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Feueralarm. Zigarettenhersteller wehren sich gegen gegen die drohenden Einschränkungen ihrer Markenrechte. EU-Gesundheitskommissar John Dalli, früher selbst Raucher, verweist auf 600 000 Bürger, die angeblich jährlich an den Folgen des Rauchens sterben.

© picture alliance / dpa

Zigarettenschachteln: Mehr Warnung, weniger Werbung

Die EU-Kommission wünscht sich größere Gesundheitshinweise auf Zigarettenschachteln. So radikal wie in Australien wird die Regelung wohl nicht aussehen.

Ehemaligen Rauchern wird gerne nachgesagt, besonders rigoros gegen die ehemalige Bezugsgruppe vorzugehen: Der EU-Gesundheitskommissar John Dalli, der bis vor 20 Jahren selbst stark gequalmt hat, dürfte noch in diesem Herbst die Gültigkeit dieser These beweisen. Der Mann aus Malta will noch im September oder Oktober eine verschärfte Version der existierenden EU-Richtlinie für Tabakprodukte vorlegen, die dem Rauchen den letzten Hauch von Coolness austreiben soll.

Im Visier haben die Dalli und seine Beamten dabei vor allem die Attraktivität der Marke. „Es gibt zahlreiche psychologische Studien, die belegen, dass nicht nur die Zigarette selbst, sondern auch die Marke die Menschen anzieht“, sagte Dallis Sprecher am Montag in Brüssel. Er bestätigte, dass aus diesem Grund der Platz auf der Kippenschachtel, welchen die Tabakkonzerne frei und attraktiv gestalten können, noch deutlich weiter eingeschränkt werden soll.

Die bisher geltende Richtlinie schreibt neben den maximal zulässigen Nikotin- und Teerwerten je Zigarette auch vor, dass mindestens 40 Prozent der Packungsvorderseite Gesundheitswarnungen vorbehalten sein müssen. Sprüche, Schriftgröße und eine Auswahl abstoßender Bilder von Raucherlungen oder anderer Krankheiten sind vorgeschrieben, um das Drittel der Europäer, das noch raucht, davon abzuhalten und nicht Teil der Statistik zu werden, die besagt, dass europaweit 650 000 Todesfälle jährlich mit dem Rauchen in Verbindung stehen.

Wie umfassend die unternehmerische Freiheit der Tabakkonzerne eingeschränkt werden soll, wird derzeit noch kommissionsintern beraten, vor allem mit den Experten für Unternehmensrecht. „Wir schließen nichts aus“, betonte Dallis Sprecher weiter. Das beinhaltet auch die radikalste Variante, das „Plain Packaging“, wie es als bisher einziges Land Australien eingeführt hat. Die Zigarettenschachtel ist in diesem Fall unabhängig vom Hersteller einheitlich gestaltet, was etwa den Deutschen Zigarettenverband wütend von „Enteignung der eingetragenen Marken“ sprechen lässt.

Video: In Australien sind bereits Schockbilder auf den Schachteln zu sehen

Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese, als ausgebildeter Arzt grundsätzlich für eine Verschärfung der Tabakrichtlinie, will jedoch aus der EU-Kommission erfahren haben, dass diese Radikallösung „vom Tisch“ sei. Vielmehr laufe es auf einen Anteil von 75 Prozent für gesundheitliche Aufklärung hinaus. Auch das freilich bekämpft die Tabaklobby hinter den Kulissen intensiv. „Es fehlen überzeugende Nachweise, dass mit einer Vergrößerung der Fläche der Warnhinweise die Informationsvermittlung an den Verbraucher verbessert werden könnte“, heißt es in einem Positionspapier des deutschen Verbandes. Eine geringere Attraktivität der Verpackungen sei daher „kein legitimes gesundheitspolitisches Ziel“, heißt es weiter. Dass „sehr wenig beweiskräftige Daten verfügbar“ sind, müssen auch die Wissenschaftler der Rand Corporation einräumen, die im Auftrag der Brüsseler Kommission eine Folgenabschätzung erarbeitet haben.

Noch ist also unklar, wie genau die Schachteln künftig aussehen werden. Nach der Vorlage des Gesetzesentwurfs beraten anschließend Europarlament und die 27 EU-Regierungen. Sie dürften auch über noch weiter reichende Kommissionsvorschläg beraten, die im Raum stehen. So deutet eine eigens von Brüssel angeforderte Studie über die Schädlichkeit von Zusatzstoffen darauf hin, dass auch diese bald auf der Packung stehen könnten.

Auch ein grundsätzlich erschwerter Zugang zu Zigarettenautomaten ist ebenso im Gespräch wie ein Verbot, Zigaretten in speziellen Tabakläden oder an der Tankstelle überhaupt offen sichtbar für jeden auszulegen. Dies allerdings könnte mit der Berufsausübungsfreiheit der Einzelhändler kollidieren, hört man in Brüssel. Diese Art von detaillierten Fragen müssen nun in den kommenden Wochen geklärt werden.

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