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Mehr als 2500 Beschäftigte bauen auf der Meyer Werft Kreuzfahrtschiffe wie die "Norwegian Breakaway".

© dpa

Tod zweier Arbeiter: Bei Meyer Werft soll besser bezahlt werden

Nach dem Tod von zwei rumänischen Arbeitskräften führt die Meyer Werft eine Sozialcharta bei ihren Subunternehmen ein. Der Pilotversuch könnte zum Signal für die Industrie werden.

Durch den Tod von zwei Arbeitern in Papenburg könnten sich die Arbeitsbedingungen vieler Menschen verbessern. Die Meyer Werft in Papenburg, in der die beiden aus Rumänien stammenden Opfer eines Wohnungsbrandes arbeiteten, gab sich jetzt eine Sozialcharta und will ferner mit der IG Metall einen Tarifvertrag gegen Lohndumping und für gesundheitsverträgliche Arbeitsplätze abschließen. Darauf verständigten sich Firmenchef Bernhard Meyer und Meinhard Geiken, Chef des IG Metall-Bezirks Küste, am Montagabend bei einem Gespräch mit Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). „Wir wollen nicht in eine Ecke gerückt werden, in die wir nicht gehören“, sagte Meyer.

Am 13. Juli war in einem Haus in Papenburg ein Feuer ausgebrochen, in dem rund 30 Rumänen und Bulgaren untergebracht waren, zwei Rumänen starben an einer Rauchvergiftung, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Angeblich arbeiten die Osteuropäer für einen Stundenlohn von 3,50 Euro auf der Meyer Werft – und zwar als Mitarbeiter eines Subunternehmers. Fast die Hälfte der „Belegschaft“ der Meyer Werft wird von solchen Werkvertragsunternehmen gestellt. Die Werft baut mit mehr als 2500 Personen Kreuzfahrtschiffe und ist dabei auf alle möglichen Spezialisten anderer Firmen angewiesen, die temporär beauftragt werden. So steht denn auch in der neuen „Sozialcharta“ der Hinweis, dass die „Arbeitsteilung der Werft für die internationale Wettbewerbsfähigkeit unverzichtbar“ sei. Doch nun will Meyer verstärkt darauf achten, wie die Mitarbeiter der Subunternehmen behandelt werden.

„Der Mindestlohn darf einen Bruttostundenlohn von 8,50 Euro nicht unterschreiten“, heißt es in der Charta. Arbeitszeit- und Arbeitsschutzbestimmungen sollen für die Werkvertragsarbeiter ebenso gelten wie für die Stammbelegschaft der Werft. Der IG Metall geht das nicht weit genug. Sie will in einem Tarifvertrag vor allem regeln, welche Befugnisse der Betriebsrat künftig hat. „Wir schaffen eine belastbare Vereinbarung, die die Situation der Arbeitnehmer mit Werkvertrag verbessert“, meinte Geiken. Und Thomas Gelder, Betriebsratschef der Meyer Werft, verspricht sich viel davon, wenn „das Unternehmen uns gegenüber offenlegen muss, zu welchen Bedingungen die insgesamt 1500 Beschäftigten mit Werkvertrag auf der Werft arbeiten“. Bislang reichten die Rechte des Betriebsrats nicht aus, gegen die Firmen vorzugehen, „die Arbeitnehmer ausnutzen oder miserabel behandeln“.

Die IG Metall polemisiert seit einiger Zeit gegen das Instrument der Werkverträge als eine Form von Scheinselbständigkeit, mit der Löhne gedrückt werden. Nachdem die Gewerkschaft nach jahrelangem Bemühen im Frühjahr 2012 eine bessere Bezahlung von Leiharbeitnehmern durchgesetzt hatte, weichen Unternehmen auf Beschäftigte mit Werkvertrag aus. Das Thema war in jüngster Zeit vor allem diskutiert worden, nachdem erbärmliche Arbeits- und Lebensumstände rund um die Schlachtindustrie bekannt wurden. Dort wird noch umfangreicher mit Werkverträgen gearbeitet als in den Werften.

Nach Erhebungen der IG Metall waren im vergangenen Herbst rund 5000 Werkvertragsarbeitnehmer im Schiffbau hierzulande tätig, das entspricht einem Anteil von 28 Prozent. Bei der Meyer Werft wird nun erstmals eine Regelung angestrebt, die auf die Branche und darüber hinaus ausstrahlen könnte. Bislang hat die IG Metall noch keine Betriebsvereinbarungen oder sogar Tarifverträge dazu abgeschlossen, weil die Arbeitgeber solche Regulierungen nicht schätzen. Thomas Klischan, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Nordmetall kann zwar mit Blick auf die Sozialcharta der Meyer Werft „nachvollziehen, dass Herr Meyer das macht“. Zustände wie in der Fleischindustrie gebe es aber in der Metallindustrie „mit Sicherheit nicht“.

Und bei allem berechtigten Bemühen um anständige Arbeitsbedingungen dürfe man „das Recht auf unternehmerische Entscheidung nicht beeinträchtigen“, sagte Klischan auf Anfrage. Wie diese Beeinträchtigung aussieht, wird spätestens Anfang September deutlich, wenn Geschäftsführer Meyer und der IG Metaller Geiken ihren Tarifvertrag vorlegen wollen.

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