht viel Zeit und habe mit anderen Sportlern und Trainern die Halle, Kraftraum und Geräteräume ausgeräumt. Das Zugunterstützungsgerät, was circa 150 Kilogramm wiegt und sehr teuer und sensibel ist, haben wir kurz vor Toresschluss noch in einen Kleinbus verladen und zum Olympiastützpunkt gefahren.

Sie wurden also nicht über die Maßnahme in Kenntnis gesetzt?
Es gab keine offizielle Mitteilung an uns Sportler. Auch am Olympiastützpunkt Berlin wusste zum Zeitpunkt meines Anrufes kaum einer über die Situation Bescheid.

Was bedeutet das für Sie?

In der Rudolf-Harbig-Halle habe ich fast jeden Tag trainiert, vor allem in den kalten Wintermonaten war es die einzige Leichtathletikhalle in Berlin, da die Leichtathletikhalle im Sportforum seit April letzten Jahres wegen Sanierungsmaßnahmen gesperrt ist. Aktuell entscheidet die Senatsverwaltung, ob auch Sportstätten im Sportforum Hohenschönhausen als Notunterkunft dienen sollen. Wenn auch diese Trainingsmöglichkeit als Alternative wegfällt, wird es für mich sehr schwierig, meinen Beruf professionell auszuführen.

Welche Optionen gibt es jetzt?
Es bleiben nur noch Potsdam, Kienbaum oder der Hallenbereich des Olympiastadions als mögliche Alternativen. Darum muss sich aber der Berliner Leichtathletik-Verband erst noch bemühen.

Wie bewerten Sie die Vorgänge am Horst-Korber-Sportzentrum?

Grundsätzlich bin ich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten. Doch die Schließung der Rudolf-Harbig-Halle im Horst-Korber-Sportzentrum war eine Entscheidung, die ohne eine Alternative für Vereine und Sportler getroffen wurde. Ich denke, es gibt nach längerer und intensiverer Prüfung bessere Unterbringungsmöglichkeiten als eine spezielle Trainingshalle. Alternativen könnten eventuell das Hangar vom Flughafen Tempelhof, Kasernen oder leerstehende Gebäude sein. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen eine akzeptable Lösung sowohl für die betroffenen Flüchtlinge als auch für die Vereine und Sportler finden werden.

Die Fragen stellte Martin Einsiedler.

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