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Für die Tonne. Auch wenn einige Läden weiterbestehen werden, der Name Schlecker wird verschwinden. Für Tüten wie diese gibt es dann kein Verwendung mehr.

© dpa

Drogeriekette: Was von Schlecker bleibt

Schlecker ist Geschichte. Jetzt versucht der Insolvenzverwalter, die Reste der Drogeriemarktkette zu verkaufen. Und die Gewerkschaft dringt erneut auf eine Transfergesellschaft.

Nun ist das Aus endgültig besiegelt: Die insolvente Drogeriemarktkette Schlecker wird zerschlagen. Eine Fortführung sei nicht zu vertreten gewesen, sagte Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz nach der Gläubigerversammlung am Dienstag in Ulm. Bereits am Freitag hatte der Ausschuss der wichtigsten Gläubiger für das Ende der Kette gestimmt. Nun würden die Tochterfirmen und die Immobilien verkauft, sagte Geiwitz. Damit muss er die Forderungen der Gläubiger bedienen – bisher seien das 665 Millionen Euro, am Ende dürften es 800 Millionen Euro sein, sagte der Insolvenzverwalter. Zu den Gläubigern des Konzerns zählen der „Wirtschaftswoche“ zufolge auch Anton Schleckers Kinder, Lars und Meike, die Forderungen in Höhe von 176 Millionen Euro angemeldet haben sollen.

DAS UNTERNEHMEN

Für die noch 13 200 Beschäftigten in Deutschland bedeutet die Zerschlagung von Schlecker zum Ende des Monats die Kündigung – es sei denn, es finden sich Käufer für Teile der bundesweit 2800 Märkte, die nun geschlossen werden sollen. Darauf hofft auch die Gewerkschaft Verdi. „Etliche der verbliebenen Filialen in Deutschland laufen gut“, sagt Sprecherin Christiane Scheller. Einzelne Angebote von Wettbewerbern soll es bereits geben. Zunächst aber soll in den Märkten ab Freitag der Ausverkauf der Waren beginnen – mit Rabatten von bis zu 50 Prozent.

Die rund 5000 Mitarbeiter der insolventen Schlecker-Töchter Ihr Platz und Schlecker XL können jedoch hoffen: Die bundesweit 490 Filialen von Ihr Platz sowie die 342 besonders großen Schlecker-XL-Märkte dürften an den Münchner Investor Dubag gehen. Allerdings müssen hier die Gläubiger noch zustimmen. Die Verhandlungen liefen noch, sagte ein Sprecher des Kreditversicherers und Gläubigers Euler Hermes. Gelingt der Verkauf, wird der Name Schlecker in Deutschland trotzdem verschwinden, langfristig sollen alle 832 Märkte unter dem Namen Ihr Platz weitergeführt werden. Die Osnabrücker Drogeriekette hatte Anton Schlecker 2007 übernommen.

Neben dem Deutschland-Geschäft, das aufgegeben wird, hat Schlecker etliche Auslandstöchter und eine Versandapotheke, die nicht von der Insolvenz betroffen sind. Ein Teil ist schon verkauft: Die tschechische und die französische Auslandsgesellschaft hat Geiwitz veräußert. Für die österreichische Tochter gebe es mehrere Interessenten, für die polnische liege ein Angebot vor, sagte Geiwitz. In Spanien sei der Verkaufsprozess angestoßen. Für die übrigen Auslandstöchter zeigte Geiwitz sich zuversichtlich, Käufer zu finden. Insgesamt arbeiten im Ausland 10 000 Beschäftigte für Schlecker.

DIE FAMILIE

Das Vermögen der Familie Schlecker wurde 2011 noch auf 1,65 Milliarden Euro geschätzt. Anton Schlecker hatte aber nach Angaben von Geiwitz zwischen 2008 und 2011 mehrere hundert Millionen Euro in das kriselnde Unternehmen gesteckt. Nun hat er alles verloren – wegen der Rechtsform des eingetragenen Kaufmanns (e.K.) haftet er persönlich für die Insolvenz. Die Familie aber soll dem „Handelsblatt“ zufolge noch 35 bis 40 Millionen Euro besitzen. Geiwitz bezeichnete die Zahlen jedoch am Dienstag als „reine Spekulation“.

In Bildern: Chronik eines Niedergangs

Die Kinder des Patriarchen gerieten jedoch wegen des Logistikunternehmens LDG in die Kritik. Die Gesellschaft, die Lars und Meike gehört, betrieb die Lager von Schlecker und soll dem Bericht zufolge in den vergangenen Jahren hohe Gewinne eingefahren haben, während die Drogeriekette selbst Millionenverluste schrieb. „Wir prüfen sämtliche Übertragungen von Anton Schlecker an die Kinder in den letzten vier Jahren im Hinblick auf Vermögensverschiebung“, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters am Dienstag. Bisher sei jedoch nichts gefunden worden, „was die Insolvenz hätte verhindern oder die Restrukturierung hätte sichern können“. Geiwitz selbst nahm die Gründerfamilie vor dem Vorwurf der Bereicherung in Schutz: „Man kann ihr aber nicht vorwerfen, Vermögen im großen Stil weggeschafft zu haben“, sagte er.

DIE MITARBEITER

Die Gewerkschaft Verdi hofft nun auf einen Sonderfonds für Schlecker, um vorerst die Zahlung von Gehältern und Mieten sicherzustellen.„Dadurch könnten gut laufende Filialen weiterbetrieben und damit leichter verkauft werden“, sagte Sprecherin Scheller. Auch die Hoffnung auf eine Transfergesellschaft für alle rund 25 000 von der Entlassung betroffenen Mitarbeiter hat Verdi noch nicht aufgegeben. „Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen“ sagte Scheller. Bisher hätten erst 1200 der 11.200 Schlecker-Frauen, die in der ersten Entlassungswelle gekündigt wurden, einen neuen Job gefunden. Die Aussichten für einen Erfolg der 4400 Kündigungsschutzklagen schätzt Verdi als gering ein.

In Ulm demonstrierten am Dienstag hunderte Verkäuferinnen für Unterstützung von der Politik. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bezeichnete eine Transfergesellschaft aber als nicht umsetzbar. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat unterdessen mit der Suche nach Jobs für die Schlecker-Frauen begonnen. „Wir führen Gespräche mit großen Firmen wie Amazon, McDonald’s, Lidl oder dem Dänischen Bettenlager, um zu sehen, wo Verkäuferinnen unterkommen könnten“, sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt der „Zeit“.

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