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Rudiiiiismus pur: Der Tante-Käthe-Altar.

© T. Wendlandt

Willmanns Kolumne: Die fußballzeigenden Gentlemen von Tante Käthe

Fußball und Bier heißt die Dauerveranstaltungsreihe bei Tante Käthe, der Fußballkneipe am Mauerpark in Prenzlauer Berg. Während im Fernsehen eine Westfälische Fußballoper läuft, verschönern drinnen die Bierkapellmeister den Abend. Ein Umtrunk.

Die Frage, wie viele Beine Jürgen Klopps Stuhl wirklich hat, konnte auch am Dienstag in der Fußballkaschemme Tante Käthe nicht endgültig geklärt werden. Gleichwohl geriet Borussia Dortmunds Champions-League-Auftritt unter der Schirmherrschaft der Hopfenkapellmeister im Tante Käthe zu einem besonderen Ereignis.

Fußball & Bier heißt die Dauerveranstaltungsreihe der Tante Käthe-Betreiber. Ziel ist die Prüfung der Wechselwirkung von Genussmitteln. Tante Käthe gibt es seit der Europameisterschaft 2004. Die drei Käthen waren seinerzeit der Meinung, Berlin benötigt dringend einen qualifizierten Standort, wo Biergenuß und gepflegte Fußballkonversation zu höchster Blüte gedeihen können. So wurde kurzerhand in der Oderberger Straße ein unbehaustes Areal lokalisiert, zum Fußballguckort eingerichtet und dem damaligen Teamchef der Nationalmannschaft freundlich gewidmet.

Die Käthenomaden sind nach zwei Umzügen inzwischen im Komplex des Mauerseglers an der Bernauer Straße gelandet. Die Tante öffnet nur zu Fußballereignissen, alle Käthen besitzen einen Brotberuf. Fußballgucken mit Freunden. Käthe ist der Luxus, den sie sich leisten. Am Tresen begrüßt den Neuankömmling ein kleiner Tante-Käthe-Altar. Rudiiiiismus pur. Gänsehaut und Bockwurst. Die geweihte Stätte lässt manchen unentspannten Zeitgenossen innehalten und über das Sein und das Nichts grübeln.

Um möglichst exakte Forschungsergebnisse im Bier-und Fußballbetrieb zu gewährleisten, hatte sich Käthe am Dienstag die Hopfenkapellmeister für die Grundversorgung eingeladen. Die Kleinen mit dem guten Geschmack müssen zusammen halten. Hopfenkapelle sind zwei grundgütige Thüringer, Jenafans, um es genauer zu definieren. Sie haben sich der Produktion kleiner Biermargen verschrieben. Alle paar Monate wird eine besondere Sorte kreiert, gestern kam Hopfenkapelle Lager Export auf den Tisch, ein handwerklich gebrautes, untergäriges Bier nach deutschem Reinheitsgebot.

Hat Jürgen Klopp in den letzten Monaten Fehler gemacht?

Während Jürgen Klopp der verlorenen Dortmunder Ruhe nachspürte und via Sky mit todesmüdem Augen vorm Spiel davon träumte, endlich mal mit einem positiven Gefühl ins Bett zu gehen, schwirrten mir Worte wie Böhmisches Tennenmalz, Wiener Malz und Buchenrauchmalz um die Lauscher. In solchen Momenten ist es von Vorteil, wenn das Spiel endlich beginnt. Tante Käthe war satt gefüllt, sofort stürzten sich die Probanden auf das ungefilterte, nicht pasteurisierte und naturbelassene Getränk. Hat Klopp in den letzten Monaten Fehler gemacht? Lauert vielleicht sein einziger Eleve Oberlehrer Tuchel bereits in den Katakomben des Dortmunder Stadions, um sich den darbenden Borussen vor den Latz zu knallen?

Heute diktieren wenige große Konzerne den Biergeschmack, die uns mit massenkompatiblen, charakterlosen Biersorten abfüllen. Nichts spricht gegen ein elegantes Abfüllen. Doch es gibt Brau-Idealisten und Dickköpfe, wie die Kapellmeister, deren Getränk sogar das Sky-Geschwafel erträglich macht. Dort schwenkte gestern der verdiente Genosse Reif den Dunderklumpen.

Der Bitterhopfen stammt aus Tettnang und der Aromahopfen aus der Hallertau, sagte Braumeister Freitag und zeigte mir, wie man das Bierpaddel schwenkt. Was für ein schönes Wort! Ich träume mich in naturbelassene Bierseen. Doch die Wirklichkeit holte mich 21 Uhr 24 gnadenlos ein, als die Kneipe fröhlich das 1:0 durch den Schonfastbayern Reus feierte. Die Deckenbalken zitterten und der im Kneipenraum integrierte, echte Baum, ich tippe auf Ahorn, neigte gütig seine Zweige. Ja, Tante Käthe sind echte Naturburschen. Deshalb haben sie ihre Kneipe um den Baum gebaut.

Ich erfahre: viel Liebe, Selbstvertrauen und ein Schuss Naivität sind günstigen Braumeistertugenden. Von der Mattscheibe marcelreifte es. Er wolle nicht rumpsychologisieren. Tat es aber dann doch. Gala sei nicht gekommen, um die Welt auf den Kopf zu stellen. Die Kamera schwenkte auf Jürgen Klopp. Er hatte den Mund offen. Wie der böse Wolf im Bett der Großmutter, allzeit bereit, Rotkäppchen zu fressen.

Der BVB ist der nächste Kandidat für die Galerie der Schande

Dortmund ließ währendem die von Klopp und seiner Bande lang vermissten sogenannten Abläufe erkennen. Seit Sonntag früh hat Klopp immer wieder die Abläufe trainiert. Vor dem Ablauf kommt der Einlauf, wie jeder medizinisch Interessierte weiß. Ist Klopp doch nicht so leer wie eine ausrangierte Autobatterie? Die Dortmunder Fußballbestimmer können keine Verschleißerscheinungen am hauseigenen Großinquisitor erkennen. Das ist nicht weiter verwunderlich, Klopps Haupt ist noch von Königsmördern verschont. Und schmutzige Wäsche wird naturgemäß erst im Nachgang gewaschen.

Ein echtes Käthe-Highlight ist die Galerie der Schande. Bei der jüngst absolvierten Weltmeisterschaft schmückten die frisch ausgeschiedenen Nationen diesen schrecklichen Ort. Derzeit wird er beherrscht vom grünweißen Werderwimpel. Seines Zeichens Bummelletzter der Bundesliga. Dortmund als Vorletzter ist der nächste Anwärter. Ich mümmelte weiter am Bier der Hopfenkapelle, was so gar nicht an die industriellen Biere erinnerte. Jeder Schluck schmeckte anders, den Hopfenkapellmeister freute, dass es mir bekommt. Er sagte, sie machen das Bier nicht für eine elitäre Gruppe mit Geld, sondern für den klassischen Biertrinker. Eben jener bevölkerte Tante Käthe, angenehmes Volk mit einem Sinn für Phantasie. Es gibt immer einen guten Grund, Bier zu trinken. Fußball ist ein besonders guter. Ich dachte mir einen Platz im Bierhimmel. Dortmund schoss gegen die stolzen Türken ein Tor nach dem anderen. Westfälische Fußballoper. Die Türken waren nur im Böllerwerfen die Nummer eins. Die gelbroten Fans brachten Marcel Reif zum Überkochen, er zürnte: Es ist gesundheitsgefährdend. Ich spülte Marcel mit Hopfenkapelle Lager Export runter. Prost!

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