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Was ist das denn? DGB-Chef Reiner Hoffmann mit einer Speziallampe im Kreise von Gewerkschafterinnen vor ein paar Tagen im Berliner Osram-Werk.

© Christian von Polentz

Standort Berlin: Osram setzt auf autonomes Fahren

Konzern verabschiedet Hightech-Strategie: Das Berliner Werk wird zum einem Zentrum für Software und Abstandssysteme.

Thomas Wetzel hat viel erlebt. Und er hat noch was vor sich. Seit 33 Jahren ist Wetzel bei Osram und inzwischen als Betriebsratschef verantwortlich für viele tausend Beschäftigte. „Die Produkte, die sie hier sehen, sind sterbende Produkte“, sagte Wetzel kürzlich bei einer Betriebsbesichtigung im Berliner Osram-Werk. Er meinte die Xenon-Lampen für die Autoindustrie. Anfang der 1990er Jahre wurde als erstes Modell ein 7er BMW mit den schicken Scheinwerfern ausgerüstet und dann nach und nach alle möglichen Pkw. 13 Millionen Lampen produzierte Osram vor anderthalb Jahren in Berlin. Doch die LED Leuchten verdrängen zunehmend Xenon, in diesem Jahr fertigt Osram weniger als zehn Millionen Leuchten. Tendenz fallend.

Eine Laserproduktion wird aufgebaut

Als Ersatz für die „sterbenden Produkte“haben sich IG Metall, Betriebsräte und Vorstand nun auf eine „Hightech- Strategie“ für die deutschen Werke verständigt. „Berlin hat sich als geeigneter Standort für das Zukunftsgeschäft Autonomes Fahren erwiesen“, teilte Osram am Mittwoch mit. Konkret geht es um Technologien zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitserkennung. In Berlin wird eine Laser-Produktion und ein Entwicklungszentrum für Software und Innovation aufgebaut. „Das ist ein Erfolg für unsere Kolleginnen und Kollegen und für die Zukunft von Osram in Berlin“, freute sich Betriebsratschef Wetzel.

Der Personalabbau war dramatisch

Der rasante technologische Wandel in der Lichtbranche und die Ausgliederung und der Verkauf der traditionellen Lampen hat die Berliner Osram-Belegschaft seit 2009 von 2500 auf 800 Mitarbeiter schrumpfen lassen. „Seit acht Jahren leben wir mit einem Sozialplan“, sagt Wetzel. Immerhin: Der Personalabbau bei der früheren Siemens-Tochter lief ziemlich sozialverträglich, also zumeist über Altersteilzeit oder Aufhebungsverträge mit Abfindungszahlungen. Auf dem 115 000 Quadratmeter großen Gelände an der Nonnendammallee produziert Osram neben den Xenon-Lampen auch Spezialleuchten für Fernsehhersteller wie Samsung und die Kinoindustrie oder Mikroskope. Dazu gibt es in einem 90 Jahre alten Backsteingebäude eine Quarzglasfertigung. Feinster, weißer Quarzsand aus den USA wird in Öfen bei mehr als 2000 Grad in dünne Glasrohre verwandelt. 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr; wenn ein Ofen einmal abkühlt, dann geht der Wolframtiegel, in dem der Sand geschmolzen wird, kaputt.

Weltweit gibt es 24000 Mitarbeiter

„Wir wollen unsere Produkte möglichst lange am Markt halten“, sagt Betriebsrat Wetzel. Das haben die Arbeitnehmervertreter im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zum Thema Industrie 4.0 mit dem Vorstand auch als Ziel festgeschrieben. „Im Zug der Transformation wird sich die Beschäftigtenstruktur in Deutschland verändern“, heißt es in der Osram-Mitteilung vom Mittwoch. Insgesamt soll es aber sogar einen Zuwachs an Arbeitsplätzen hierzulande geben. „Mit dem Ausbau der Zukunftsfelder Autonomes Fahren, Digitalisierung und der LED-Technik bekennen wir uns zum Hochtechnologie-Standort Deutschland“, sagte Vorstandschef Olaf Berlien.

Für ein halbes Dutzend Standorte in Deutschland gibt es nun Produktzusagen und Entwicklungsperspektiven in dem Konzern, der weltweit gut 24 000 Mitarbeiter beschäftigt und zuletzt 3,8 Milliarden Euro umsetzte. „Wir wollen den Wandel schaffen“, sagt Betriebsratschef Wetzel, und will dazu einen Schwerpunkt auf die Qualifizierung der Beschäftigten setzen. „Aber nicht alle können bleiben“, weiß Wetzel. Die relativ gemütlichen Glühbirnen-Zeiten mit rund 6000 Berliner Beschäftigten in den 1970er Jahren – die kommen nicht wieder.

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