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Wirtschaft: „Kesseltreiben auf die Kanzlerin“ Hans-Werner Sinn schlägt den schärfsten Ton an

Keiner formuliert spektakulärer. Und bei keinem anderen klingen so viele chauvinistische Töne durch wie bei ihm: Hans-Werner Sinn, der sich nach dem Abgang seines Kollegen Klaus Zimmermann beim DIW als einflussreichster Ökonom hierzulande fühlt, hat großen Spaß an zugespitzter Rede.

Keiner formuliert spektakulärer. Und bei keinem anderen klingen so viele chauvinistische Töne durch wie bei ihm: Hans-Werner Sinn, der sich nach dem Abgang seines Kollegen Klaus Zimmermann beim DIW als einflussreichster Ökonom hierzulande fühlt, hat großen Spaß an zugespitzter Rede. Das geht nicht immer gut. Vor ein paar Jahren, als die Finanzkrise die Welt erschütterte, verglich er im Tagesspiegel die vermeintlich verfolgten Wirtschaftseliten des Jahres 2008 mit Naziopfern: „1929 traf es die Juden – heute die Manager.“

In der europäischen Finanzkrise ist Sinns Ansatz leicht verständlich: Die Südländer wollen unser Geld, dagegen müssen wir uns wehren. Als vor zwei Jahren erste Hilfen für Griechenland beschlossen wurden, wusste Sinn von einem „lange vorbereiteten Plan“ für den Nord-SüdTransfer. „Um an unser Geld zu kommen, hat man Deutschland imperiale Gelüste vorgeworfen und uns den Hass der Völker prophezeit.“ Diesem Druck habe selbst die eiserne Angela Merkel nicht standhalten können, auf die „vom Ausland mehr Druck ausgeübt wurde, als je zuvor ein deutscher Kanzler nach dem Krieg hat aushalten müssen“, meinte Sinn im „Handelsblatt“ und sprach von „Kesseltreiben“. Er steht an ihrer Seite, auch gegen die Europäische Zentralbank („Auf diese Institution kann sich Deutschland nicht verlassen.“), in der die „Club-Med-Staaten“ die Mehrheit haben. „Wir müssen Angela Merkel helfen, indem wir Gegendruck aufbauen, damit nicht alles hinweggeweht wird, was die Stabilität unseres Staatswesens ausgemacht hat.“ In der „Wirtschaftswoche“ riet Sinn der Regierung, weitere Hilfen für kriselnde Euro-Länder nur noch gegen Sicherheiten zu leisten.

Peter Bofinger hat vergangene Woche mit 16 anderen internationalen Ökonomen vor einer „Katastrophe“ für Europa gewarnt, wenn sich die Krisenpolitik nicht ändert. Wie Dominosteine würde ein Krisenstaat nach dem anderen fallen und am Ende der Euro zusammenbrechen. Kurzfristig werben die Ökonomen für einen Schuldentilgungsfonds, den auch der Sachverständigenrat, dem Bofinger angehört, vorgeschlagen hat: Altschulden werden ab einer bestimmten Höhe in einen gemeinschaftlichen Topf ausgelagert. „Wer glaubt, dass man die systemische Krise des Euro-Raums überwindet ohne jegliche Haftung für andere Länder, ist naiv“, sagt Bofinger, der Euro-Bonds indes ablehnt. Auch er erinnert an 1929, wenn er dafür plädiert, dass die Krisenstaaten vorerst keine zusätzlichen Sparmaßnahmen ergreifen, weil diese die Konjunktur abwürgten. „Sonst droht dasselbe Szenario wie im Deutschland der Weltwirtschaftskrise von 1929, als man mit immer neuen Sparbeschlüssen die Wirtschaft endgültig ruiniert hat.“ Deshalb, so folgert Bofinger, „sollten gerade wir Deutschen es besser wissen“. alf

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