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Engpass. Berlin wächst jedes Jahr um 40.000 Einwohner. Die Wohnungsnot wird größer, wenn nicht mehr gebaut wird.

© dpa

Deutscher Immobilienmarkt: Wohnungsnot hier, Leerstand dort

In Großstädten wie Berlin wird zu wenig gebaut, in einigen ländlichen Regionen zu viel. Eine Studie zeigt: Allein in Berlin fehlen am Ende des Jahrzehnts 55.000 Wohnungen.

Es wird eng in deutschen Großstädten. Zu dieser Schlussfolgerung kommt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer Studie zum künftigen Bedarf an Wohnungen. In seiner Analyse aller 402 deutschen Kreise und größerer Städte stellt das IW fest: Während in den Großstädten zu wenig gebaut wird, entstehen im ländlichen Raum häufig zu viele Wohnungen. Die Folge: Wohnungsnot in den Metropolen, Leerstand in der Provinz. Besonders dramatisch ist die Situation in Berlin und München.

„Jedes Jahr werden in der Bundesrepublik 20 000 Wohnungen zu wenig gebaut“, schreibt das IW in seiner am Mittwoch vorgestellten Studie. Die 245 000 im vergangenen Jahr entstandenen Wohnungen – immerhin 14 Prozent mehr als 2013 – verteilten sich ungleich zwischen Stadt und Land: Nur 66 000 seien auf Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern entfallen, benötigt würden dort aber 102 000 neue Wohnungen. „Allein in Berlin müssten bis 2020 pro Jahr 20 000 neue Wohnungen bezugsfertig werden“, schreiben die IW-Experten. Tatsächlich seien es 2014 aber nur 8744 gewesen. Am Ende des Jahrzehnts würden in Berlin etwa 55 000 Wohnungen fehlen.

Nur in vier der zwölf Großstädte entspreche die Bautätigkeit dem Bedarf, in Düsseldorf, Bremen und in den schrumpfenden Städten Essen und Dortmund.

In strukturschwachen Gegenden wie zum Beispiel der Eifel, dem Schwarzwald oder in Ostdeutschland gebe es hingegen zu viele Wohnungen. Die Ursachen sieht das IW in niedrigen Grundstückspreisen und der großzügigen Ausweisung von Bauland durch die Kommunen. Damit werde versucht, „neue Unternehmen und Menschen zur Ansiedlung zu gewinnen“. So werde häufig lieber neu gebaut, statt in eine Bestandsimmobilie zu investieren. Um eine weitere Zersiedelung und damit steigende Infrastrukturkosten zu vermeiden, müssten die Kommunen „finanzielle Anreize setzen, dass eher Bestandsimmobilien im Innenbereich eines Städtchens oder Dorfes erworben und gegebenenfalls saniert werden“. Außerdem sollten schrumpfende und wachsende Regionen möglichst effizient miteinander verbunden werden – durch eine bessere Verkehrsinfrastruktur, die Ausweitung des Schienenverkehrs oder den Ausbau des Fernbussystems.

Angesichts drastisch steigender Grundstücks- und Baukosten in Großstädten wie Berlin fordert das IW auch hier die Politik zum Gegensteuern auf. So müssten brachliegende Industrie- und andere Flächen „aktiviert“ werden. Auch seien Maßnahmen gefordert, um die Kosten für Neubauten zu reduzieren. „Beliebte Städte müssen die Auflagen etwa für die Gebäudehöhe lockern“, forderte IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer.

Deutsche Annington und Makler Ziegert profitieren

Profiteure des Booms in den Städten sind die großen Immobilienunternehmen und Makler. So verdiente der größte deutsche Wohnungsvermieter Deutsche Annington nach seinen jüngsten Übernahmen in den ersten sechs Monaten deutlich mehr Geld: knapp 85 Millionen Euro. Vor allem der Kauf des größten Konkurrenten Gagfah machte sich in der Bilanz bemerkbar. Zuletzt hatte der börsennotierte Konzern die Südewo-Gruppe übernommen. Der Deutschen Annington, die ab Herbst Vonovia heißt, gehören bundesweit rund 350 000 Wohnungen, die meisten in Nordrhein-Westfalen und Ballungsräumen wie Berlin. Das Unternehmen kündigte am Mittwoch an, mehr in die Instandhaltung und Modernisierung seiner Wohnungen investieren zu wollen. Bereits im ersten Halbjahr gab der Marktführer rund 265 Millionen Euro für Renovierungen aus – 120 Millionen Euro mehr als im Vorjahreszeitraum.

Gut gingen im ersten Halbjahr auch die Geschäfte des Berliner Wohnungsmaklers Ziegert, einer der führenden Vertriebsfirmen für Eigentumswohnungen in der Hauptstadt. Seit Jahresanfang seien 468 Wohnungen verkauft worden mit einem Umsatz von 154 Millionen Euro, teilte Ziegert am Freitag mit. Dies seien 15 Prozent mehr als im Rekordhalbjahr 2013. 65 Prozent des Umsatzes würden mit Neubauten oder Umnutzungsprojekten gemacht.

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