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Diesel-Gipfel. Angela Merkel empfing am Dienstag im Bundeskanzleramt Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen zu einem Treffen zur Dieselkrise.

© Foto: Michael Kappeler/dpa

Kommunaler Diesel-Gipfel: Gute Luft im Kanzleramt

Der Bund bietet den von Abgasen besonders belasteten Kommunen 750 Millionen Euro für Elektrobusse, Diesel-Umrüstung und Digitalisierung an – die Zeit drängt.

Die Uhr tickt: In zwei Monaten entscheidet das Bundesverwaltungsgericht, ob Großstädte die Luftverschmutzung mit Fahrverboten für Dieselfahrzeuge bekämpfen dürfen. Käme es so, wären hundertausende Autofahrer demnächst aus den Innenstädten ausgesperrt, in vielen Städten bräche wohl ein Verkehrschaos aus. Um dies zu verhindern, hat die Bundesregierung den Kommunen am Dienstag die Förderung von Sofortmaßnahmen zugesagt, die schnell für eine bessere Stadtluft sorgen sollen.

Das Ziel: Die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Stickoxid-Emissionen (NOx), die aktuell in mehr als 80 deutschen Städten überschritten werden, werden kurzfristig eingehalten, so dass die Richter nicht zum äußersten Mittel greifen müssen. „Wir hoffen, dass wir noch etwas beeinflussen können“, heißt es in Regierungskreisen. Da der Bund die Einführung einer Blauen Plakette ablehnt, stehen die Kommunen unter massivem Handlungsdruck – Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf Luftreinhaltung sind in zahlreichen Städten anhängig. Unter anderem auch in Berlin.

Belastet. Viele Städte haben mit zu hohen Schadstoffemissionen im Verkehr zu kämpfen.
Belastet. Viele Städte haben mit zu hohen Schadstoffemissionen im Verkehr zu kämpfen.

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Viel Zeit bleibt also nicht und die Skepsis ist groß, ob der Luftverschmutzung so rasch wie geplant beizukommen ist. So wüssten die Städte zum Beispiel noch nicht, ob sie die zugesagten Fördermittel tatsächlich unbürokratisch erhalten könnten, erklärte die Präsidentin des Städtetages, die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse, am Dienstag nach einem Spitzentreffen bei Kanzlerin Angela Merkel. Zu viel Bürokratie würde die Umsetzung der Maßnahmen verzögern.

Geld kommt aus dem Energie- und Klimafonds

Das will auch der Bund vermeiden. Deshalb soll ein Großteil der Fördermittel aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) zur Finanzierung der Energiewende kommen, in dem nach Auskunft des Finanzministeriums 1,5 Milliarden Euro übrig geblieben sind. Damit wird verhindert, dass es zu Finanzierungsengpässen kommt, weil weder der Bundeshaushalt 2018 noch die neue Bundesregierung stehen. Außerdem wurde eine „Lotsenstelle“ im Bundeswirtschaftsministerium eingerichtet, bei der die Kommunen möglichst unbürokratisch ihre Förderanträge stellen können. Da es für einige Maßnahmen noch keine entsprechenden Förderbescheide gibt, die Kommunen aber schnell Geld brauchen, sollen Genehmigungen „förderunschädlich“ – also schon vor Inkrafttreten der Bescheide – erteilt werden.

Aus mehr als 700 Einzelmaßnahmen, die die Kommunen im Vorfeld des Diesel-Gipfels vorgeschlagen hatten, wurden Pakete geschnürt, die schnell, umfassend und kostengünstig wirken sollen. 350 Millionen Euro sollen demnach für die Elektrifizierung des Verkehrs bereitgestellt werden, etwa für Elektro-Bus-Flotten. Weitere 150 Millionen Euro sollen in die Nachrüstung von Diesel-Bussen gehen, bis zu 500 Millionen Euro in die Digitalisierung des Verkehrs, etwa in Parkleit- und Fahrgastinformationssysteme. 250 Millionen Euro dafür hat die Autoindustrie zugesagt.

Deutsche Hersteller haben keine Elektrobusse und E-Taxis

Kritik wurde am Dienstag an den Herstellern laut, mit der sich die Kanzlerin Anfang kommenden Jahres im Rahmen des „Nationalen Forums Diesel“ wieder treffen will. „Dann ging es um den sozusagen nicht anwesenden Elefanten im Raum, also die Automobilindustrie“, berichtete die Kanzlerin im Anschluss an das Gespräch mit den Kommunen. Zwar beteiligen sich die deutschen Autobauer am Mobilitäts-Fonds, sie rüsten fünf Millionen Dieselwagen um und sprechen mit zwei Dutzend Kommunen über weitere Maßnahmen. Doch die Verantwortlichen in den Städten erwarten mehr.

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) sagte, die Autobauer könnten wegen eines Programms für Kommunen „nicht außen vor“ bleiben. Die Aufgaben der Branche seien noch nicht gelöst. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisierte, es gebe bis heute kein Elektrotaxi deutscher Hersteller. Das gilt auch für Elektrobusse, die nun angeschafft werden sollen. In größeren Stückzahlen können aber nur ausländische Hersteller, etwa aus Polen, kurzfristig liefern. Man müsse aufpassen, dass man kein Förderprogramm für ausländische Fahrzeughersteller auflege, heißt es in Regierungskreisen. „Die deutschen Fahrzeugbauer müssen sich jetzt beeilen, wenn sie sich an den kommunalen Ausschreibungen noch beteiligen wollen.“

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