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Zu gut bezahlt? Wenn es nach der Post geht, sollen neue Mitarbeiter künftig schlechter bezahlt werden als bisher.

© dpa

Deutsche Post: Viele neue Jobs, aber schlechtere Bezahlung

Tausende neue Mitarbeiter der Post sollen nur noch nach Logistik-Tarifen bezahlt werden. Die Post argumentiert mit wirtschaftlicher Notwendigkeit, die Gewerkschaft ist empört.

Von Maris Hubschmid

Mehr für weniger: Die Deutsche Post will tausende zusätzliche Arbeitsplätze in Deutschland schaffen, neuen Mitarbeitern in ihrem gut laufenden Paketgeschäft künftig aber deutlich weniger zahlen als der Stammbelegschaft. „Wir rechnen im Paketgeschäft mit 10 000 neuen Stellen bis 2020 und wahrscheinlich 20 000 in Summe bis 2025“, teilte der für das Brief- und Paketgeschäft zuständige Vorstand des Unternehmens, Jürgen Gerdes, am Donnerstag mit. Neue Mitarbeiter sollen demnach in eigens gegründeten Gesellschaften arbeiten, für die der Haustarifvertrag der Post nicht gilt. Vielmehr sollen sich die Löhne der neuen Zusteller an den Tarifen der Logistikbranche orientieren. Die liegen vielfach unter denen des Bonner Konzerns.

Unternehmensvorstand Gerdes beklagt die Personalkosten seit längerem

Gerdes hatte immer wieder beklagt, dass die Personalkosten der Post im Durchschnitt doppelt so hoch seien wie die der Wettbewerber. „Die Paketzustellung ist auf Dauer nicht innerhalb der existierenden Tarifverträge machbar, der Wettbewerbsnachteil ist nicht tragbar“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die Pläne als „groß angelegte Tarifflucht“. In einer ersten Reaktion sprach Verdi von einem „sozialpolitischen Skandal ersten Ranges“. Mit ihrem Manöver wolle die Post die Arbeitsbedingungen von mehr als 10 000 Beschäftigten radikal verschlechtern. Nach Berechnungen der Gewerkschaft drohen den Betroffenen allein mit Blick auf den Stundenlohn Absenkungen von bis zu rund 20 Prozent. „Das ist der Einstieg in den Ausstieg aus der Sozialpartnerschaft“, kommentierte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende, Andrea Kocsis, die Pläne. Dabei gehe es der Post wirtschaftlich prächtig.

Die Tarifgehälter in der Logistik beginnen bei Stundenlöhnen knapp über zehn Euro

Gerdes und Verdi liegen seit Längerem im Clinch, der Post-Vorstand forderte für Neueinstellungen immer wieder eine „marktgerechte“ Bezahlung. „Unser altes Tarifsystem in der AG kommt aus den 70er Jahren, aus Zeiten der Bundespost. Heute sind wir ein modernes Dienstleistungsunternehmen und brauchen somit auch ein modernes Tarifgefüge“, erklärte Gerdes. Ziel der Konzernführung ist es, die Lohnkosten annähernd an die von Wettbewerbern wie UPS oder TNT anzupassen. Die Tarifentgelte in der Logistik beginnen bei Stundenlöhnen von knapp mehr als zehn Euro, in einigen Regionen – etwa in Süddeutschland – liegen sie höher. An dem Logistik-Tarif orientiert sich auch der Versandhändler Amazon, der deshalb schon lange kritisiert wird. Verdi verlangt von dem US-Händler, die Löhne in seinen Verteilzentren an die des Einzelhandels anzupassen.

49 neue Gesellschaften sollen die neuen Mitarbeiter einstellen

Bundesweit hat die Post nach eigenen Angaben bereits 49 Gesellschaften gegründet, die die neuen Mitarbeiter einstellen sollen. Unter anderem in Rostock, Bremen und Frankfurt am Main sollen sie bald komplette Bezirke für die Paketzustellung übernehmen. Die Post betonte, die ersten Gesellschaften würden ab sofort neue Mitarbeiter einstellen. Dabei würden befristet Beschäftigte der Post, deren Verträge auslaufen, bevorzugt.

Die Post beschäftigt im Brief- und Paketgeschäft rund 180 000 Mitarbeiter

Die Post beschäftigt im Brief- und Paketgeschäft derzeit rund 180 000 Mitarbeiter in Deutschland. Die Personalaufwendungen machen dabei einen großen Teil der Gesamtkosten aus. „Diejenigen Menschen, die bereits bei uns unbefristet beschäftigt sind, sind nicht Zielgruppe der neuen Gesellschaften“, stellt Gerdes klar. „Für sie gilt der Haustarifvertrag weiter.“ Die Gewinnprognosen der Sparte änderten sich durch die Pläne nicht. Der operative Gewinn soll demnach 2014, 2015 und 2016 bei jeweils mindestens 1,3 Milliarden Euro liegen.

Durch die Umstrukturierung sollen Überstunden leichter möglich werden

„Wir machen aus Umsatzwachstum zu geringes Gewinnwachstum“, erklärte der Manager. „Wir schaffen nun ein Tarifsystem, das gut für unsere Eigner, aber auch für unsere Mitarbeiter ist.“ Der Konzern werde auch bei den Arbeitszeiten flexibler, Überstunden würden leichter möglich. Mitbewerber wie Hermes liefern Pakete bereits jetzt regelmäßig bis in die Abendstunden aus. Die Anleger konnte Gerdes damit jedoch noch nicht überzeugen. Die Aktie büßte ein Prozent ein. mit dpa

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