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Lauscher im Wohnzimmer. Was wie eine schwarze Chipsdose aussieht, ist ein digitaler Butler, der auf Fragen antwortet.

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Amazon Echo: Wie digitale Butler unser Leben verändern sollen

Amazon und andere Firmen bringen neue Assistenten fürs Wohnzimmer heraus. Auf Zuruf beantworten sie Fragen, bestellen Pizza oder stellen den Wecker.

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Die Deutschen sollen eine neue Mitbewohnerin bekommen. Sie heißt Alexa und versteckt sich in einem wahlweise weißen oder schwarzen Lautsprecher, dessen Form an eine Chipsdose erinnert. Im Wohnzimmer platziert, beantwortet Alexa auf Ansprache hin alle möglichen Fragen. Etwa wann der nächste Zug nach Hamburg fährt. Wie das Wetter wird. Oder ob auf der Stadtautobahn Stau ist. Langfristig soll Alexa für den Nutzer auch Flüge buchen, ein Taxi rufen oder einkaufen können.

Hinter diesem digitalen Butler steht der amerikanische Onlinehändler Amazon. In den USA, Kanada und Großbritannien hat er die Geräte namens Amazon Echo bereits auf den Markt gebracht. In Deutschland werden sie seit dieser Woche an erste Testkunden verschickt. Durch diese Probephase will Amazon herausfinden, wie gut Alexa etwa die Dialekte der deutschen Sprache versteht. Wann Amazon Echo hierzulande für die breite Masse zu kaufen sein wird, lässt der Konzern offen. Wahrscheinlich wird es 2017.

Digitale Butler könnten unser Leben verändern

Experten prognostizieren allerdings schon heute, dass digitale Butler wie Amazon Echo unser Leben in einer Weise verändern könnten, wie es zuletzt das Smartphone getan hat. Timm Lutter vom Branchenverband Bitkom spricht von einem „sehr wichtigen Trend“. „Sprachassistenten bilden eine ganz neue Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine“, sagt er. Statt per Tastatur agieren Nutzer durch die neuen Geräte per Stimme mit Computern. „Das ist eine viel natürlichere Art der Kommunikation.“ In einer Umfrage des Verbands gaben kürzlich vier von zehn Deutschen an, sich durchaus vorstellen zu können, solche Sprachassistenten zu nutzen.

Die Geräte können zum Beispiel auf Befehl Musik abspielen, Sportergebnisse bekannt geben oder E-Mails vorlesen. Langfristig soll man über sie auch einen Großteil der Hausgeräte steuern können. Sobald die mit dem Internet verbunden sind, soll man den digitalen Butler zum Beispiel anweisen können, die Heizung höher zu stellen, die Rollläden hochzuziehen oder die Kaffeemaschine zu starten.

Auch Google und Apple drängen in den Markt

Für Konzerne, die solche Sprachassistenten herstellen, dürfte das ein lukratives Geschäft werden. Das Marktforschungsunternehmen Mizuho prognostiziert, dass allein Amazon bereits 2020 mit Echo elf Milliarden Dollar einnehmen dürfte. Daher ist es wenig verwunderlich, dass auch andere Anbieter in diesen Markt drängen. Google zum Beispiel bringt mit Google Home bereits im November in den USA ein Konkurrenzprodukt auf den Markt – im Frühjahr nächsten Jahres soll es auch in Deutschland verfügbar sein. Google Home ähnelt vom Aussehen einer Blumenvase und verfügt ebenfalls über einen schlauen Lautsprecher. Der kann im Prinzip alles, was auch Amazon Echo leistet: etwa das Wetter ansagen, Pizza bestellen oder Musik abspielen. Außerdem soll man Googles Assistenten seine Einkaufsliste diktieren können, die dann automatisch aufs Smartphone übertragen wird. Auch der iPhone-Konzern Apple arbeitet angeblich an einem solchen digitalen Butler. Er soll über den Sprachdienst Siri gesteuert werden, der schon länger auf dem iPhone verfügbar ist.

In Großbritannien hat man bereits Erfahrung mit Amazon Echo

Während die neuen digitalen Butler in Deutschland meist noch in der Testphase sind, ist man in Großbritannien bereits einen Schritt weiter. Amazon Echo zum Beispiel ist dort schon seit einem Monat für jedermann erhältlich. Die ersten Erfahrungen, die Nutzer dort gemacht haben, sind gemischt. Tim Skelton-Smith etwa findet es ganz nützlich. „Es ist vor allem praktisch, wenn man Kinder und morgens alle Hände voll zu tun hat“, erzählt der 36-jährige Brite, der sich das Gerät erst vor einer Woche gekauft hat. „Damit kann man einfach fragen, wie das Wetter wird oder was die Schlagzeilen in den Zeitungen sind – und zwar ohne auch nur einen Finger zu rühren.“ 

Alex Coady, der sich selbst als Technik-Liebhaber beschreibt und beruflich Websites programmiert, spricht über sein Amazon Echo bereits mehr wie eine Person als ein Gerät. Er nutzt es Echo etwa, um sich vorm Einschlafen Entspannungsmusik vorspielen zu lassen oder den den Wecker zu stellen. Auch beim Kochen sei Echo praktisch. „Mein Smartphone fällt mir jetzt nicht mehr ins Mehl oder Hühnchen, wenn ich schauen will, wie lange etwas im Ofen braucht“, sagt Coady. Trotz dieser Nützlichkeit hatte aber auch er zunächst ein komisches Gefühl. Schließlich hört das Gerät ständig zu, um sofort reagieren zu können, wenn es angesprochen wird. „Echo steht bei mir im Schlafzimmer“, sagt Coady, „ in der ersten Nacht fand ich das schon gruselig, dass es die ganze Zeit lauscht.“ Er vertraue aber darauf, dass Amazon die Daten nicht missbrauche.

Datenschutz-Experten sehen die Entwicklung kritisch

Daniel Nesbitt von der britischen Bürgerrechtsorganisation Big Brother Watch hält das für bedenklich. „Amazon Echo kann viel über die Nutzer lernen, über ihre Gewohnheiten und ihre Persönlichkeit“, sagt er. Das könne sehr aufdringlich werden, vor allem wenn jemandem nicht klar ist, was er damit über sich preisgibt. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Daten im Zuge eines Hackerangriffs gestohlen würden. „Ich persönlich würde Amazon Echo nicht kaufen.“

Der Konzern selbst weist darauf hin, dass man das Gerät auch abschalten und die Daten löschen kann. Christopher Weatherhead von der Menschenrechtsorganisation Privacy International kritisiert jedoch, dass nicht klar sei, ob Amazon nicht weiter auf die gelöschten Daten zugreifen könne oder nicht. „Das betrifft dann nicht nur den Besitzer des Geräts, sondern ist auch wenig tröstlich für Menschen, deren Stimme versehentlich aufgezeichnet worden ist.“

Auch in Deutschland sind nicht alle von den neuen Geräten begeistert. „Intelligente Sprachassistenten, die ihre Umgebung ständig ’belauschen‘, sind aus Sicht des Datenschutzes kritisch zu bewerten“, sagt die Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff. Für Nutzer sei nicht ausreichend nachvollziehbar, „wie, in welchem Umfang und wo die erfassten Informationen verarbeitet werden“. Auch sei nicht klar, für wie lange die Daten gespeichert würden. „Bedenkt man die aktuellen Sicherheitslücken vieler Internetdienste, so lässt sich wohl auch die Sicherheit der gewonnenen Daten nicht zu hundert Prozent garantieren“, sagte Voßhoff. Verbraucher sollten daher „sorgsam abwägen, ob die praktischen Vorteile eines digitalen Assistenten die mögliche Rund-um-die-Uhr-Überwachung ihrer Privatsphäre rechtfertigt“.

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