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Getestet wurden sowohl Facebook-Süchtige als auch Offliner.

© AFP

Studie zur Wirkung von Facebook: Was dem Gehirn gefällt

Gefällt mir: Das Belohnungssystem im menschlichen Gehirn scheint Anerkennung in sozialen Netzwerken wie Facebook sehr zu schätzen. Forscher der Freien Universität Berlin (FU) haben in einer Studie nachgewiesen.

Stundenlang in Facebook unterwegs oder eher offline anzutreffen? Wie häufig und intensiv jemand in sozialen Netzwerken aktiv ist, spiegelt sich in seiner Hirnaktivität wieder. Das liegt daran, dass das Belohnungszentrum im Hirn direkt auf soziale Bewertungen wie Lob oder Tadel reagiert, wie Berliner Forscher berichten.

Am Beispiel von Facebook konnten sie zeigen, dass dies auch für virtuelle Netzwerk-Kontakte gilt – auf Neudeutsch das „Liken“ oder „Geliked werden“ mithilfe des „Gefällt mir“-Buttons. Daran, wie intensiv bestimmte Hirnregionen auf solche Bewertungen reagierten, lässt sich direkt ablesen, welche Bedeutung Facebook im Alltag eines Menschen einnimmt. Auch zeige sich, dass soziale Belohnungen eine ganz andere Rolle spielen als solche mit Geld, schreibt das Forscherteam im Fachblatt „Frontiers in Human Neuroscience“.

„Wir als menschliche Wesen haben uns so entwickelt, dass uns unser Ruf wichtig ist. Und in der heutigen Welt ist eine Art, unser Ansehen zu steuern, die Nutzung sozialer Medien wie Facebook“, erklärt Dar Meshi von der Freien Universität Berlin. Der Emotionspsychologe und Neurowissenschaftler hatte mit seinem Team 31 Probanden ausgewählt, die sich mit Facebook ganz unterschiedlich intensiv beschäftigten. Dass gerade Facebook als Prototyp sozialer Netzwerke im Fokus stand, liegt an seiner konkurrenzlosen Größe mit 1,2 Milliarden aktiven Nutzern. Zudem sind die meisten Interaktionen dieser Plattform für Freunde und Öffentlichkeit sichtbar und können den Ruf des Nutzers beeinflussen. Viele „Gefällt mir“-Kommentare heben das Ansehen, allzu viele negative Bewertungen hingegen können den Ruf eines Mitglieds nachhaltig schädigen.

Die Facebook-Nutzung hat auch eine Komponente des sozialen Vergleichs, wobei Nutzer das Verhalten von Anderen beobachten und mit ihrem eigenen vergleichen können“, schreiben die Forscher. Deshalb stellten sie die These auf, dass ein Zusammenhang besteht zwischen dem Ausmaß an Beschäftigung mit dem virtuellen Netzwerk und der Art, wie das Hirn wichtige Veränderungen des eigenen Rufs verarbeitet.

Um diese These zu überprüfen, durchliefen Studienteilnehmer – von Facebook-Süchtigen bis zu Offlinern - mehrere Testsituationen, während ihre Hirnströme mittels funktioneller Magnetresonanztomographie registriert wurden: Nach einem längeren Interview bekamen sie zunächst mitgeteilt, welchen Eindruck sie gemacht hatten. Dann hörten sie jeweils, wie andere Teilnehmer bewertet wurden. Zum Abschluss sollten sie eine Kartenaufgabe lösen, wobei sie Geld gewinnen oder verlieren konnten. In allen drei Fällen reagierte der Nucleus accumbens: eine kleine Hirnregion, die eine wichtige Rolle im Belohnungssystem spielt. Sie registriert den Gewinn oder Verlust von Anerkennung, Geld, Essen oder auch Sex und gilt als Entstehungsort eines Glücksgefühls. Ihre Rezeptoren lassen sich aber auch von zahlreichen Drogen beeinflussen.

Wie vom Forscherteam erwartet, spiegelte sich dort auch das Feedback zum Interview der Testpersonen wieder. Wer positive Bewertungen über sich selbst hörte, dessen linker Nucleus accumbens leuchtete im Computerbild stärker auf als wenn er Positives über Andere hörte. Vor allem aber leuchtete er dabei umso stärker, je intensiver jemand auch in Facebook aktiv war. Zwar zeigte dieser Hirnbereich auch bei Gewinn oder Verlust von Geld unterschiedlich intensive Aktivität – eine Korrelation mit der Facebook-Nutzung ergab sich aber nicht.

Frühere Studien hatten gezeigt, dass soziale Medien nicht nur das Zugehörigkeitsgefühl stärken können, sondern bei intensiver Nutzung auch die Noten verschlechtern oder generell unglücklicher machen können. Allerdings ist eine Ursache-Wirkungs-Richtung bisher unerforscht, so die Forscher: Es ist unbekannt, ob positives Feedback die Menschen zu mehr Interaktivität in sozialen Netzwerken treibt.

Dörte Saße

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