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Hand anlegen. Säen, pikieren, gießen, ernten: Urban Gardening wird in Ballungsräumen immer wichtiger. UdK-Studierende lernen, wie es geht.

© May Kukula

Gestalten - Urban Gardening: Und ein Hauch von Minze

Studieren mit allen Sinnen: Im Projekt Hofgrün üben sich die Studierenden in Urban Gardening. Und bauen viel Essbares an.

„Nehmen Sie das mal, das duftet wunderbar zitronig – das ist Zitronenmelisse, die können Sie sehr gut als Teeaufguss nehmen … oder hier, Estragon, auch ein Klassiker; eignet sich hervorragend für Kräuterbutter. Oder kennen Sie das hier? Das ist Kapuzinerkresse. Die Blätter sind essbar. Mischen Sie die in Ihren Quark, bisschen Kümmel, bisschen Knoblauch ...“

Was klingt wie eine Führung durch die Kräuterküche eines Restaurants mit Tipps vom Chefkoch, spielt sich in Wirklichkeit im Innenhof des UdK-Gebäudes in der Straße des 17. Juni 118 ab: Dort, wo die beiden Studiengänge Mode- und Produktdesign der UdK Berlin ihren Sitz haben, zeigt Landschaftsarchitekt Frank Riebesell den Studierenden die Grundlagen des Gartenbaus.

Säen, Wässern, Wurzeln einkürzen, Pikieren oder Ausgeizen sind nur einige der vielfältigen Aufgaben, die seit mehreren Jahren in die Hände der angehenden Gestalter gelegt werden. „Chefkoch“ Riebesell vom Büro für Landschaftsarchitektur hochC nimmt dabei zusammen mit seinen beiden studentischen Mitarbeitern Cathryn McAnespy und Daniel Valencia Ferrá allerdings nur eine beratende Rolle ein – für die Pflege der Beete sind die Studierenden das ganze Jahr über selbst verantwortlich.

Bei Hofgrün, so der Name des Projektes, handelt es sich um eine Initiative, die den Studierenden die Grundlagen zum Anbau und Gewinn lokaler Lebensmittel vermitteln soll. Urban gardening – ein immer wichtiger werdendes Thema in städtischen Ballungsräumen. Die Studierenden übernehmen dabei die Gestaltung und Nutzung des Hofes selbst: Sechs Wochen lang ist eine kleine Gruppe des zweiten Semesters der Bachelorstudiengänge Mode- und Produktdesign für die Pflanzen verantwortlich, bis eine neue Gruppe die Leitung übernimmt.

Zwar wird nur Dienstagnachmittags gesät, pikiert oder umgetopft, aber auch an anderen Tagen benötigt der Garten Aufmerksamkeit, da er natürlich regelmäßig bewässert werden will. Hierbei zeigt sich, dass das Hofgrün-Projekt nicht nur als Pflichtmodul gesehen, sondern von den Studierenden mit viel freiwilligem Engagement umgesetzt wird. Manche machen hier ihre erste eigene Gärtnererfahrung und stellen dann in diesem ungezwungenen Rahmen fest, wie sehr ihnen diese Art von Arbeit Spaß macht. „Für mich ist das absolutes Neuland, ich habe nämlich überhaupt keinen grünen Daumen. Aber ich habe das Fach extra gewählt, denn es interessiert mich!“, sagt Modedesign-Studentin Dorien Lantin. Für andere hingegen ist es ein willkommener Ersatz für den eigenen Garten, wie es zum Beispiel bei Louisa Krüger der Fall ist: „Früher habe ich mal in einem Haus gewohnt, das ein bisschen wie ein Gewächshaus war, das hat Spaß gemacht. Aber jetzt habe ich noch nicht mal mehr einen Balkon, daher ist das hier ein super Ausgleich für mich.“

Alles was bei Hofgrün angebaut wird, soll nützlich sein

Als das Projekt 2010 initiiert wurde, entschied man, dass alles, was bei Hofgrün angebaut werden würde, nützlich sein soll. Neben dem vielen Salat, den Zucchini, Kartoffeln, Kürbissen, Tomaten, Rucola, Erdbeeren und diversen Heilkräutern findet man hier mittlerweile sogar essbare Blüten und eine besonders alte und scharfe Sorte Chili-Pflanzen. „Die Samen stammen aus biologischer Zucht und werden an die nächsten Semester weitergegeben. Dieser nachhaltige Gedanke regt zum bewussten Konsum an und ermöglicht die Entdeckung einer viel größeren Artenvielfalt als im Supermarkt geboten werden kann“, erklärt Frank Riebesell und zückt ein kleines Fläschchen selbst gemachtes Chili-Öl: „Trauen Sie sich zu probieren?“

In den großen Trögen befinden sich jedoch nicht nur essbare Pflanzen, sondern auch solche, die in weiteren Bereichen des Studiums Verwendung finden. Japanischer Indigo und Färberkamille beispielsweise werden von der Werkstattleiterin Julia Kunz zusammen mit den Modedesign-Studierenden geerntet und die Blätter beziehungsweise Blüten zum Färben von Textilien in der Siebdruck-Werkstatt „All About Plants“ eingesetzt.

Doch der Hofgarten ist keineswegs ausschließlich den Studierenden des zweiten Semesters vorbehalten. In der Tat dürfen sich alle an den Erzeugnissen bedienen – sei es für den bunten Salat nach getaner Arbeit oder für den entspannten Tee zwischen zwei Unterrichtseinheiten. Somit entsteht ein studienfach- und semesterübergreifendes Gemeinschaftsgefühl, wo Verantwortung anerkannt und Begegnung gefördert wird.

Nach Ablauf der sechs Wochen werden im wahrsten Sinne des Wortes die Früchte der Arbeit geerntet und die aktuellen Gruppenmitglieder bei einem kleinen Fest verabschiedet. Selbstverständlich gibt es dann Tee aus frischer Minze und dazu leckeren Kräuterquark und Salat – selbst angebaut und zubereitet schmeckt es schließlich am besten!

Im 3D-Haus der UdK in der Straße des 17. Juni 118 zeigen die Mode- und Produktdesigner ihre Arbeiten. In der Pause können die Besucher bei Kaffee oder Limo den Hofgarten bewundern.

Nathalie Junker, Maria Kohl

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