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Der Ganges ist den Hindus heilig.

© Christina Franzisket

Indien-Blog (4): So also sieht der Ganges aus

1500 Kilometer will Christina Franzisket gemeinsam mit einer Freundin durch Indien reisen, um den Mythos des Ganges zu ergründen. In ihrem Blog berichtet sie von ihren Abenteuern. Diesmal: Endlich am Ganges.

Da fließt er, gemächlich verschlingt der Riese seine flachen Ufer. Der Monsun hat ihn gespeist, sagen die Leute. Das Schmelzwasser der Gletscher des Himalajas lässt den Pegel des Ganges steigen. Einige Dörfer mussten sogar evakuiert werden. Die Bewohner leben während des Monsuns in Zelten, bis der Ganges ihre Hütten wieder frei gibt.

Wir genießen die Ruhe, die der braune Riese ausstrahlt. Rote Blüten schwimmen vorbei, am Ufer steht ein Lingam, eine Art Phallussymbol, das Zeichen  des Hindu-Gottes Shiva. Ein Mann, die Hüften in ein weißes Laken gehüllt, steigt steile Stufen hinab und taucht ins Wasser. Am flachen Ufer steht er nun, die Augen geschlossen, die Hände hält er betend an die Stirn. Immer wieder übergießt er sich mit dem Wasser des Ganges. Er ist Hindu, der Ganges ist ihm heilig. Er betet täglich zu "Mutter Ganga" und nimmt ein Bad, um seinen Geist zu reinigen. Er segnet uns, indem er mit roter Paste einen Punkt auf unsere Stirn malt.

Inzwischen sind Susanne und ich umringt von etwa fünfzig schaulustigen Indern. Nach Kanpur verirren sich nur wenige Touristen, wir sind eine Attraktion. Einer stellt die erste Frage: "Where are you from?" Da wir freundlich antworten, ist es mit der Ruhe vorbei. Nun möchte jeder sein Englisch an uns ausprobieren, es werden Gruppenbilder geschossen und nach den Berufen unserer Ehemänner gefragt. Susanne und ich sind zwar noch nicht verheiratet, aber hier in Indien behaupten wir das stets, sicherheitshalber. Einer der Anwesenden ist besonders forsch, er sagt, er möchte eine Deutsche heiraten, um in Deutschland zu leben. Er möchte wissen, ob wir nicht ein paar Tipps für ihn hätten. Am Abend treffen wir ihn noch einmal in seinem wahrscheinlich feinsten Hemd auf unserem Bahnsteig.

Als wir aufbrechen und zurück zu unserem Rikschafahrer gehen, verfolgt uns die Meute. Einer möchte Geld haben - für die Unterhaltung, die er uns bot. Alle winken, als wir weiterfahren.

Zurück am Hotel wollen wir unserem treuen Rikschafahrer erklären, dass er uns später zum Bahnhof fahren soll, da wir heute Kanpur verlassen. Wir sagen ihm Uhrzeit und Ziel. Er wiederholt alles richtig und eifrig nickend. Das hat er kapiert, denken wir und wollen schon herein gehen, als er uns hinterher ruft: "Tomorrow I take you sight seeing, madame, okay! I show you everything, tomorrow!"

Nachdem wir ihm noch mal erklärt haben, dass wir heute schon abreisen und er uns zum Bahnhof bringen soll, schauen wir ihm nach. Er hat versprochen, dass er kommt.

Müllberge.
Müllberge.

© Christina Franzisket

Im Hotel lungern sechs Angestellte auf einem Sofa vor unserem Zimmer. Als sie uns kommen sehen, springen sie auf und schreien in Chor "Hello Madame". Heute nutzen wir mal den Zimmerservice, denken wir, bei soviel Personal nur für uns. Die Namen der indischen Gerichte auf den Menükarten der Hotels und Restaurants sagen uns nicht viel. Wir wissen nie, was wir bestellen, es ist immer eine Überraschung. Wichtig ist nur, dass es vegetarisch ist. Wegen unseren empfindlichen deutschen Mägen wagen wir es nicht, in diesem Land Fleisch zu essen. Wir bestellen Shahi Paneer und zur Sicherheit ein bekanntes Gericht, Chinesisch Süß-Sauer. Nach etwa einer Stunde kommt das indische Gericht in einer Silberschale. Eine weiße, süßliche Soße mit dem typischen Rohmilchkäse Paneer und frischen Melonenstücken. Dazu gibt es einen kleinen Fladen Brot und Reis. Der Kellner stellt außerdem zwei Schüsselchen Gemüsebrühe auf den Tisch. Fragend sehen wir ihn an. Strahlend deutet er erst auf die eine Schüssel: "Sweet", und dann auf die andere: "Sour".

Am frühen Abend verlassen wir Kanpur und machen uns auf nach Varanasi, dem Pilgerort am Ganges. 

Christina Franzisket

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