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Wundermittel der Natur: Warum schleimen Schnecken?

Manche ekeln sich davor - Schneckenschleim. Da er unglaublich aufwendig herzustellen ist, geht das Tier aber wohl bedacht damit um.

Spucke kann tödlich sein. Jedenfalls für Bakterien. Etliche Mikroben werden schon in unserem Mund von Enzymen im Speichel abgefangen, die die Zellwände der Eindringlinge zerstören. Auch die Schnecke schützt sich mit ihrem Schleim vor Krankheiten. Sie sondert ein antibakterielles Sekret ab, das den ganzen Körper feucht hält. Dazu muss sie viel Wasser aufnehmen. Nur wenn es draußen nicht zu warm und nicht zu trocken ist, kann sie genügend Schleim erzeugen und sich auf Wanderschaft begeben.

Der Kriechgang der Schnecke zählt zu den energieaufwendigsten Fortbewegungsarten im Tierreich. Den meisten Schleim benötigt die Schnecke nämlich, um vorwärtszukommen. Sie produziert ihren eigenen Straßenbelag, ein fantastisches Gel, das seine physikalischen Eigenschaften je nach Belastung verändert: mal ist es Klebstoff, mal Gleitmittel.

Im Schneckenschleim sind große Zuckermoleküle durch Eiweißstoffe miteinander verbunden. Die Mischung ist zäh, was so manchen Vogel davon abhält, zuzupicken und sich an dem Weichtier den Schnabel zu verkleben. Aber je nachdem, welche Kräfte auf das Gel wirken, bricht die Mikrostruktur auf.

Aufwendige Produktion: Jeder Zentimeter will wohl überlegt sein

„Der Schleim wird unter Scherspannung flüssig“, sagt Markus Pfenninger, Zoologe an der Uni Frankfurt. Sobald Muskelkontraktionen wellenartig von hinten nach vorne durch den Schneckenkörper laufen und das Körpergewicht nach vorne schieben, entsteht ein glitschiger Film, auf dem ein Teil des Schneckenfußes gleiten kann. Wo die Kräfte weniger stark sind, haftet der Fuß weiterhin sicher am Untergrund. „Dadurch kann die Schnecke auch an glatten Wänden hochlaufen.“

Für das sprichwörtliche Schneckentempo gibt es einen guten Grund: Die Herstellung des Schleims ist so aufwendig, dass jeder Zentimeter wohl überlegt sein will. Manche Schnecken bewegen sich in ihrem ganzen Leben nur zwei oder drei Meter vom Geburtsort weg, andere legen schon mal 20 Meter pro Stunde zurück – wenn sich ein solcher Zwischenspurt lohnt.

Die Schnecke rutscht gerne in der Schleimspur eines Vorgängers. So kommt sie energiesparend zu einem potenziellen Partner. Der Weg ist zudem mit Erkennungsstoffen markiert, denn keine Schnecke kann es sich leisten, artfremden Wesen hinterherzuschlittern. Eine Nacktschnecke, die einer Weinbergschnecke folgen würde, würde wertvolle Reserven vergeuden. Schnecken schleimen sich daher bei ihrer Gefolgschaft ein. Wer sich zuerst bewegt, scheidet aus. Thomas de Padova

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