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Carabinieri präsentieren einen Teil der Bonds.

© dpa

Gefälschte Anleihen: Zu viele Nullen auf dem Schein

Die Geschichte liest sich wie ein Krimi. Mafia-Jäger entdecken US-Anleihen im Wert von sechs Billionen - die Fälscher waren etwas über das Ziel hinausgeschossen.

Schon die Verpackung wirkte alt und echt: Die Billionen befanden sich in drei Truhen aus dunklem Holz, jede über einen Zentner schwer und verziert mit Bronze-Beschlägen mit dem Logo der „Federal Reserve Chicago“. Auch die darin enthaltenen US-Anleihen aus dem Jahr 1934 waren bemerkenswert gut gemachte Fälschungen, und in einem Bleibehälter in einer der Schatzkisten befand sich sogar noch die – ebenfalls gefälschte – Kopie des Friedensvertrags von Versailles aus dem Jahr 1919. Nur beim Betrag waren die Fälscher etwas über das Ziel hinausgeschossen: Jeder der beschlagnahmten 5973 US-Bonds wies einen Nennwert von einer Milliarde Dollar aus. Das ist 10.000 mal mehr als die höchste Tranche, die 1934 von der US-Zentralbank ausgegeben worden war. Der Höchstbetrag pro Anleihe betrug damals 100.000 Dollar – in den Dreißigerjahren eine hohe Summe.

Die drei Kisten waren im Januar auf ein Rechtshilfegesuch aus Italien von der Schweizer Polizei in Zürich beschlagnahmt und nach Italien überstellt worden; vergangene Woche wurden acht italienische Staatsangehörige verhaftet, die meisten von ihnen einschlägig vorbestraft. Die mutmaßlichen Fälscher und Betrüger werden derzeit von der Staatsanwaltschaft von Potenza in Süditalien verhört. Auf den Verbrecherring waren die Fahnder im Rahmen von Ermittlungen gegen den Mafia-Clan der Martorano gestoßen: In abgehörten Telefonaten war plötzlich von US-Anleihen in Milliardenhöhe die Rede gewesen. Die Ermittler schlugen im September 2010 ein erstes Mal zu: Bei einer Hausdurchsuchung in Rom fand die italienische Polizei vier gefälschte US-Bonds in der Höhe von je 500.000 Dollar.

Giovanni Colangelo, der Staatsanwalt von Potenza, will in den Verhören nun vor allem herausfinden, woher die Fälschungen stammen: Haben die acht Festgenommenen die Papiere selber gedruckt – oder haben sie diese einem anderen, internationalen Betrügerring abgekauft? Oder sind ihnen Fälschungen aus dem Zweiten Weltkrieg in die Hände gekommen, mit denen einzelne Kriegsteilnehmer versucht haben könnten, die Finanzordnung des Feindes zu destabilisieren, wie italienische Medien spekulieren? Fest steht bisher nur, dass die drei Kisten bereits im Jahr 2007 per Luftfracht von Hongkong nach Zürich gebracht worden waren. Dort nahm sie eine Treuhandgesellschaft in Empfang, die laut italienischen Medienberichten einem der Verhafteten gehört.

Fest steht auch, dass die Verdächtigen mehrfach versuchten, Käufer für die falschen US-Anleihen zu finden. Dabei sind sie offenbar ziemlich naiv vorgegangen: Ausgerechnet bei den pingeligen Schweizer Banken hätten sie versucht, mit den Milliarden-Bonds als Sicherheit Kreditlinien in Millionenhöhe zu erhalten, heißt es. Danach versuchten sie ihr Glück in Afrika: Laut Staatsanwalt Colangelo haben die Verdächtigen versucht, mit den US-Anleihen auf dem nigerianischen Schwarzmarkt Plutonium zu kaufen. Auch dies erfolglos.

Der Sprecher des US Secret Service, Brian Leary, erklärte der „New York Times“, dass fiktive Wertpapiere bei internationalen Betrügereien oft als Garantien für Anleihen verwendet würden. Es handle sich um eine verbreitete Praxis vor allem in Europa, wo das Publikum mit dem tatsächlichen Aussehen der US-Papiere nicht vertraut sei. Leary sagte weiter, dass unbedarfte Anleger mithilfe solcher falschen Anleihen bereits um insgesamt zehn Milliarden Dollar betrogen worden seien. Laut der Federal Reserve werden im Jahr durchschnittlich 100 Betrugsversuche mit US-Wertpapieren aufgedeckt.

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