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Ganz schön was los hier. Die Stadt als 24-Stunden-Erlebnis an 365 Tagen im Jahr. Das ist die Botschaft des künftigen Marketingmottos.

© Promo

365/24 Berlin: "Ergebnis ist 15,2" - Neuer Berlin-Slogan ist umstritten

"365/24 Berlin" ist der neue Hauptstadt-Slogan. Ist das gelungenes Marketing? Und wie machen es andere Städte?

Die gute Nachricht vorneweg: Das neue Motto „365/24 Berlin“, unter dem die Stadt ab März in der Welt vermarktet werden soll, hat die Tourismusagentur Visit Berlin bislang keinen Cent gekostet.

„Die Idee“, erzählte Geschäftsführer Burkhard Kieker, „ist beim gemeinsamen Brainstorming mit unserem Partner Kulturprojekte Berlin entstanden.“ Das 2008 gestartete „Be Berlin“ hingegen ging aus einer Ausschreibung hervor, an der rund 300 Werbeagenturen und Kreative teilgenommen hatten. Allein bis 2009 stellte Berlin insgesamt 10,6 Millionen Euro für die ganze Kampagne bereit.

Nun will man finanziell betont tiefer stapeln – und macht zugleich große Ansagen. Denn das englisch ausgesprochene „365/24“, ist angelehnt an „24/7“, das international vor allem bei Supermärkten für „durchgehend geöffnet“ steht. Was die Stadtwerber damit sagen wollen: Berlin hat immer was zu bieten, ständig ist was los. Versteht das jeder? Und funktioniert die Kampagne Marke Eigenbau?

Eine Bedrohung?

Lutz Meyer, Geschäftsführer der Berliner Agentur Blumberry, hat „365/24“ zunächst mal gegoogelt. „Das Ergebnis ist 15,2“, berichtet er lakonisch. Berlin als Matheaufgabe – das hatte Burkhard Kieker, der die Idee zur Zahlenfolge gehabt haben soll, sicher nicht im Sinn. Meyer jedenfalls hat keine lobenden Worte für den Slogan. „Das ist grauenhaftes Englisch, mit dem Berlin provinziell dasteht.“

Die Stadt biedere sich damit in der Welt an. Die Botschaft, Berlin habe immer geöffnet, hält Meyer für eine Bedrohung. Damit könnte der Sauftourismus gefördert werden. „Wenn man die Kulturszene vermarkten will, warum verkauft man Berlin dann als billigen Späti ohne Ladenschluss?“

Lutz Meyer.
Lutz Meyer.

© Privat

Ein guter Slogan für eine Stadt, glaubt Lutz Meyer, müsse ihre Seele treffen. Paris sei die Stadt der Liebe, Berlin sei die Stadt der Freiheit. „Erst West-Berlin im Kalten Krieg, dann der Mauerfall.“ Heute ziehe es die Menschen in die Stadt, weil sie sich hier verwirklichen könnten. „Im Vergleich zu anderen Städten hat Berlin einen hohen Freiheitsgrad, das ist die City of Freedom.“

Misslungen sei das Design

Auch Jan Kruse, Geschäftsführer der Hamburger Designagentur Ligalux, hat gegenüber „365/24“ Bedenken und wusste zunächst gar nicht, wie er den Slogan aussprechen soll. „Ich finde es glatt und oberflächlich.“ Der Marketingclaim einer Stadt müsse Identifikationsmöglichkeiten bieten und emotional sein. Die in den 1970ern gestartete „I Love New York“ Kampagne mit dem prägnanten roten Herz im Schriftzug sei eine einfache, aber ganz große Geste.

Auch die spielerische Kampagne „I amsterdam“ der holländischen Hauptstadt sei gelungen. Ich bin Amsterdam – das klingt ein wenig wie Berlins altes Motto „Be Berlin“, oder? „Das finde ich auch besser als den neuen Claim“, sagt Kruse. Misslungen sei nun vor allem das Design, weil „Berlin“ klein unter den Zahlen stehe. „Da muss man schon genau hingucken.“

Im City Brand Index, für den Menschen aus zehn Ländern nach dem Image von Großstädten befragt wurden, rangiert Berlin übrigens auf Platz sechs – knapp vor Amsterdam.

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