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Mehrere Hundert Patienten sterben jährlich in Deutschland, weil Operationsmaterialien im Körper vergessen werden.

© dpa

Behandlungsfehler: Hunderte Patienten sterben durch vergessenes OP-Material

Immer wieder vergessen Ärzte Operationsmaterialien im Körper von Patienten. Es sind bis zu 3.000 Fälle im Jahr. Mehrere Hundert Behandelte sterben durch diese Fahrlässigkeit.

Jedes Jahr sterben in Deutschland nach einer Schätzung 600 bis 700 Patienten wegen im Körper vergessener Tupfer und anderen Operationsmaterialien. Darauf machte das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) anlässlich seiner in Berlin begonnenen Jahrestagung aufmerksam. Es sei nur ein Beispiel für Patientenrisiken in Kliniken oder beim Arzt, wie bei der Konferenz am Donnerstag deutlich wurde.  Die APS-Vorsitzende Hedwig Francois-Kettner machte „größeren Handlungsbedarf“ geltend. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) versprach weitere Verbesserungen.

Strengere Regeln angemahnt

Bei seiner Schätzung zu den OP-Gegenständen beruft sich das als seriös geltende Aktionsbündnis Patientensicherheit auf mehrere Studien und Umfragen. Insgesamt bleiben demnach in Deutschland jährlich bis zu 3.000 Fremdkörper wie Tupfer und Bauchtücher nach einem Eingriff unbeabsichtigt im Körper von Patienten. Das APS forderte strengere Regeln und deren Einhaltung bei den Zählkontrollen der OP-Materialien. Francois-Kettner sagte, oft werde im deutschen Gesundheitswesen das Interesse der Patienten zu wenig berücksichtigt. Oft gingen ökonomische Interessen vor - das Patientenwohl stehe zu oft hinten an. Gröhe bekräftigte unter anderem, es stünden konkrete Schritte gegen gefährliche Krankenhauskeime an. Er verwies darauf, dass in Deutschland pro Jahr zwischen 10 000 und 15 000 Menschen in Kliniken sterben, weil sie sich dort mit multiresistenten Keimen infizieren. „Jeder nachgewiesene Erreger muss künftig gemeldet werden“, kündigte Gröhe an.

Es fehlt an Institutionen

Francois-Kettner machte auf mehrere Missstände aufmerksam. So gebe es zu wenig Klarheit über Probleme und Fortschritte, die es durch Empfehlungen und Aufklärung gebe. „Wir wissen nicht, wie viele Fehler wir wirklich reduzieren.“  Vor allem aber fehle es an stärkeren Institutionen für mehr Patientensicherheit. „Wir müssen erkennen dass ein gemeinnütziger Verein Grenzen hat.“

Im gemeinnützigen APS sind unter anderem Mediziner, medizinische Gesellschaften, Kliniken und Krankenkassen Mitglied. Der Bundesrat forderte Anfang Februar, dass die Kassen Einrichtungen zur Verbesserung der Patientensicherheit künftig mit insgesamt bis zu 500 000 Euro jährlich fördern. Die Bundesregierung wird dem Vorstoß dem Vernehmen nach nicht folgen. Francois-Kettner bedauerte dies Gröhe gegenüber.
Die Techniker Krankenkasse (TK) kritisierte unter Berufung auf Expertenschätzungen, dass bei jährlich insgesamt knapp 19 Millionen Behandlungen im Krankenhaus etwa 360 000 bis 720 000 Mal etwas schief gehe. Es handele sich um vermeidbare Fälle. Laut einer Forsa-Umfrage im TK-Auftrag geben 15 Prozent der Menschen in Deutschland an, „dass es bei ihnen in den letzten zehn Jahren einmal zu einem vermuteten Fehler bei einer medizinischen Untersuchung oder Behandlung gekommen ist“. Ein Pilotprojekt der TK ziele nun schwerpunktmäßig auf mehr Sicherheit in der ambulanten Versorgung.  (dpa)

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