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Altersvorsorge: Lebensversicherer rütteln an den Garantien

Die Versicherer leiden unter den niedrigen Zinsen. Deshalb wollen sie jetzt zeitlich begrenzte Garantien auf den Markt bringen.

In der Versicherungsbranche ist der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, nicht sonderlich beliebt. Seit Donnerstag ist der Italiener in der Gunst der deutschen Assekuranz weiter gesunken. Denn die erneute Senkung der Leitzinsen von 0,75 auf 0,5 Prozent macht es den Versicherern noch schwerer, das Geld ihrer Kunden nicht nur sicher, sondern auch ertragreich anzulegen. Wegen der niedrigen Zinsen war das schon in der Vergangenheit schwierig, seit der jüngsten Leitzinssenkung haben sich die Sorgen der Versicherer aber noch verschärft. Nun ist die Branche bereit, selbst eine ihrer heiligen Kühe zu schlachten: die lebenslange Zinsgarantie.

Sowohl der Branchenprimus Allianz-Leben als auch der zweitgrößte deutsche Versicherer, die Ergo, arbeiten an neuen Policen mit beschränkter Garantie. Der garantierte Zins soll nicht mehr wie bisher während der gesamten Vertragslaufzeit, sondern nur noch während der Sparphase gelten. In der Rentenphase wird das Garantieniveau dann neu berechnet, heißt es bei der Allianz. Auch Ergo will die Garantieverzinsung nur noch bis zum Ende der Sparphase anbieten, in der Rentenphase soll kein garantierter Zins, sondern ein fester Rentenbetrag versprochen werden. Das erleichtert den Versicherern die Kalkulation. „Garantien sind in der Niedrigzinsphase sehr teuer“, betont Ergo-Sprecher Alexander Becker. Einzelheiten wollen beide Unternehmen im Juli vorstellen.

Bereits laufende Verträge bleiben davon unberührt. Und auch wer wie bisher eine garantierte Verzinsung für die gesamte Vertragslaufzeit haben will, kann solche Policen auch in Zukunft weiter abschließen. Aber: „Sicherheit kostet Geld“, sagt Simone Schuchert vom Versicherungsverband. Wer eine lebenslange Garantie möchte, muss dafür eine geringere Rendite in Kauf nehmen.

Dabei sinken die Renditen ohnehin schon. „Seit zwölf Jahren haben die Versicherungskunden mit reduzierten Überschussbeteiligungen zu kämpfen“, kritisiert Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. Fünfstellig sei die Differenz zwischen dem, was den Kunden einst in Aussicht gestellt worden ist, und dem, was sie heute ausgezahlt bekommen.

Das Problem: Die Versicherer investieren einen Großteil der Anlagegelder in festverzinsliche Staatsanleihen oder Pfandbriefe, die immer weniger Zinsen abwerfen. Zugleich müssen die Unternehmen aber die Garantiezinsen zahlen, die sie den Kunden versprochen haben. 3,15 Prozent waren es 2012 im Branchenschnitt, zehnjährige Bundesanleihen bringen derzeit jedoch gerade einmal 1,3 Prozent Zinsen im Jahr, bei einigen Papieren zahlen Investoren inzwischen sogar eine Prämie. Dass die Assekuranz ihre Garantien noch erfüllen kann, liegt daran, dass sie zunehmend in Schwellenländer, Firmenanleihen und Energieprojekte investiert – und an den höher verzinsten Papieren aus besseren Tagen, die noch im Depot liegen. 2012 erzielte die Branche so eine Nettoverzinsung von 4,5 Prozent – allerdings auf Kosten des Bestands. „Die Unternehmen haben Fünf- und Mehrprozenter verkauft“, berichtet Verbandssprecherin Schuchert. Das sei nötig gewesen, um ausscheidende Kunden an den Kursgewinnen der Papiere, die einst mit ihrem Geld erworben worden sind, zu beteiligen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte diese Ausschüttungen vorübergehend aussetzen wollen, war jedoch am Bundesrat gescheitert.

Was heißt das für die Verbraucher? Steuerlich privilegierte Lebensversicherungen, die vor 2005 geschlossen wurden, sollte man auf jeden Fall behalten, rät Rudnik. „Von neuen Verträgen sollte man aber die Finger lassen.“

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