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Schluss mit Apple-Kult: Die dunkle Seite der Macht

Die freundliche Selbstdarstellung des Lifestyle-Konzerns trügt: Im Tagesgeschäft arbeitet Apple so rüde wie andere Konzerne auch.

Steuerflucht, Ausbeutung, Abzocke – auf das klinisch saubere Image der Marke Apple sind in den vergangenen Monaten dunkle Schatten gefallen. Konnte der Konzern früher unbehelligt von unbequemen Nachfragen den Kult um seine Produkte pflegen, interessiert sich die Öffentlichkeit heute plötzlich für etwas ganz anderes: Wer produziert unter welchen Umständen iPhones und iPads? Warum kosten Apple-Produkte häufig mehr als die der Konkurrenz? Wo versteuert Apple eigentlich seinen Milliardengewinn?

Im Zeichen des Staatsfeindes. Ein (nicht offizieller) Apple-Store im Norden der iranischen Hauptstadt Teheran.
Im Zeichen des Staatsfeindes. Ein (nicht offizieller) Apple-Store im Norden der iranischen Hauptstadt Teheran.

© AFP

Wenn Apple ein iPhone verkauft, bleiben rund 60 Prozent des Erlöses als Bruttogewinn in der Kasse des kalifornischen Konzerns. Die Gründe für diese enorme Profitabilität (die manchem Analysten nicht mehr groß genug ist) liegt nicht zuletzt am massiven Druck, den Apple auf Lieferanten und Vertriebspartner ausübt. Das tun andere Konzerne auch. Doch die rüden Methoden, derer sich Apple im Tagesgeschäft bedient, stehen in besonders krassem Widerspruch zur fröhlichen Selbstdarstellung der Lifestyle-Marke.

Beispiel Arbeitsbedingungen: Nach mindestens 13 Selbstmorden im Jahr 2010 haben sich in den vergangenen Wochen drei weitere Mitarbeiter der chinesischen Elektronikfirma Foxconn in den Tod gestürzt. Foxconn, Weltmarktführer bei Computerkomponenten mit 1,1 Millionen Beschäftigten in China, produziert für Apple und andere große Tech-Konzerne wie Sony und Nokia. Aktivisten führen die Suizide auf die harten Arbeitsbedingungen in den Foxconn-Fabriken zurück. Inzwischen wurden die Löhne um fast 70 Prozent angehoben. Zu viel für Apple: Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ erwägt der Konzern, sein geplantes günstiges iPhone vom Foxconn-Konkurrenten Pegatron fertigen lassen. Erklärt wird dies nicht mit den miserablen Arbeitsbedingungen, sondern mit „strategischen Gründen“. Apple-Chef Tim Cook wolle das Risiko breiter streuen, nachdem Foxconn im vergangenen Jahr Smartphones mit verkratzten Metallhüllen geliefert habe. Der eigentliche Grund liegt auf der Hand: Apple drückt die Kosten – Pegatron produziert einfach billiger als Foxconn.

Beispiel Steuerflucht: Bei einer Anhörung vor dem US-Senat, der sich mit der zweifelhaften Steuerpraxis des Konzerns befasste, gab sich Apple-Chef Cook jüngst als guter Amerikaner. Apple habe seine Entwicklungsabteilung in Kalifornien behalten, zahle in den USA Steuern und habe tausende Jobs geschaffen. „Wir brauchen keine Steuertricksereien“, sagte Cook. Apple braucht sie nicht – wendet sie aber trotzdem an. Ganz legal. Den Bilanzen zufolge zahlte der Konzern in den vergangenen drei Jahren auf 74 Milliarden Dollar von im Ausland erzielten Gewinnen einen Steuersatz von zwei Prozent. Möglich ist dies, weil einige Apple-Tochterfirmen in Irland, wo das Europageschäft abgerechnet wird, weder dort noch in den USA steuerpflichtig sind. Betroffen ist auch der deutsche Finanzminister. Nach Schätzungen der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Network umgeht Apple in Deutschland mit Steuertricks Zahlungen an den Fiskus in Höhe von 250 Millionen Euro.

Beispiel Abzocke: Laut dem US- Justizministerium und Staatsanwälten aus 30 US-Staaten, haben Verbraucher Millionen Dollar zu viel für elektronische Bücher bezahlt. Apple, so der Vorwurf, habe die Preise mit fünf Verlagen abgesprochen. Der Konzern muss sich nun vor einem New Yorker Gericht verantworten. In der EU provozierte Apple die Kritik der Justizkommissarin Viviane Reding, die dem Konzern vorwirft, Kunden über Garantieleistungen zu täuschen. Der Garantierahmen betrage zwei Jahre, Apple biete aber nur einen Basisschutz für ein Jahr – und lasse sich alle zusätzlichen Leistungen teuer bezahlen. Henrik Mortsiefer

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