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A100: Alle auf die Piste

Am Mittwoch steht der Spatenstich für die Verlängerung der A100 an – es wird Protest geben.

Berlin - Sie hat die 2011 so gut wie beschlossene rot-grüne Koalition gesprengt, die SPD fast zerrissen und einen Bezirk dazu gebracht, das Land zu verklagen: die Verlängerung der Stadtautobahn von Neukölln nach Treptow. Am Mittwoch steht der symbolische Spatenstich für das Projekt an, das die Stadt auch weiter spaltet – aus grundsätzlichen Erwägungen ebenso wie wegen seiner einmalig hohen Kosten und den Folgen für die Kieze am künftigen Ende der Autobahn. Am Mittwoch um 13 Uhr wollen Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) an der Grenzallee, Ecke Bergiusstraße am Dreieck Neukölln die Baustelle eröffnen, die die Umgebung wohl fast zehn Jahre lang dominieren wird: Bis mindestens 2021 soll es dauern, die teilweise als Trog und als Tunnel geplante 3,2 Kilometer lange Trasse zu errichten. Während der Bauzeit sind auch längere Sperrungen der Ringbahn absehbar, deren Strecke zwischen den Bahnhöfen Sonnenallee und Treptower Park gekreuzt wird. Die aktuelle Kostenschätzung für das vor allem von der Wirtschaft herbeigesehnte Projekt liegt bei etwa 480 Millionen Euro, also 150000 Euro pro laufendem Meter. Den größten Teil übernimmt der Bund. Von „Ramsauers Hochzeitsgeschenk für die rot-schwarze Koalition“ spricht deshalb Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND. „Steuerzahler, Umwelt und durch Lärm und Schadstoffe belastete Anwohner werden einen hohen Preis dafür bezahlen müssen“, prophezeit er und kündigt gemeinsam mit der Bürgerinitiative gegen die A100 weiteren Protest an: An diesem Sonntag wollen sich die Gegner am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus treffen. Und das Aktionsbündnis „A100 stoppen“ will am Mittwoch eine Stunde vor dem Spatenstich ebenfalls noch einmal protestieren. Juristisch ist die Sache allerdings im Wesentlichen ausgefochten; das Bundesverwaltungsgericht hat die vom Berliner Senat betriebene Planung für rechtens befunden. Rechtsstreitigkeiten sind vor allem noch um die Enteignung einiger Grundstücke absehbar, etwa um das eines Weinhändlers, der sein Grundstück bei einer Zwangsversteigerung am Amtsgericht erst im Juni 2011 erworben hatte – nicht ahnend, dass das Land längst andere Pläne damit hatte. Mehreren hundert Kleingärtnern können weder Protest noch Gerichte helfen: Ihre Gärten wurden bereits planiert, bevor die Baugenehmigung rechtskräftig war. Und der grün regierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg scheiterte mit dem Versuch, die Pläne des Senats juristisch zu stoppen. Im Bezirksamt wird befürchtet, dass die umliegenden Kieze im Autoverkehr ersticken, da die Autobahn vor einer Spreebrücke endet und der Verkehr dann über Stadtstraßen weiterrollen muss. Auch Fachleute sind sich einig, dass die vom Senat versprochenen Vorteile durch die Autobahn erst mit Vollendung des nächsten Abschnitts – vom Treptower Park über die Spree hinwegund unter dem Ostkreuz hindurch bis zur Frankfurter Allee – zum Tragen kommen können. Doch für diesen Abschnitt ist bisher weder ein Zeithorizont noch Geld in Sicht.

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